Regierung hilft Wohnwagenbewohner nicht

«Enttäuschend»: Zuger bleibt Zugang zur Urne verwehrt

GLP-Kantonsrätin Tabea Estermann hält von den Antworten der Regierung auf ihre Anfrage wenig. (Bild: Adobe Stock/zvg)

Ein Zuger, der im Wohnwagen lebt, darf nicht abstimmen und wählen. Dies will die GLP ändern. Die Zuger Regierung blockt aber ab und verweist auf das Bundesrecht. Dies sorgt für Unverständnis.

«Es scheint, als ob die Zuger Regierung nicht so viel Zeit hatte, um unserer Fragen abzuklären.» So reagiert Tabea Estermann, Kantonsrätin und Präsidentin der Zuger GLP, auf die Antworten auf ihre Anfrage. Die Grünliberalen wollten wissen, wie der Kanton den Missstand beheben will, dass Personen ohne festen Wohnsitz im Kanton nicht abstimmen und wählen dürfen.

Mit dem Vorstoss reagierte die Partei auf die Berichterstattung von zentralplus. Im März porträtierten wir den Zuger Sandro R. (Name der Redaktion bekannt). Der 43-Jährige lebt seit einiger Zeit nicht mehr in einer Wohnung, sondern in einem Wohnwagen. Seither sucht er nach einer Möglichkeit, sich bei einer Gemeinde anzumelden und kämpft für sein Recht, zu wählen und abzustimmen (zentralplus berichtete).

«Regierung hat sich wenig Mühe gegeben»

Einen weiteren Dämpfer verpasst die Zuger Regierung in ihrer Antwort auf den Vorstoss der GLP. Darin schreibt sie, dass die Stimm- und Wahlrechte an einen festen Wohnsitz gebunden sind. Dies sei im Bundesrecht so geregelt. Ihr seien daher die Hände gebunden.

Die Antworten seien «enttäuschend», sagt Tabea Estermann am Telefon. Sie findet, die Regierung habe sich zu wenig Mühe gegeben, um ihre Fragen abzuklären. Laut ihr gäbe es nämlich durchaus Möglichkeiten, um den Missstand zu beheben.

Sammelhaushalte oder Fahrende neu definieren

So gäbe es andere Kantone, die etwa Sammelhaushalte einrichten, wo sich Personen ohne festen Wohnsitz anmelden können. Das können Reisende, Obdachlose oder eben Wohnwagenbewohner sein. Dass das Bundesrecht der Regierung die Hände binde, sei daher falsch.

Als andere Möglichkeit sieht sie, dass «Van-Lifer» offiziell zu den Fahrenden gezählt werden und deren Rechte erhalten. Heute gelten nur Jenische und Sinti als Fahrende. «Das ist veraltet. Es gibt heute viele Leute mit anderen Wohnformen, die auch dazu zählen sollten», so Estermann. Im Bundesgesetz über die politischen Rechte ist festgehalten, dass Fahrende in ihrer Heimatgemeinde abstimmen dürfen.

Als letzte Möglichkeit sieht sie eine Abänderung des Wahlgesetzes im Kanton. Lieber wäre ihr aber eine der anderen «unbürokratischen» Lösungen, wie sie sagt.

GLP plant bereits neuen Vorstoss

Estermann steht in engem Kontakt mit dem betroffenen Wohnwagenbewohner Sandro R. Dieser selbst sei ebenfalls sehr enttäuscht, erzählt sie. Beide wollen weiter kämpfen. «Es kann nicht sein, dass man wohl an einem Ort Steuern zahlen muss, aber nicht wählen und abstimmen darf», so Estermann.

Die GLP-Politikerin will nun einen weiteren Vorstoss an die Hand nehmen. Ihr schwebt ein Postulat vor, mit dem die Regierung beauftragt wird, «die Lücke zu schliessen», wie sie sagt. Wie genau, das müsse die Regierung entscheiden.

Sandro R. hat sich derweil mit der Bitte um Auskunft und Unterstützung an den Verband schweizerischer Einwohnerdienste gewandt. In der Hoffnung, irgendwann wieder an die Urne zu dürfen.

Verwendete Quellen
  • Anfrage GLP und Antwort der Zuger Regierung
  • Telefonischer Austausch mit Tabea Estermann
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