Gewollte Beeinflussung?

Knatsch in Zug: Verwaltung ändert heimlich Stimmzettel

Die Zuger Regierung will die Auszählung erleichtern – und passt darum die Zettel an. (Bild: Symbolbild: Emanuel Ammon/Aura)

Der Kanton Zug will seine Stimmzettel neu gestalten. Vorschlag, Gegenvorschlag und Stichfrage fragt er künftig auf separaten Zetteln ab. Dafür erntet er Kritik: Er wolle damit die Stimmbürger beeinflussen.

Der grösste Teil der Zuger Abstimmungen verläuft relativ simpel: Meistens müssen die Zugerinnen nur «Ja» oder «Nein» zu einer Gesetzesrevision, einem Bebauungsplan oder einer Initiative auf den Zettel kritzeln. Seltener sind hingegen Abstimmungen mit Stichfragen. Dabei können Zuger über eine Initiative und einen Gegenvorschlag dazu abstimmen. Die Zuger Stimmbevölkerung kann dabei auch beide Varianten annehmen. Da letztlich nur eine umgesetzt werden kann, gibt es noch die Stichfrage: Bei ihr müssen die Stimmbürgerinnen entscheiden, welche der Varianten sie letztlich präferieren würden. Insgesamt müssen die Zuger bei solchen Abstimmungen zu einer Vorlage also zwei Ja/Nein-Fragen und eine Entweder/Oder-Frage beantworten.

Dies war in Zug letztmals 2016 der Fall. Damals stimmte die Stimmbevölkerung über die Mundart-Initiative ab. Mit dieser forderte die Zuger SVP 2016, dass im Kindergarten wie in gewissen Fächern der Primarschule ausschliesslich Mundart gesprochen wird (zentralplus berichtete). Diese Initiative – respektive der Stimmzettel dazu – wird nun wieder aktuell. Denn: Wie ein Leserreporter schreibt, ändere die Zuger Regierung in einem «Winkelzug» das Aussehen der Stimmzettel.

Klammheimliche Änderung der Stimmzettel

«Unter dem Vorwand von ‹effizienterer› Auszählungen werden neu Vorschlag/Gegenvorschlag/Stichfrage als separate Stimmzettel aufgeführt», schildert der Leserreporter. Was banal klingt, hätte gemäss ihm jedoch relevante Folgen: «Mit drei verschiedenen Zetteln ist die Tendenz, Nein zu sagen, höher.» Er wirft der Regierung gar «gewollte Beeinflussung» in Richtung zweifacher Ablehnung vor.

Wie Stimmzettel genau aussehen müssen, ist nicht abschliessend geregelt. Jedoch steht im Zuger Wahl- und Abstimmungsgesetz (WAG) zu Abstimmungsfragen mit Gegenvorschlag: «Den Stimmberechtigten werden auf dem gleichen Stimmzettel drei Fragen vorgelegt.» Eine Revision des Gesetzes oder eine Vernehmlassung dazu laufen jedoch nicht. Die Anfrage bei der Zuger Staatskanzlei zeigt: Die Änderung der Stimmzettel geschieht unter dem Radar der Öffentlichkeit.

Gestaltung sei Auslegungssache

Der Kanton Zug stellt sich dabei auf den Standpunkt, dass sie für die Gestaltung der Stimmzettel das WAG gar nicht anpassen müssen. «Dabei gibt es gewisse Auslegungs- und Gestaltungsspielräume, von denen die Verwaltung aus diversen Gründen (welche insbesondere die Handhabung und Auszählung der Stimmzettel in den grösseren Zuger Gemeinden betreffen) auch Gebrauch macht», wie Séverine Feh, Generalsekretärin der Direktion des Inneren, schreibt.

Zum Problem mit dem gesetzlich vorgeschriebenen «gleichen Stimmzettel» hält Feh fest, dass die Teilfragen einer Vorlage – also zur Initiative, Gegenvorschlag und Stichfrage – auch auf «Teilstimmzetteln» geschrieben werden können. Beispielsweise, indem die Stimmzettel trotzdem mit einer Reisslinie verbunden sind. Zudem könne der Kanton etwa mit einheitlichen Farben, Nummerierungen oder Hinweisen die Einheit einer Vorlage untermauern. Massgebend sei, dass die Stimmberechtigten jeweils erkennen, worum es in einer Vorlage gehe.

Ungefähr so wie diese Zettel aus Zürich von 2015 könnte sich der Kanton Zug die neuen Abstimmungszettel vorstellen. Ein Exemplar ihrer neuen Stimmzettel wollte die Zuger Verwaltung nicht zur Verfügung stellen. (Bild: Wikimedia)

Kanton wehrt sich gegen Vorwürfe

Für den Vorwurf des Leserreporters hat die Direktion des Inneren wenig Gehör: «Inwiefern durch ein solches Vorgehen eine ungewollte Beeinflussung herbeigeführt werden könnte, ist für uns nicht nachvollziehbar, weshalb der entsprechende Vorwurf in aller Deutlichkeit zurückgewiesen wird.» Wie Feh betont, lege die Verwaltung grossen Wert auf «Sachlichkeit und Objektivität».

Wann die neuen Stimmzettel kommen und wie sie letztlich genau aussehen werden, ist unklar. Die internen Prozesse diesbezüglich seien noch nicht abgeschlossen. Aber: Im Juni bräuchte der Kanton die Zettel mit Stichfrage nach längerer Zeit wieder. Nachdem die Zuger gut acht Jahre nicht über Initiativen mit Gegenvorschlägen abstimmen mussten, steht am 9. Juni die Abstimmung zur Transparenzinitiative an (zentralplus berichtete).

Verwendete Quellen
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