Personalmangel und andere Sorgen

Den Zuger Bäckereien fehlen die Bäcker

Der Zuger Bäckerei Nussbaumer geht es verhältnismässig gut. (Bild: wia)

In Luzern schlossen dieses Jahr bereits mehrere Bäckereien ihre Türen. Zwar scheint die Situation in Zug relativ konstant zu sein, doch auch der hiesigen Branche geht es nicht rosig. Gerade Kleinstbäckereien müssen kämpfen. Dies aus mehreren Gründen.

Im Februar machte Emma’s Bäckerei an Obergrundstrasse in Luzern ihre Läden dicht (zentralplus berichtete). Die Bäckerei Merz am Weinmarkt folgte ihr wenig später (zentralplus berichtete). Jüngst gingen auch die Filialen der Habermacher Bäckerei in Luzern zu (zentralplus berichtete).

Verglichen mit Luzern erscheint die Bäckereilandschaft in Zug relativ stabil. Selten verschwindet eine Bäckerei gänzlich. Dazu gilt jedoch zu erwähnen: Im Kanton Zug gibt es, bis auf ein paar wenige Ausnahmen, kaum mehr Kleinstbäckereien. Oft handelt es sich um Filialen. Niemand scheint mehr überrascht zu sein, wenn Speck, Nussbaumer und Co. einen neuen Standort eröffnen.

Silvan Hotz, Geschäftsführer der Bäckerei Hotz Rust AG in Baar und Präsident des Schweizerischen Bäcker-Confiseurmeister-Verbands, sagt dazu: «Für die Betriebe und deren Angestellte an sich ist es nicht schlimm, wenn sie eine Filiale einer grösseren Firma sind. Auch für den Kunden ist das per se kein Problem.» Der Geschäftsführer über vier Filialen sagt jedoch auch: «Durch diese Entwicklung geht ein Stück Vielfalt verloren, denn jede Bäckerei bäckt anderes Brot.»

Energiepreise massiv gestiegen

Was Hotz Bauchschmerzen bereitet: zum einen der Fachkräftemangel, welcher es schwierig mache, Mitarbeiter zu finden. Zum anderen die gestiegenen Personalkosten sowie die Rohstoff- und Energiepreise, die in den vergangenen Jahren stark in die Höhe schossen. «Die Preise sind zwar gestiegen, aber selbst nach der Energiekrise nicht mehr gesunken. Das ist insbesondere deshalb ein Problem, weil unsere Branche, etwa durch die notwendige Kühlung und die Verwendung der Backöfen, sehr energieintensiv ist.»

Diese Entwicklung hat auch die Familie Haupt von der Café-Bäckerei Dorfplatz im Baarer Gebiet Inwil in den vergangenen Jahren stark zu spüren bekommen. Sie führt eine der noch übrig gebliebenen Kleinstbäckereien inklusive Restaurant und Café. «Die Preise haben sich in den vergangenen Jahren mindestens verdoppelt. Eigentlich müssten wir zehn Franken für ein Kilogramm Brot verlangen. Doch das zahlt natürlich keiner», sagt Claudia Haupt.

Seit 30 Jahren führen sie und ihr Mann das Unternehmen gemeinsam. In dieser Zeit hätten sie viel durchgemacht, erzählt sie. «Wir erlebten Höhen und Tiefen und immer wieder auch finanzielle Engpässe. Vor vier Jahren kam Corona. Das war heftig. Doch wir beschlossen weiterzumachen.»

Die Bäckerei Dorfplatz läuft am Limit

Eine Sorge, welche Haupt seit einiger Zeit umtreibt: «Wir finden schlicht kein Fachpersonal. Als wir 2009 eine Bäckerfachkraft suchten, erhielten wir 120 Bewerbungen. Heute melden sich, wenn überhaupt, meist unqualifizierte Leute, welche nicht vom Fach sind.» Entsprechend habe man aufgehört, herkömmliche Inserate aufzuschalten. «Sie sind sehr teuer und bringen nichts. Wir müssen uns etwas anderes einfallen lassen.»

Erklärungen für die harzige Stellenbesetzung gebe es diverse. So gebe es weniger Lehrlinge und demnach weniger Nachwuchs. «Zudem springt das Berufspersonal ab und lässt sich anderweitig ausbilden, dies etwa aufgrund der Arbeitszeiten.» Ausserdem seien viele Topberufsleute in Pension gegangen. Haupt weiter: «Ich empfinde die Situation als paradox: In der ganzen Schweiz, jüngst in Luzern, gehen immer wieder Betriebe Konkurs. Entsprechend müsste es doch diverse gute Fachleute auf dem Arbeitsmarkt geben. Dem ist jedoch nicht so. Und wir sind nicht der einzige Produktionsbetrieb, welcher mit diesem Problem zu kämpfen hat.»

Die frühmorgendliche Belieferung von Restaurants, Altersheimen und anderen Betrieben hat die Bäckerei Dorfplatz im vergangenen Mai eingestellt. Dafür fehle schlicht die Kapazität. «Nun produzieren wir täglich nur noch für unser Verkaufslokal. Ziel ist es, den Laden aufrechtzuerhalten. Doch sobald jemand in den Ferien, krank oder im Mutterschaftsurlaub ist, wird es eng.»

