Für Arme und Einsame

Drogen verboten: Stadt Luzern will neuen Treffpunkt

Neben ihm ist noch ein Plätzchen frei: Doch wo treffen sich einsame Menschen, die sich von Drogen fernhalten wollen? (Bild: Symbolbild: ida)

Es braucht einen neuen, zusätzlichen Treffpunkt für Menschen, die am Rande der Gesellschaft stehen. Davon ist die Stadt überzeugt. Dieser soll aber frei von Drogen bleiben.

Braucht die Stadt Luzern einen drogenfreien Treffpunkt? Zwar gibt es mehrere Orte, die für Menschen am Rande der Gesellschaft da sind. Etwa die Gassechuchi am Geissensteinring, wo Armutsbetroffene für fünf Franken ein warmes Essen kriegen. Im selben Haus ist auch die Kontakt- und Anlaufstelle – kurz K+A – untergebracht. Das sind Konsumräume, in denen Suchtkranke in einem sauberen und geschützten Umfeld ihre mitgebrachten Drogen zu sich nehmen können.

Gassechuchi: Die meisten Besucherinnen konsumieren mindestens eine Droge

Dass Gassechuchi und Drogenkonsum in ein- und demselben Haus sind, könnte ein Problem sein. Das hielten die beiden Grüne-Grossstadträtinnen Selina Frey und Monika Weder in einem Postulat fest. Gerade für Menschen, die einen Drogenentzug hinter sich haben und drogenfrei leben wollen, sei die Gefahr eines Rückfalls gross. Dies, weil über 90 Prozent der Besucherinnen in der Gassechuchi einen Bezug zu Drogen haben. Deswegen würden manche Menschen die Gassechuchi meiden und sich dafür entscheiden, einsam zu bleiben.

Deswegen schwebt ihnen ein drogenfreier Treffpunkt vor (zentralplus berichtete). Dieser soll für armutsbetroffene und vereinsamte Menschen offen sein, die sich klar von Drogen distanzieren. Aber auch für psychisch Erkrankte, Substituierte, Alkoholsüchtige und junge Menschen, die durch einmalige Abstürze vorübergehend auf der Gasse landen. Das sind auch jene Leute, für welche die Zusammenlegung des Fixerraums und der Gassechuchi Auswirkungen hatte. Das hat der Luzerner Stadtrat bereits in einer früheren Stellungnahme zu einem Vorstoss von Frey zum selben Thema festgehalten.

SIP-Bereichsleiter Arjen Faber hielt gegenüber zentralplus bereits fest, dass sich an einem drogenfreien Treffpunkt Gassenleute von den Strapazen erholen könnten. Und Armutsbetroffene, die kein Geld für einen Beizenbesuch haben, eine günstige und warme Mahlzeit kriegen könnten. Faber sieht einen Ort, an dem gejasst, getöggelet und Fussball gespielt wird – und auch hie und da mal ein Konzert steigt. Eine Konkurrenz zur bestehenden Gassechuchi – K+A soll es nicht werden.

Stadt sagt, wem ein Treffpunkt fehlt

Der Stadtrat teilt die Ansicht, dass sich die Gassechuchi – Kontakt- und Anlaufstelle auf Schwerstsüchtige fokussiere. Er unterstreicht die Wichtigkeit dieser Institution. «Sie bietet seit Jahren Heimat, ermöglicht Austausch und soziale Kontakte, warme Mahlzeiten und gewährt suchtmittelabhängigen Menschen den Konsum von Drogen unter hygienischen Bedingungen.» Zumal dadurch der öffentliche Raum entlastet werde.

«Es braucht mit anderen Worten einen von der Gassechuchi – K+A losgelösten niederschwelligen Treffpunkt für diese Menschen am Rande der Gesellschaft.»

Luzerner Stadtrat, in seiner Stellungnahme

Der Stadtrat streicht jedoch auch hervor, dass mehr als 90 Prozent aller Gassechuchi-Besucherinnen die Konsumräume nutzen, um ihre Drogen zu konsumieren. «Dies deutet darauf hin, dass Menschen, die sich nicht in einer akuten Suchtphase befinden, das Angebot der Gassechuchi nicht mehr nutzen können oder wollen. Für diese Menschen fehlt somit ein Treffpunkt, an dem sie sich treffen können und an dem sie sich gerne aufhalten.» Und weiter: «Es braucht mit anderen Worten einen von der Gassechuchi – K+A losgelösten niederschwelligen Treffpunkt für diese Menschen am Rande der Gesellschaft.»

