Stellen bleiben teilweise unbesetzt

Ziele nicht erreicht: Zuger Kesb ächzt unter Personalmangel

Über 80 Dossiers pro Person betreuen Berufsbeistände der Zuger Kesb. Empfohlen wären maximal 60. (Bild: Symbolbild Adobe Stock)

Sie platziert Kinder fremd oder verwaltet Vermögen von schutzbedürftigen Erwachsenen: die Kesb. Seit rund drei Jahren findet die Behörde in Zug nicht genügend Leute und verpasst deshalb die gesteckten Ziele abermals.

Auch nach der grossen Kündigungswelle im Jahr 2021 (zentralplus berichtete) kommt die Zuger Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) nicht zur Ruhe. Das geht aus dem Geschäftsbericht 2023 hervor, welcher der Kanton vor wenigen Tagen veröffentlichte.

Die Zahlen lassen aufhorchen: Die Kesb klärt nur etwas mehr als zwei Drittel der neuen Fälle fristgerecht ab und ordnet bei Bedarf eine Massnahme an. Das Ziel im Kindesschutzbereich wäre 80 Prozent der Fälle innerhalb von sieben Monaten. Konkret waren es 2023 jedoch 70 Prozent. Im Vorjahr 2022 lag dieser Wert mit 73 Prozent noch leicht höher als 2023. Das zeigt: Die Behörde entfernte sich von der Zielsetzung.

Die Zahlen im Erwachsenenschutzbereich liegen noch tiefer: Sowohl im Jahr 2023 als auch im Vorjahr waren es lediglich 59 Prozent aller Dossiers, die fristgerecht erledigt werden konnten.

Kesb muss Externe engagieren

Was heisst das für Bedürftige im Kanton Zug? «Der Bereich der Anordnung und Abklärung von Kindes- und Erwachsenenschutzmassnahmen hat seine Aufgaben, trotz nicht besetzter Stellen, ausserordentlich gut erfüllt», schreibt die Direktion des Innern auf Anfrage.

Hier liegt der Hund begraben: Wie im neuen Geschäftsbericht nachzulesen ist, konnten die vakanten Stellen im Abklärungsdienst auch im vergangenen Jahr nicht vollständig wiederbesetzt werden. Es musste auf externe Springer zurückgegriffen werden. Also auf Personen, welche die Kesb im Stundenlohn quasi als Aushilfe anstellt.

Jeannine Lütolf, Kommunikationsbeauftragte der Direktion des Innern des Kantons, sagt dazu: «Springer und Springerinnen werden von uns nur angestellt, wenn wir keine Festanstellungen vornehmen können oder keine Aushilfskräfte finden.» Gleichzeitig betont die Kantonsregierung im Geschäftsbericht: «Der notwendige Schutz der betroffenen Personen war immer garantiert.»

Betroffene sind nicht bereit, sich auf Abklärung einzulassen

Laut der Direktion des Innern geht es in erster Linie darum, dass betroffene Kinder und Erwachsene den richtigen Schutz so schnell wie möglich erhalten. Ob sie die wiederholt verpassten Zielwerte anpasse, werde sich zeigen.

Zudem führt die Direktion ins Feld, dass es in Einzelfällen durchaus gute Gründe für eine Verzögerung des Verfahrens gebe. So gelte es beispielsweise zuzuwarten, wenn Eltern auf freiwilliger Basis während der Abklärung den Schutz der Kinder umsetzen. Auch müsse die Verhältnismässigkeit zwischen Schutz und Eingriff genau abgewogen werden. Generell seien die Abklärungen im Erwachsenenschutz aufwendiger geworden, «weil die betroffenen Personen nicht an die Termine kommen oder nicht bereit sind, sich auf eine Abklärung einzulassen».

Neuerdings weniger Fälle pro Mitarbeiterin

Die prekäre Situation dürfte einerseits mit dem Ruf der Zuger Kesb und andererseits mit den Empfehlungen der Konferenz für Kindes- und Erwachsenschutz Kokes zu tun haben. Noch im Jahr 2022 musste beispielsweise eine Zuger Berufsbeiständin, die 100 Prozent arbeitet, über 80 Personen in schwierigen Lebenssituationen betreuen. Die Kokes empfiehlt im Erwachsenenschutz jedoch maximal 60 Mandate – im Kinderschutz höchstens 50.

Nach diesen Zahlen orientieren sich immer mehr Kesb in anderen Kantonen. «Das führte und führt dazu, dass es viele Stellenausschreibungen in diesen Fachgebieten gibt und somit die verschiedenen Behörden als Arbeitgebende miteinander konkurrenzieren», argumentiert das Departement des Innern.

Aufgrund der Querelen in den vergangenen Jahren scheint die Zuger Kesb im Kampf um qualifizierte Sozialarbeiter auf dem Arbeitsmarkt nicht die erste Geige zu spielen. Hinsichtlich der Mandatszahlen pro Mitarbeiter richtet sich der Kanton Zug seit diesem Jahr nach den Empfehlungen der Kokes. Aufgrunddessen hofft die Regierung langfristig auf eine Verbesserung der Situation und hält im Geschäftsbericht 2023 fest, dass die «Personalfluktuation des Jahres 2022 weitgehend gestoppt werden konnte».

Private Beistände beginnen ohne Einführung

Im Geschäftsbericht 2023 gibt es noch eine weitere Kennzahl, die ins Auge sticht. Sie betrifft die Fachstelle für private Mandatsträger. Oftmals sind es Privatpersonen, die als Beistände von Verwandten fungieren. Sie alle müssen auf ihre Eignung geprüft und eingeführt werden. Laut der kantonalen Zielvorgaben müssten die neu eingesetzten privaten Mandatspersonen eigentlich innerhalb von acht Wochen nach dem Einsetzungsbeschluss der Kesb zu einem Instruktions- und Beratungsgespräch eingeladen werden. Dieses Ziel wurde im vergangenen Jahr deutlich verfehlt: Nur 67 Prozent der neuen privaten Mandatsträger konnte die Behörde rechtzeitig instruieren. Als Beistände begonnen haben sie trotzdem.

Auf Anfrage von zentralplus betont die Direktion des Innern, dass alle neuen Mandatsträger kontaktiert wurden – einfach nicht innerhalb dieser acht Wochen.

Behörde bleibt unterbesetzt

Die Turbulenzen aus dem Jahr 2021 hallen also nach. Daran ändern konnte auch das Organisationsentwicklungsprojekt, das vor zwei Jahren angestossen wurde, nichts. Aktuell sind bei der Zuger KESB im Abklärungs- und Anordnungsbereich 180 Stellenprozente nicht besetzt. Im Bereich der Mandatsführung sind 260 Stellenprozente offen. Insgesamt gibt es bei der Zuger KESB ein Stellenetat von rund 48 Vollzeitstellen.

Verwendete Quellen
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