Baustellen vor den Betrieben machen den Bäckereien das Leben schwer

Auch andere Zuger Betriebe haben derzeit zu beissen. So auch die Speck Genuss AG, welche im Kanton Zug sechs Filialen führt. Dies jedoch aus anderen Gründen: «Zurzeit kämpfen wir mit einem Umsatzrückgang. Da wir zeitweise drei Baustellen vor drei unserer sechs Filialen hatten, gehen wir davon aus, dass dieser Rückgang grossmehrheitlich auf dieses Problem zurückgeht», erklärt der Geschäftsleiter Walter Speck auf Anfrage. Man hoffe daher, dass das Unternehmen ab Herbst wieder bessere Zahlen schreibe.

Dazu komme, dass sich das Ergebnis im vergangenen Jahr durch die gestiegenen Energiepreise verschlechtert habe, sagt Walter Speck. Ähnlich wie Haupt empfindet er es als problematisch, die gestiegenen Kosten auf die Preise zu schlagen.

Walter Speck während der Präsentation der grössten Kirschtorte der Welt. (Bild: zvg)

Besser als die Konditoreisparte laufe derzeit der Gastronomieteil in den gemischten Betrieben. «Sehr gefragt sind auch unsere Events im Betrieb, wie zum Beispiel die Betriebsführungen mit Demonstrationen, wie man die Kirschtorte oder die Kirschstengeli macht.»

Doch bei der Speck Genuss AG kennt man ebenfalls das Thema Fachkräftemangel. Wenn auch an einem anderen Ort: «In der Produktion haben wir dank neuer Räume und attraktiver Arbeitszeiten keinen Mitarbeiterinnenmangel. Im Verkauf ist es aber sehr schwierig, ausgebildetes Personal zu finden.»

Auch André Bossard vom gleichnamigen Bäckerei-Unternehmen weiss aus Erfahrung, wie schwierig es ist, Filialen aufrecht zu erhalten, vor denen – oft über längere Zeit – gebaut wird. «Das ist sehr einschneidend», sagt der Geschäftsführer. Er nennt zudem weiteres Thema, das den Betrieb, insbesondere seit der Pandemie, vor Herausforderungen stellt: «Arbeitsmodelle mit Homeoffice haben Auswirkungen auf die Verkaufsstellen, welche von Berufstätigen besucht werden.»

Nicht alle Betriebe müssen kämpfen

Und dann gibt es auch jene Betriebe, die vergleichsweise wenig Sorgen haben. So etwa die Bäckerei Nussbaumer, welche im Kanton Zug über neun Verkaufsstellen verfügt. «Uns geht es grundsätzlich sehr gut», sagt Jürg Nussbaumer, der Geschäftsführer. «Wir verzeichnen zwar derzeit, verglichen mit dem Vorjahr, drei Prozent weniger Einnahmen. Doch haben wir heuer 20 Prozent mehr Lieferungen.»

Der Ladenumsatz sei gut, «heute stehen wir viel besser da als noch vor Corona», so Nussbaumer. Dies dürfte mit dem grossen Stamm an Lieferkunden zu tun haben, auf den das Unternehmen zählen könne. Auch der Fachkräftemangel scheint an diesem Unternehmen abzuprallen. «Wir bilden jeweils rund zehn Lehrlinge in unseren Betrieben aus, dies sowohl in der Produktion als auch im Verkauf. Daher sorgen wir langfristig dafür, dass wir über genügend Fachleute verfügen.» Dank der Grösse des Unternehmens mit seinen 86 Mitarbeiterinnen bestünden für Angestellte Perspektiven zur beruflichen Weiterentwicklung.

Doch auch Nussbaumer gibt zu bedenken: «Heute muss man sich aktiver um Auszubildende bemühen. Das machen wir unter anderem mit Aktionen auf Social Media.»

In gewissen Städten sind Minibetriebe im Aufschwung

Verbandspräsident Silvan Hotz rechnet damit, dass weitere Betriebsschliessungen unausweichlich werden, da keine Nachfolger gefunden werden können. So geschehen ist es etwa bei der Bäckerei Amstad in Cham. Das Ehepaar, welches den Betrieb über 40 Jahre lang führte, setzte sich 2021 zur Ruhe. Das Lokal wurde von der Bäckerei Hotz Rust übernommen.

Dass Kleinstbäckereien dereinst wieder en vogue sein würden, schliesst Hotz jedoch nicht aus. «In verschiedenen Städten zeichnet sich aktuell eine solche Tendenz ab. Oft handelt es sich um Pop-up-Betriebe, die bewusst auf zusätzliche Verkaufsstellen verzichten, eine sehr gute Brotqualität aufweisen und damit eine breite Kundschaft anziehen.» Stellt sich die Frage, ob solche Konzepte im kleinen Kanton Zug funktionieren würden.

Verwendete Quellen
  • Telefonat mit Claudia Haupt
  • Telefonat mit Silvan Hotz
  • Telefonat mit Jürg Nussbaumer
  • Schriftlicher Austausch mit Walter Speck
  • Schriftlicher Austausch mit André Bossard
0 Kommentare
Apple Store IconGoogle Play Store Icon