Damit würde die Stadt aus ihrer Sicht einen Beitrag zur sozialen Sicherheit leisten. Verschiedene Treffpunkte hätten einen präventiven Eindruck. Sie würden dabei helfen, Schwerstabhängige und Menschen ohne Suchtprobleme weniger zu durchmischen – sowohl in der Gassechuchi als auch im öffentlichen Raum.

Stadt möchte Bedarfsanalyse durchführen

Der Stadtrat möchte nun untersuchen, für welche Zielgruppe ein Treffpunkt hilfreich sei und wie der Treffpunkt genau aussehen soll. Handlungsbedarf ortet er insbesondere bei Jugendlichen. Bereits heute müssten Lösungen gesucht werden für Minderjährige, welche durch einmalige Abstürze auf der Gasse landen. Die Gassechuchi – K+A soll weiterhin so bleiben, wie sie ist, und für Schwerstsüchtige da sein.

Sie hat künftig abends auch länger offen. So wollen Stadt und Kanton das zunehmende Crack-Problem eindämmen (zentralplus berichtete).

Treffpunkt City: gemeinsam reden, essen und sein

Bereits in einer früheren Vorstoss-Antwort hielt der Stadtrat fest, dass psychisch auffälligen Jugendlichen und Erwachsenen – mit oder ohne Alkoholproblem – ein Treffpunkt mit Sozialberatung fehle, wo sie sich tagsüber aufhalten können. Damals sprach sich der Stadtrat dafür aus, extern abklären zu lassen, ob es in Luzern ein Angebot nach dem Vorbild des Zürcher «Treffpunkts City» braucht.

In diesem treffen sich Erwachsene mit sozialen oder psychischen Schwierigkeiten, aber auch Drogenabhängige. Alkohol und Drogen sind an jenem Ort aber verboten.

Besucherinnen können da eine gratis Suppe löffeln, ihre Wäsche waschen, Zeitung lesen. Sozialarbeiterinnen sind vor Ort, welche Besucher beraten und unterstützen. Der Treffpunkt leistet unter anderem Überlebenshilfe. Mit einer Jobkarte können Besucher kleine Jobs übernehmen. Beispielsweise «fötzelen», in der Küche aushelfen oder im Garten anpacken. Auch finden regelmässig Ausflüge statt.

Zurück nach Luzern: Falls der neue Treffpunkt geschaffen werden sollte, wird der Stadtrat in einem Bericht und Antrag die Kosten veranschlagen.

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4 Kommentare
  • Profilfoto von Florian Mrugalla
    Florian Mrugalla, 16.04.2024, 19:45 Uhr

    Uuund es sind natürlich wieder die Grünen, die versuchen Drogenkonsumenten zu diskriminieren, nachdem sie sich scheinheilig erst für die Entkriminalisierung von Cannabis aussprachen.

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    • Profilfoto von Kajo
      Kajo, 23.04.2024, 22:44 Uhr

      Ich kann gerade nicht gänzlich nachvollziehen, wieso hier Drogenkunsumentinnen und -en diskrimiertbwerden..? Und ja doch.., habe den ganzen Text gelesen…

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  • Profilfoto von Che
    Che, 16.04.2024, 06:23 Uhr

    Es könnte auch ein selbstverwalteter Treffpunkt sein, dafür müsste nicht mehr lange gewartet werden und viel Geld aufgewendet werden. Mit dem man Soz. Arbeiter eingestellt, die nur ihr genehme Leute bevorteilt. Die Leute sind doch selbst fähig einen solchen Club zu führen, und sich auch froh, wenn einige Jobs entstehen, wo sie was verdienen können. Der Treffpunkt könnte schon heute öffnen!

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    • Profilfoto von Kajo
      Kajo, 23.04.2024, 22:48 Uhr

      Nun denn.., wenn es so einfach wäre.., was ja wünschenswert ist. So ganz ohne Konzept usw scheint mir nicht mittel- bis langfristig entwicklungsfähig. Das Problem fängt bereits damit an, geeignete Räume zu finden und an das so oder so nötige Geld zu kommen.

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