«Nahezu nichts signalisiert»

Auf dieser Zuger Strasse herrscht Wilder Westen

Auf diesem kombinierten Fussgänger-/Veloweg zwischen Cham und Holzhäusern stossen einige ihr Gefährt lieber. (Bild: hch)

Der Veloverkehr auf der Luzernerstrasse zwischen Cham und Holzhäusern sorgt beim Kanton Zug für Kopfzerbrechen. Denn seine Ansätze lösen das Problem nicht.

Die Kantonsstrasse zwischen Cham und Holzhäusern gleicht einem Flickenteppich: zumindest, was die Wege für Velos angeht. An einigen Stelle gibt es einen Veloweg, an anderen fährt man auf dem Trottoir und wieder woanders fehlt jede Markierung. Eine Fahrt wie im Wilden Westen.

Bereits vor vier Jahren schrieb die Zuger Regierung daher: «Wir stimmen der Einschätzung der Postulanten zu, dass eine durchgehende Radverkehrsinfrastruktur entlang der Luzernerstrasse fehlt.» Seither hat die Kantonsstrasse im Westen des Kantons Zug mehr als einmal für Gesprächsstoff gesorgt.

Diese Woche ist der neuste Bericht und Antrag der Regierung dazu erschienen. Er zeigt, dass Velos heute an einigen Stellen sicherer fahren als damals, lässt aber auch reichlich Platz für Fragezeichen. Zum Beispiel: Wie schwer kann es sein, ein erkanntes Problem ganzheitlich zu lösen?

Hunderte Arbeitnehmer und Schüler des Bösch nutzen den Weg

Rückblick: Die beiden Hünenberger Kantonsräte Anna Bieri und Heinz Achermann (beide Mitte) forderten im Juni 2020 in einem Postulat eine durchgehende beidseitige Radstreifenmarkierung zwischen Cham, Hünenberg See und Holzhäusern – entlang der Kantonsstrasse 4.

Ihre Sorge galt der Sicherheit. «Der Abschnitt wird von Radfahrenden rege benutzt als Arbeitsweg, Schulweg und Verbindungsweg.» Allein im Industriegebiet Bösch, das an der Strasse liegt, würden Hunderte Menschen arbeiten und 500 Kinder zur Schule gehen.

Die Hoffnung der Kantonsräte: Durch eine Markierung könne die Situation «rasch» verbessert werden – ohne zu bauen. In einem Bericht teilte die Regierung die 3,5 Kilometer lange Kantonsstrasse in sechs Abschnitte und prüfte, wo eine Markierung möglich ist.

Doch das Ergebnis war negativ. Wo es nicht schon Radstreifen gibt, ist die Luzernerstrasse zu schmal, um solche einzuführen. Zudem sei die Strasse mit täglich 10’000 Fahrzeugen zu befahren, um rechts und links einen Radstreifen zu markieren – wegen der Verkehrssicherheit.

Kanton Zug öffnet 1000 Meter Trottoir für Velos

Wie zu erwarten, waren die Postulanten nicht erfreut, doch mussten sie dies akzeptierten. Stattdessen forderten sie die Regierung auf, die Trottoirs für Velofahrer zu öffnen; einerseits zwischen Bösch und Hünenberg See und in Teilen von Cham. Der Kantonsrat unterstützte ihre Idee.  

Vor Kurzem ist nun der zweite Bericht und Antrag zum Thema erschienen. Darin hat die Regierung pro Abschnitt geprüft, ob es möglich ist, Velos auf den Gehwegen fahren zu lassen. Und, siehe da: die Hünenberger Kantonsräte konnten einen Teilerfolg erringen.

Zwischen Bösch und Hünenberg See sei die Veloführung «nicht ideal», bestätigt die Regierung. Daher hat sie Ende 2022 das Trottoir ab Eichrüti Hünenberg bis zur Einmündung ins Bösch-Gebiet für Velos geöffnet, mit neuen Schildern und 1000 Metern freier Bahn.

Luzernerstrasse bleibt für Velofahrer ein «Flickenteppich»

Und heute? Anfrage bei Kantonsrat Heinz Achermann, der das Postulat mitverfasst hat. Er gibt der Massnahme des Kantons gute Noten. «Doch die Situation auf der Strecke Cham-Holzhäusern-Cham bleibt für Radfahrende ein Flickenteppich.» Dafür nennt er mehrere Beispiele:

«Ein sicherer Veloweg sollte vorhanden sein.»

