Mäusekot in Luzerner Bar

Darum erfährst du nicht, welches die Grüselbeizen sind

Dass gerüffelte Gastro-Betriebe nicht öffentlich gemacht werden, schmeckt nicht allen. (Bild: Symbolbild Adobe Stock)

Eine Bar im Kanton Luzern musste dichtmachen, weil sie zu dreckig war. Welche es war, behält der Kanton unter Verschluss. Aus ganz bestimmten Gründen.

Gleich vorweg: Die grosse Mehrheit der Luzerner Restaurants, Bars und Take-away-Betriebe arbeitet tadellos. Vergangenes Jahr hat die Dienststelle Lebensmittelkontrolle über 1500 Kontrollen durchgeführt und zieht im Grossen und Ganzen ein gutes Fazit. Rund 95 Prozent der kontrollierten Betriebe leisten gute und sehr gute Arbeit. Dies teilte der Kanton Luzern am Dienstag mit (zentralplus berichtete).

95 Prozent sind allerdings nicht 100. Bleiben fünf Prozent übrig, also etwa 70 Lokale, bei denen die Luzerner Kontrolleure «grössere Mängel» vorgefunden haben. Darunter schmutzige Räume, nicht korrekt gelagerte Lebensmittel oder gar solche, die das Haltbarkeitsdatum längst hinter sich gelassen hatten.

In einem Fall musste eine Bar wegen zu starker Verschmutzungen und Mäusekot umgehend geschlossen werden. Welche das ist, gibt der Kanton nicht preis. Eine übliche Handhabung. Aber eine, die nicht überall auf Verständnis stösst.

Datenschutz als Täterschutz?

Die bewusste Anonymisierung ist in den Augen eines zentralplus-Lesers gar ein «Skandal». Andere fordern wenigstens eine Offenlegung des Stadtteils. Der Unmut ist verständlich, schliesslich wollen Gäste Lokale meiden, die es mit der Hygiene nicht so genau nehmen. Warum also schweigt sich der Kanton darüber aus?

«Gesetze» lautet das Zauberwort.

Tatsächlich ist der Entschluss, «Grüselbeizen» nicht namentlich zu nennen, kein kantonaler Entscheid, sondern ein nationaler. Seit dem 1. Mai 2017 ist ein überarbeitetes Bundesgesetz über Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände in Kraft. Darin wurde festgehalten, dass die Ergebnisse der Kontrollen nicht veröffentlicht werden sollen. Dafür setzten sich unter anderem Gastrovebände und bürgerliche Parteien ein, wie es in einem Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) vom Januar 2023 heisst.

Eingeführt wurde beispielsweise Artikel 24 des Lebensmittelgesetzes. Dieser Artikel hält fest, dass gewisse Dokumente dem Öffentlichkeitsgesetz sowie den kantonalen Gesetzen nicht unterstehen. Dazu gehören beispielsweise die amtlichen Kontrollberichte sowie die Dokumente, die «Schlussfolgerungen über die bei der Kontrolle gewonnenen Erkenntnisse und Informationen enthalten», wie es in dem Bericht der EFK heisst.

Gegen Missverständnisse und Pranger

Es wurde befürchtet, dass die Öffentlichkeit bestimmte technische Angaben aus den Kontrollberichten, die sich an Fachpersonen richten, falsch interpretieren könnten. Zudem soll diese Regelung verhindern, dass einzelne Betriebe «an den Pranger gestellt werden». Eine Nennung des Betriebs hätte einen Imageschaden zur Folge, der dem Betrieb noch lange anhaften würde, selbst wenn längst neue Pächterinnen im Betrieb tätig seien.

Tobias Burkhalter, Präsident von Gastro Bern, wies 2023 gegenüber «Der Bund» auf das Argument der gleichlangen Spiesse hin. Zwar verstehe er den Wunsch nach Transparenz, aber bei Delikten wie etwa Raserunfällen würden Namen aus Gründen des Persönlichkeits- und Datenschutzes auch nicht genannt.

Darauf achten die Kontrolleure in Luzern

Der Luzerner Kantonschemiker Silvio Arpagaus erklärte 2022 gegenüber zentralplus: «Bei unseren Inspektionen prüfen wir fünf Kontrollbereiche.» Darunter gehören die Infrastruktur vor Ort, die Hygiene, die Kompetenz des Managements oder ob der Betrieb ein funktionierendes Konzept zur Selbstkontrolle hat.

Stellen die Kontrolleurinnen vor Ort Mängel fest, müssen diese umgehend behoben werden. Eine Nachkontrolle soll dann sicherstellen, dass die Beizerinnen der Verpflichtung nachgekommen sind. Fehlbare Betriebe müssen künftig mit vermehrten Kontrollen rechnen. Bei Beizen, die sich nichts haben zuschulden kommen lassen, tauchen die Kontrolleure hingegen in längeren Abständen auf.

Hält sich ein Lokal wiederholt nicht an die Vorgaben, leitet die Lebensmittelkontrolle eine Strafanzeige wegen Widerhandlung gegen das Lebensmittelgesetz ein und übergibt den Fall der Staatsanwaltschaft. Diese kann – je nach Fall – das Lokal mit einer Geldbusse strafen oder im Extremfall auch eine Betriebsschliessung erwirken.

Verwendete Quellen
  • Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle vom Januar 2023
  • Medienarchiv
  • Jahresbericht Dienststelle Lebensmittelkontrolle 2023
  • Artikel in «Der Bund»
  • Artikel in «FM1 Today»
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5 Kommentare
  • Profilfoto von Sabina
    Sabina, 26.04.2024, 11:05 Uhr

    Aha wenn jemand abgelaufenes Essen verkauft usw ist es egal da ist der Datenschutz wichtiger aber als es um die Impfung ging war der Datenschutz egal da sollte ich jedem Beizer offenlegen ob ich geimpft genesen oder getestet bin.

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  • Profilfoto von Lienard D.
    Lienard D., 25.04.2024, 12:34 Uhr

    Das bestehende Gesetz genügt. Man erkennt und spürt schon beim Eintreten an vielen Details selbst, ob ein Gastrobetrieb in Ordnung ist. Habe ich ein ungutes Gefühl, mache ich rechtsumkehrt. Bei Nachfrage warum ich wieder gehe, sage ich klipp und klar, dass es schmuddelig wirkt. Im Grunde kennt man die Pappenheimer.

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    John, 25.04.2024, 05:00 Uhr

    Ich finde das ist an sich schon eine Straftat. Leute ins Restaurant gehen zu lassen, mit dem Wissen, dass sie Krank werden könnten.

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    Roli Greter, 24.04.2024, 19:56 Uhr

    Das Umfrageergebnis zeichnet ein deutliches Bild. Wir missachten den Datenschutz wenn es uns gerade genehm ist, wir sind ein Volk von Hetzern.

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    Marc, 24.04.2024, 19:08 Uhr

    Jaja, die Bürgerlichen. Alles fürs Volk, äääh, die Wirtschaft meine ich. Es geht ihnen immer nur ums Geld.

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