Implantierter Chip statt Portemonnaie

Dieser Luzerner trägt seine Kreditkarte unter der Haut

Seit Sommer trägt Stefan Muff ein Bezahlimplantat unter der Haut. (Bild: mik)

Twint oder doch lieber Bares? Während sich einige bereits mit dieser Frage schwertun, geht der Luzerner Stefan Muff schon weiter. Er bezahlt seit diesem Sommer mit einem Bezahl-Implantat.

Jeder hat vermutlich schon einmal sein Portemonnaie oder Handy daheim vergessen. Mit dem Goodwill der Kollegen schlägst du dich dann irgendwie durch den Tag. Einer, dem das sicher nicht mehr passiert, ist der Luzerner Stefan Muff. Denn er trägt seine Kreditkarte seit Sommer am beziehungsweise unter der Haut des Handgelenks. Er hat sich ein Bezahl-Implantat des Start-up-Unternehmens Walletmor aus Grossbritannien einsetzen lassen.

Bezahl-Implantat als eigenes Geburtstagsgeschenk

Die Autorin lernt Stefan Muff in der Meyer Kulturbeiz am Luzerner Bundesplatz kennen. Dabei trifft sie aber nicht etwa einen Technik-Nerd oder voll-tätowierten Mann mit gespaltener Zunge und Silikon-Implantaten an. Sondern einen 43-jährigen Supply Chain Manager, bei dem äusserlich nichts auf das Implantat schliessen lässt. Lediglich eine kleine Narbe am Handgelenk, die aber erst beim genaueren Hinsehen auffällt, weist auf das Implantat hin.

Wie Stefan Muff erklärt, interessiere er sich sehr für den technologischen Fortschritt. Dabei sei er einmal zufällig auf das Bezahl-Implantat von Walletmor gestossen. Die Technologie und die Idee dahinter hätten ihn über Wochen nicht mehr losgelassen – bis er sich schliesslich entschieden habe, sich ein solches Implantat einsetzen zu lassen. «Als kleine technische Spielerei zu meinem Geburtstag», meint Muff mit einem Schmunzeln.

Gesagt, getan: Nachdem er sich eingehend eingelesen und Reviews durchforstet hatte, liess er sich diesen Sommer bei XS Piercing in Basel das Implantat einsetzen. Unter anderem deshalb, weil dieses Studio von einem ehemaligen Arzt gegründet worden ist und vom Unternehmen Walletmor empfohlen wird. Rund 440 Franken habe ihn das Bezahl-Implantat gekostet, davon gut 220 Franken der Eingriff.

Sicherheitsbedenken? Fehlanzeige

Bedenken hatte Muff dabei keine, wie er sagt. Das Bezahl-Implantat steckt in einer Kapsel aus Biopolymer, das von der US-amerikanischen Überwachungsbehörde für Lebens- und Arzneimittel als sicher erklärt worden ist. Nach der Behandlung habe er auch keine Nebenwirkungen gehabt. Lediglich die Fäden der Stiche musste er sich noch ziehen lassen. «Und dass die Wunde noch nicht komplett verheilt ist, liegt an meinem Kind und meiner Katze», lacht der 43-Jährige.

Auch Sorgen um sein Kreditkarten-Konto macht sich Muff nicht. Gemäss Website der Hersteller nutze das Implantat die NFC-Technologie, die auch beim kontaktlosen Bezahlen mit herkömmlichen Kreditkarten verwendet wird. Der implantierte Chip löst eine Transaktion erst auf sehr kurze Distanz aus. Und hat auch keine eigene Energiequelle, sondern wird erst durch das Bezahlgerät aktiviert.

Punkto Sicherheit habe das Implantat gegenüber der normalen Kreditkarte gar einen Vorteil, so Muff: «Die Chance, dass man seine Kreditkarte verliert, ist um einiges grösser, als seinen Arm.» Auf die Frage, wieso jemand so ein Bezahl-Implantat überhaupt haben möchte, kontert Muff mit: «Wieso nicht?» Ausserdem ist er überzeugt: «Solche Bezahlmethoden sind die Zukunft, ob nun unter der Haut oder nicht.» Diese Meinung teilen jedoch längst nicht alle. Als das Stadtfest Luzern anfänglich bargeldlos stattfinden sollte, haben die Veranstalter viel Gegenwind erlebt (zentralplus berichtete).

Beim zweiten Mal Vorzeigen klappt's

Wirklich negative Reaktionen habe er bisher nicht erlebt. Nur hätten einige seiner Freunde vorab Bedenken geäussert. «Die meisten reagieren jedoch von fasziniert, überrascht bis schockiert.» Es sei immer wieder lustig, die Gesichter der Tischnachbarn zu sehen, wenn er fürs Bezahlen seinen Arm nutze.

Wie gut das Bezahlen funktioniert, demonstriert er direkt vor Ort. Gespannt schaut die Autorin zu, wie Muff sein Handgelenk auf das SumUp-Kartenterminal hält – und Fehlanzeige. Anscheinend erleben auch Bezahl-Implantate den Vorführeffekt. Als die Bedienung netterweise ein weiteres Gerät bringt, funktioniert das Bezahlen jedoch einwandfrei.

«Normalerweise funktioniert es ohne Probleme», kommentiert Muff. Jedoch habe jede Art von Bezahlgerät eine andere Zone, bei der er sein Implantat hinhalten müsse. Anfangs habe er das etwas austesten müssen, doch mittlerweile klappe es gut.

Bisher noch kaum verbreitet

In der Schweiz sind Bezahl-Implantate noch sehr selten. Bisher bieten erst vereinzelte Piercing-Studios die Implantate an und dies auch erst seit wenigen Monaten. Nebst dem XS Studio in Basel beispielsweise das Unternehmen «Stechwerk», das verschiedene Piercing-Studios in der Schweiz betreibt. Im ersten Monat habe das Studio zehn Implantate eingesetzt, wie dessen Inhaber im September gegenüber «20 Minuten» erklärte.

Ob Bezahl-Implantate wirklich das neue Twint werden, wird sich zeigen. Mit Blick auf Technikausfälle in Supermärkten und an Festivals ist man vermutlich weiterhin froh um ein Portemonnaie in der Tasche. Künftig nicht mehr an dieses denken zu müssen stellt sich die Autorin auf jeden Fall praktisch vor.

Verwendete Quellen
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