Gemeinden setzen auf Kabel, der Kanton will mehr

Mit 5G und Glasfaser die Zweiklassengesellschaft bekämpfen

Die Luzerner Landgemeinden investieren in Glasfaser, doch für den Kanton gehört auch 5G zum gelungenen Netzausbau dazu. (Bild: zvg)

In rund 9'000 ländlichen Haushalten in Luzern West stockt das Internet. Die Gemeinden spannen zusammen, um das Glasfasernetz auszubauen. Und der Kanton erklärt, warum es neben Kabel auch 5G braucht.

Im Luzerner Hinterland, Entlebuch und Rottal fühlen sich viele Menschen abgehängt. Sie surfen mit veralteten Kupferkabeln, die im vergangenen Jahrhundert verlegt wurden. Teils erreichen sie nicht einmal 10 Mbit/s. Damit lässt sich zwar eine E-Mail schreiben, ein ruckelfreies Netflix-Erlebnis oder Homeoffice ist damit nicht möglich.

Dabei könnte der ländliche Raum überproportional von den neuen digitalen Möglichkeiten profitieren. Durch Homeoffice und flexible Arbeitsplätze könnte eine flächendeckende Breitbandversorgung die Ungleichheit zwischen Stadt und Land verringern.

Aus diesem Grund haben 21 Gemeinden aus der Region Luzern West zusammengespannt. Sie wollen alle ganzjährig bewohnten Haushalte und gewerblich genutzten Gebäude im Gebiet mit einem neuen Glasfasernetz erschliessen. Das Projekt trägt den Namen Prioris.

Das vergessene Luzerner Hinterland

In der Region hätten etwa 19'000 Personen eine ungenügende Internetversorgung, erklärt Franzsepp Erni, Präsident Steuerungsausschuss von Prioris. Er fürchtet, dass die Regionen veröden könnten. «Ohne schnelles und stabiles Internet drohen ganze Regionen den Anschluss an die vernetzte und digitale Welt zu verlieren.»

Lange seien die Gemeinden davon ausgegangen, dass der Netzbetreiber Swisscom das ganze Gebiet mit Glasfaser erschliesse. Dann habe man erkannt, dass es dazu nicht kommen werde.

«Deshalb gehen die Gemeinden in den Lead und stellen sicher, dass nicht dauerhaft eine Zweiklassengesellschaft entsteht.»

Franzsepp Erni, Prioris

Für die grossen Netzanbieter habe der Ausbau auf dem Land keine Priorität. «Deshalb gehen die Gemeinden in den Lead und stellen sicher, dass nicht dauerhaft eine Zweiklassengesellschaft entsteht», schreibt Franzsepp Erni auf Anfrage von zentralplus.

Bei Prioris planen, finanzieren und bauen die 21 Gemeinden das Glasfasernetz gemeinsam mit einem privaten Partner. Etwa 150 bis 170 Millionen Franken wird das Projekt kosten. 7,5 Millionen Franken wollen die Gemeinden selbst zahlen, die übrige Summe übernimmt der Private. Da die Verhandlungen mit der Investorin noch laufen, möchte Franzsepp Erni nicht sagen, wer es ist.

Landschaft zwischen Romoos und Bramboden: Hier im Entlebuch haben Tausende Haushalte schwaches Internet. (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Kanton Luzern fördert Breitband auf dem Land

Auch der Kanton Luzern hat sich an den Planungskosten von Prioris beteiligt. Das Engagement ist Teil der kantonalen Strategie für die Breitbanderschliessung des ländlichen Raums. Darin setzt sich Luzern zum Ziel, die Breitbandversorgung auf dem Land bis 2030 «massgeblich» zu verbessern. Die Zielvorgabe ist eine flächendeckende Bandbreite von 100 Mbit/s. Erst kürzlich hat der Regierungsrat die Strategie verabschiedet.

«Der Kanton hatte bisher keine aktive Rolle im Breitbandausbau und wird auch weiterhin nicht federführend sein.»

Fabian Peter, Regierungsrat

Der Ausbau ist längst überfällig, denn im Luzerner Hinterland gibt es erhebliche Versorgungslücken. «Der Breitbandatlas zeigt, dass es bei Geschwindigkeiten von 100 Mbit/s noch Lücken im Kanton Luzern gibt, insbesondere der ländliche Raum abseits der Hauptachsen und ausserhalb der Bauzonen», schreibt Samuel Graf von der Dienststelle Raum und Wirtschaft auf Anfrage.

Eine weisse Karte der Region Willisau und Wolhusen. Darauf sind einige grüne und gelbe Punkte zu sehen. Sie sagt aus, dass abseits der Dörfer die Breitbandabdeckung unter 100 Mbit pro Sekunde liegt.
Die Abdeckung von 100 Mbit/s ist ausserhalb der Städte dürftig bis inexistent, heisst es in der Strategie des Kantons. (Bild: maps.geo.admin)

Statt den Netzausbau zu finanzieren, will Luzern eine «koordinierende und politisch unterstützende Funktion» einnehmen. «Der Kanton hatte bisher keine aktive Rolle im Breitbandausbau und wird auch weiterhin nicht federführend sein», lässt sich Regierungsrat Fabian Peter in einer Mitteilung zur Strategie zitieren. Verantwortlich für den Netzausbau bleiben primär der Bund, die Swisscom und die Gemeinden.

5G ist eine wichtige Technologie für den ländlichen Raum

Eine Stossrichtung gibt der Kanton mit seiner Strategie trotzdem vor. Dort steht, dass es für eine flächendeckende Versorgung auf dem Land sowohl Glasfaser als auch 5G brauche. «Aus unserer Sicht könnte 5G auch Chancen für den ländlichen Raum bedeuten, da dort das Kosten-Nutzen-Verhältnis für Glasfaser in jedes Haus schlecht ist und die Antennen im ländlichen Raum noch über mehr Kapazitäten verfügen als im urbanen Raum.»

Zahlreiche ländliche Gemeinden im Entlebuch seien bereits von der Swisscom kontaktiert und eingeladen worden, die geplanten 5G-Antennenstandorte zu prüfen oder neue Standorte vorzuschlagen. Die entsprechenden Verfahren seien aber regelmässig durch Einsprachen blockiert und kämen nur sehr schleppend voran, heisst es weiter.

Denn Bedenken gegenüber 5G sind weitverbreitet. Sorge vor den Strahlenemissionen und nicht erforschten Langzeitfolgen machen schon lange die Runde. Gemäss der kantonalen Strategie gibt es dafür keinen Grund: Da 5G-Antennen ihre Signale zielgerichtet senden könnten, nähme die Strahlung, der wir ausgesetzt seien, sogar ab, erklärt der Kanton.

Das wiederum bedeutet: Für die Luzerner Regierung gehört 5G zu einem leistungsstarken Netz genauso dazu wie Glasfaser. Doch jede einzelne Antenne muss in Luzern durch ein ordentliches Baugesuchsverfahren mit der Möglichkeit zur Einsprache. Wann das Hinterland also an 5G angeschlossen wird, bleibt fraglich.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Samuel Graf, Dienstelle Raum und Wirtschaft
  • Schriftlicher Austausch mit Franzsepp Erni, Präsident Steuerungsausschuss Prioris
  • Medienmitteilung von Prioris
  • Medienmitteilung des Kantons Luzern
  • Website der Region West
  • Breitbandatlas von «map.geo.admin.ch»
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