Heinz Achermann

Zwischen dem Chamer Rabenkreisel und Zythus fahren Velofahrer auf der Kantonsstrasse, weil das Trottoir Tabu ist und ein Velostreifen fehlt. Und in der Gegenrichtung, also von Holzhäusern in Richtung Cham, gibt es nur zwischen der Badi Hünenberg und Zythus einen Radstreifen, also auf ein paar hundert Metern. «Auf der übrigen Strecke ist nahezu nichts signalisiert.»

Umfahrung Cham-Hünenberg könnte die Situation entschärfen

Das muss der Kanton dringend ändern, findet der Hünenberger noch immer. Denn im Sommer 2025 öffnet die Kanti Rotkreuz (zentralplus berichtete). Damit wird die Luzernerstrasse zum Pendelweg für all die Schülerinnen aus Cham und Hünenberg See. «Ein sicherer und zumindest mit Radstreifen versehener Veloweg sollte dann vorhanden sein.»

Nicht zu vergessen: Für die Schüler endet die Velofahrt nicht in Holzhäusern, sondern geht weiter bis nach Rotkreuz. Auch auf diesem Abschnitt sind die Velowege nicht wirklich ansehnlich. Hier überquert die Kantonsstrasse in einem engen Beton-Korsett die Autobahn A4.

Möglicherweise entschärft sich die Situation, wenn die Umfahrung Cham-Hünenberg im Jahr 2027 eröffnet wird. Die Gemeinde Hünenberg erklärt auf Anfrage, dass die Luzernerstrasse dann abklassiert wird. Sprich: Aus der Kantonsstrasse mit Tempo 60 wird eine Gemeindestrasse. Welches Tempo auf ihr gelten soll und ob neue Wege für Velos gebaut werden, sei aber noch unklar.

Verwendete Quellen
  • Berichte und Anträge des Zuger Regierungsrats
  • Schriftlicher Austausch mit Heinz Achermann, Kantonsrat Die Mitte Hünenberg
  • zentralplus Medienarchiv
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5 Kommentare
  • Profilfoto von Hägeli
    Hägeli, 28.04.2024, 09:27 Uhr

    Es muss halt immer zuerst Tote, oder Verlezte geben, bevor etwas Unternommen wird. Den Behörden ist das doch Egal.

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  • Profilfoto von Tschovanni1946
    Tschovanni1946, 26.04.2024, 18:38 Uhr

    Die Trottoirs wurden für Fussgänger von der Fahrbahn getrennt um diesen etwas Sicherheit zu bieten. Ich sehe keinen Grund, wieso diese nun offiziell -viele rücksischtslose Drahteseljokeys missbrauchen sie trotzdem schon- für diese Sorte Verkehrsteilnehmer geöffnet werden sollen. Wird damit der Fussgänger nicht noch mehr deklassiert und zum rechtlosen Freiwiwild auf den Stzrassen?

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  • Profilfoto von Hegard
    Hegard, 25.04.2024, 14:01 Uhr

    Wenn die Velofahrer auch einen Teil Steuern für ihre Ressourcen beisteuern würden, könnte man über Landkäufe für Velobahnen diskutieren und bearbeiten. Es kann ja nicht sein, dass 60% der PW Steuer für Strassenbau verwendet wird und immer mehr verdrängt werden. Und die 40 % für andere Zwecke veräussert wird! zB für den ÖV und zum Dank der PW Lenker vergrault werden. Zum Weiterdenken: auch E-Mobile brauchen die Recourcen der Verbrenner!

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    • Profilfoto von Müller
      Müller, 25.04.2024, 18:48 Uhr

      Ich besitze ein Velo und ein Auto. Fahre wenn es irgendwie möglich ist mit dem Rad. Leider ist es im Kanton Zug ziemlich mühsam und nicht durchgängig sicher, ohne riesen Umwege. Im Aegerital hat man grosse Defizite. Bin froh hat man den Tunnel abgelehnt. So haben wir die Chance auf sinnvollere Ideen, oder die Umsetzung dieser. Viele würden aufs Velo umsteigen, wenn man nicht Kopf und Kragen riskieren müsste. Ich hoffe das ich mal kein Auto mehr brauche. Nicht wegen der Autosteuer, sondern wegen mir, den Mitmenschen, den Tieren und der Natur.

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    • Profilfoto von vizo
      vizo, 25.04.2024, 19:45 Uhr

      Schon wieder Hegard der Velobasher. Warum hat er etwas gegen das vernünftigste, umweltfreundlichste und gesündeste Verkehrsmittel? Wenn mehr Leute das Velo benützen, hat es weniger Autos auf den Strassen, was nur denen nützt, die darauf angewiesen sind.

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