Luzerner Politiker kämpfen gegen Päckliflut

Pakete retournieren könnte dich bald etwas kosten

Ständerat Damian Müller (links) und Nationalrat Michael Töngi wollen die Retourenflut eindämmen. (Bild: Symbolbild: Unsplash/Claudio Schwarz)

Schweizerinnen schicken jedes vierzehnte Päckli zurück. Bei bestellten Kleidern ist es sogar jedes fünfte. Das sind zu viele, finden Michael Töngi und Damian Müller. Die beiden Luzerner Politiker fordern, dass Retouren etwas kosten – und feiern einen Teilerfolg.

Black Friday, Cyber Week und Panikkäufe, um nicht mit leeren Händen vor dem Weihnachtsbaum zu stehen: Ende Jahr hat der Onlinehandel Hochsaison. Eine Debatte im Ständerat vom Montag ist darum derzeit aktueller denn je: Die Ständeratskommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (UREK) verlangte in einem Postulat, dass der Bundesrat ein «Verursacherprinzip» für Retouren prüfe.

Damit greift sie einen Vorstoss des Luzerner Nationalrats Michael Töngi (Grüne) auf. Darin verlangte er, dass Kundinnen die Kosten für Paketretouren selbst berappen sollen (zentralplus berichtete). Töngi wollte damit die Päckliflut und die damit verbundene Umweltbelastung und Ressourcenverschwendung eindämmen. Töngis Motion wurde jedoch Mitte Juni abgelehnt.

Jedes zweite Zalando-Paket geht zurück

Schweizer schicken besonders gern Pakete zurück. Gemäss einem Bericht des Logistikunternehmens DPD gehen hierzulande 27,1 Prozent der Bestellungen wieder zurück. Das sind mehr als in jedem anderen der über 20 europäischen Länder, in denen das Unternehmen aktiv ist (zentralplus berichtete). Die Zahlen variieren jedoch nach Unternehmen und Branche. 2020 schickten Schweizerinnen etwa jedes zweite Zalando-Päckli zurück.

Diese Zahlen sind nebst Töngi auch der Ständeratskommission ein Dorn im Auge. Wie der Luzerner Ständerat Damian Müller (FDP) namens der Kommission ausführt, setzten kostenlose Retouren aus Sicht der Kreislaufwirtschaft zwei erhebliche Fehlanreize: einen volkswirtschaftlichen, da den Händlern so zusätzliche Kosten entstünden und Einnahmen entgingen. Denn die retournierten Pakete müssten sortiert, allenfalls gereinigt und neu verpackt – oder zerstört werden. Hinzu komme ein ökologischer Fehlanreiz: Retournierte Pakete würden über grosse Distanzen hin- und hertransportiert, wobei zuletzt «gebrauchsfähige Gegenstände» im Abfall landeten.

Das Ausmass dessen hat kürzlich eine gemeinsame Recherche deutscher Medien gezeigt. Das «SWR»-Investigativ-Format «Vollbild», «Die Zeit» und die Rechercheplattform «Flip» haben Tracker in bestellte Kleider von Zalando eingenäht und diese zurückgeschickt. Ein Babystrampler reiste dabei beispielsweise über 7000 Kilometer quer durch Europa. Zudem würden mehr Kleider vernichtet als vom Onlinehändler angegeben.

Bundesrat will sich nicht einmischen

Die UREK verlangt deshalb vom Bundesrat, dass er das Phänomen unter die Lupe nimmt und prüft, ob es eine Gesetzesanpassung braucht. Nebst verpflichtenden Bestimmungen solle der Bundesrat auch «Lenkungsabgaben» – sprich: eine Retourgebühr – prüfen.

Der Bundesrat hingegen hat wenig Gefallen an dieser Idee. Er sieht keine ausreichende Rechtfertigung für einen solchen Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit der Unternehmen. «Die zu erwartenden Auswirkungen der zusätzlichen Kosten auf die Lieferungen und das Verkehrsaufkommen wären gering», erläutert der Bundesrat weiter.

Gemäss seiner Meinung wäre mit Gegeneffekten zu rechnen – beispielsweise mit häufigeren Fahrten zu Geschäften. In der Schweiz gebe es ausserdem aktuell kaum Hinweise darauf, dass Non-Food-Produkte in einem grossen Umfang vernichtet werden. Weiter verweist der Bundesrat darauf, dass bereits Anreize bestehen würden, unnötige LKW-Fahrten zu reduzieren.

Für Töngi ist es «höchste Zeit» zu handeln

Am Montag hat der Ständerat das Postulat der ständerätlichen UREK mit 34 zu 8 Stimmen angenommen – entgegen der Empfehlungen des Bundesrats. Damit beauftragt der Ständerat den Bundesrat, zu prüfen, welche Gesetzesänderungen nötig sind, um die Anwendung des Verursacherprinzips bei Retouren im Onlinehandel zu gewährleisten.

Dies erfreut Michael Töngi. «Ich bin froh, dass das Thema weiterverfolgt wird», schreibt der Luzerner Nationalrat auf Anfrage. Noch immer bestellen Personen insbesondere im Modebereich sehr viel und schicken es dann wieder zurück.

Für ihn sei es nun höchste Zeit zu handeln. Der Vorstoss der ständerätlichen UREK sei jedoch ein Beispiel für den schweizerischen Weg. «Der Bundesrat muss jetzt einen Bericht erstellen, hat dafür zwei Jahre Zeit, und dann wird entschieden, ob es Handlungsbedarf gibt. Es dauert also noch mehrere Jahre, bis es Massnahmen gibt.» Es sei jedoch selbstverständlich besser, das Thema genauer anzuschauen, als gar nichts zu tun.

Verwendete Quellen
  • Postulat der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerats
  • Protokoll der Debatte
  • Motion von Nationalrat Michael Töngi
  • Recherche von der «Zeit», «Vollbild» und «Flip»
  • Schriftlicher Austausch mit Michael Töngi, Grüne-Nationalrat
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