Wie unabhängig ist die Luzerner Justiz?

Streit um den FCL – ein Test für Luzern

Die FCL-GV im vergangenen November sorgte für einen riesigen Ansturm. Im Jahr zuvor war Aktionär Bernhard Alpstaeg an einer GV verbal beleidigt und ausgebuht worden. (Bild: mst)

Seit beinahe eineinhalb Jahren beschäftigt die Auseinandersetzung zwischen Bernhard Alpstaeg und dem Verwaltungsrat des FCL nicht nur Medien und Öffentlichkeit, sondern auch die Luzerner Justiz. Diese muss nun Rückgrat und Mut zeigen. Eine Kolumne von Sacha Widgorovits.

Im Mittelpunkt der diversen Verfahren steht jenes vor dem Bezirksgericht Luzern. Dort geht es um folgende Frage: Durfte der damalige Verwaltungsrat der FCL Holding AG, zu welcher der FCL gehört, Bernhard Alpstaeg am 21. Dezember 2022 ohne Vorwarnung rund die Hälfte seiner Aktien am FCL wegnehmen? Dies nebenbei einzig und allein mit der Absicht, an der GV seine Abwahl zu verhindern.

Für aussenstehende Juristen, die sich für das Thema interessieren, ist der Fall klar: Was der FCL-Verwaltungsrat im Dezember 2022 gemacht hat, das geht nicht. Die betreffenden Aktien gehören rechtmässig Bernhard Alpstaeg, dem grössten Aktionär des FC Luzern.

Aktien von 2015

In der Tat zielt der FCL-Verwaltungsrat mit der Rechtfertigung seiner Nacht-und-Nebel-Aktion ins Leere. Er behauptet nämlich, dass Bernhard Alpstaeg die Aktien, um die es geht, im Jahr 2015 nicht rechtmässig erworben habe. Aber diese Behauptung steht auf tönernen Füssen: Die Aktien, die der Verwaltungsrat am 21. Dezember 2022 Alpstaeg weggenommen hat, stammen nämlich gar nicht von 2015.

Diese Aktien datieren, wie auch alle anderen heutigen Aktien der FCL Holding AG, vom Februar 2021. Damals war der FCL so hoch verschuldet, dass sein ganzes Aktienkapital auf Null abgeschrieben werden musste. Dabei wurden alle alten Aktien vernichtet, auch die Aktien, die Bernhard Alpstaeg 2015 erworben hatte. Anschliessend wurden 100% neue Aktien herausgegeben. Bernhard Alpstaeg erwarb für den Betrag von 3,4 Millionen Franken etwas mehr als die Hälfte (52%) dieser neuen Aktien.

Der Erwerb dieser neuen Aktien wurde im Februar 2021 vom damaligen FCL-Präsidenten Stefan Wolf und von seinem Vizepräsidenten Josef Bieri mit ihrer Unterschrift genehmigt. Deshalb, so sagen auch die nicht am Fall beteiligten Juristen, ist es nicht nachvollziehbar und nicht rechtens, dass der Verwaltungsrat des FCL rund die Hälfte dieser 2021er-Aktien Bernhard Alpstaeg im Dezember 2022 aberkannt hat.

Spiel auf den Mann

Dass er rechtlich auf sehr dünnem – oder, genauer: gar keinem – Eis wandelt, weiss auch der aktuelle Verwaltungsrat der FCL Holding (wegen der Alpstaeg aberkannten Aktienstimmen wurde er übrigens ungültig gewählt). Deshalb hat er schon zu Beginn der Auseinandersetzung mit Bernhard Alpstaeg neben der juristischen noch eine zweite Verteidigungslinie aufgebaut. Um es im Fussballjargon zu sagen: Er begann auf den Mann zu spielen.

So lud er getreu dem bekannten Spiel von Fernsehen SRF «Einer gegen Hundert» rund 90 willfährige Gefolgsleute an die besagte GV vom 21. Dezember 2022 ein. Dort schaute er genüsslich zu, wie diese Leute den ganz allein anwesenden, 75jährigen Alpstaeg mehr als eine Stunde lang verbal beleidigten, bedrohten und ausbuhten.

Um dieses eines Schweizer Fussballklubs unwürdige Mobbying zu ermöglichen, hatte der damalige Verwaltungsrat diesen Pöbel kurz vor der GV noch rasch ins Aktienbuch eingetragen. Darunter sogar Personen mit Stadionverbot!

Auch seither tut der Verwaltungsrat der FCL Holding AG mit Hilfe einiger FCL-Fans alles, um Bernhard Alpstaeg – der immerhin der grösste Geldgeber des FCL ist – öffentlich auf massive Weise zu verunglimpfen. Dabei profitierte er lange Zeit auch von der Schützenhilfe der nur oberflächlich informierten und kaum recherchierenden Medien – inklusive zentralplus.

«Litigation PR – Prozess PR»

Mit seiner Kampagne gegen Bernhard Alpstaeg verfolgt der Verwaltungsrat der FCL Holding zwei Ziele: Er will Alpstaeg kleinkriegen, und er will die Justizbehörden beeinflussen. Im Fachjargon nennt sich das «Litigation PR – Prozess PR».

Es wäre falsch anzunehmen, dass so etwas in der Schweiz chancenlos ist. Auch bei uns sind Richter und Staatsanwälte Medienkonsumenten und bewegen sich in einem gesellschaftlichen Umfeld. In einem medial derart präsenten Fall wie der Auseinandersetzung zwischen dem FCL-Verwaltungsrat und Bernhard Alpstaeg brauchen sie Mut und Rückgrat, um sich mit einem Entscheid über das Vorurteil von Medien und gewissen sich lautstark zu Wort meldenden Teilen der Öffentlichkeit hinwegzusetzen.

Wie unabhängig sind Luzerner Gerichte?

Wenn die in die diversen Verfahren involvierten Luzerner Justizbehörden dieses Rückgrat und diesen Mut besitzen, erhält Bernhard Alpstaeg die gestohlenen Aktien wieder zurück. Damit würden die Behörden helfen, den lähmenden Streit im FCL zu beenden. Dies wäre eine wichtige Voraussetzung, dass sich Fans, Club und Aktionäre wieder gemeinsam für eine erfolgreiche Zukunft des FC Luzern einsetzen können.

Justizia, die römische Göttin der Gerechtigkeit, trägt eine Augenbinde, um fair, unabhängig und ohne Ansehen der Person zu entscheiden. Wir werden bald sehen, ob dies auch die Luzerner Justiz tut. In diesem Sinne ist der Fall Alpstaeg vs. FCL-Verwaltungsrat auch ein Test, wie der Kanton Luzern funktioniert.

Unsere Kolumnistinnen und Kolumnisten vertreten ihre eigene Meinung. Sie deckt sich nicht in jedem Fall mit derjenigen der Redaktion.

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