So viele Läden stehen leer

Streifzug zu den dunklen Schaufenstern Luzerns

Die Luzerner Altstadt lockt Besucher mit Resaurants und Geschäften. Viele Ladenlokale sind aber auch leer. (Bild: cha)

Im Gewusel der Luzerner Innenstadt sind leere Schaufenster leicht zu übersehen. zentralplus hat auf einem Rundgang nachgesehen, wie viele Adressen einem neuen Mieter harren. Und traf Überraschendes an.

Ein älteres Pärchen schlurft gemächlich vorbei und bahnt sich seinen Weg durch die Masse von Passanten, Touristen und Kinderwagen. Ihr Gespräch auf Chinesisch fügt sich in die Szenerie wie der Pilatus in den Hintergrund der Kapellbrücke. Eine Momentaufnahme, wie sie sich in der Luzerner Innenstadt täglich abspielt. Wer in dieser typisch Luzerner Kulisse die Augen aufmacht, findet aber nicht nur Golduhren, Reisecars und kreischende Möwen.

Obzwar selbst aufmerksame Betrachter eine Weile brauchen, bis sie sich ihrer gewahr werden, sind sie nach dem Erkennen kaum mehr zu übersehen. Die Rede ist nicht von kleinen Spritzern Tomatensauce auf weissen Tshirts, sondern den diversen leerstehenden Ladenlokalen der Alt- und Neustadt.

Gleich zwei insolvente Modeketten

Am unteren Ende der Hertensteinstrasse in der Nähe des Löwencenters beginnt der kurze Spaziergang. Der Blick muss sich zunächst noch daran gewöhnen, die vorbeiziehenden Gesichter zu ignorieren. Ganz automatisch schweift das Auge zu den pompös bekleideten und grell beleuchteten Schaufensterpuppen. Doch die Konzentration lohnt sich schon kurz darauf. Das erste Geschäft, das seine Ware in Dunkelheit hüllt: der Esprit. Vor einem Monat meldete die Modekette Insolvenz an. Seither sind alle Filialen in der Schweiz geschlossen (zentralplus berichtete).

Einige Schritte weiter der nächste Überrest eines Kleidergeschäfts. Das Modehaus Hallhuber hat seine Filiale an der Hertensteinstrasse dicht gemacht. Zurück bleibt der Schriftzug und ein Zettel im Fenster: «Vorübergehend geschlossen». Wie viel Wahrheit im Satz steckt, ist fraglich. Das deutsche Unternehmen ist gemäss «Focus online» ebenfalls insolvent. Bis zum Falkenplatz finden sich zwei weitere Lücken in der Reihe von Detailhändlern. Die Schaufenster im Haus gegenüber dem Restaurant Einhorn und des Geschäfts rechts der Central Optic locken Passanten höchstens mit deren eigenem Spiegelbild.

Überall dunkle Glasfronten

Den Tumult vor dem Manor durchpflügt, trifft die geneigte Betrachterin in der Weggisgasse auf die ehemalige Filiale von Fielmann. Das Brillengeschäft zog vor einem Jahr in seine neue Lokalität, gleichfalls in der Weggisgasse (zentralplus berichtete). Der alte Standort ist seither im Umbau begriffen. Der verblassende Schriftzug von Fielmann über der Tür verkommt schleichend zur letzten Aufgabe in einem Seetest.

Am Mühlenplatz angelangt, grüsst bei einem Blick die Kramergasse hinunter das Balthasar-Haus mit seinem prägnanten roten Fachwerk. Dort war bis vor kurzem der Maxi Bazar. Die französische Warenhaus-Kette, welche seine Kunden mit Haushaltswaren aller Art lockt, zog Anfang dieses Jahres aus. Der Direktor von Maxi Bazar begründete den Entscheid damals damit, dass das Unternehmen seine Strategie ändert und künftig mehr in Einkaufszonen und -zentren vertreten sein möchte (zentralplus berichtete).

Und wieder hoch zum Schwanenplatz

Über den Weinmarkt geht es die Altstadt wieder hinauf zum Schwanenplatz. Wo an der Kapellgasse einstmal eine Filiale von Gant lag, herrscht heute gänende Leere. Die amerikanische Kleidermarke ist seit letztem Jahr nicht mehr in Luzern vertreten (zentralplus berichtete). Am Kapellplatz Nummer sieben täuscht die Plakatierung einer Immobilienfirma zumindest farblich darüber hinweg, dass auch dort leere Schaufenster die Pflastersteine spiegeln. Der letzte Mieter, das Schmuckgeschäft Thomas Sabo, zog an die Pilatusstrasse Nummer vier. Bei einem kleinen Schlenker über den Sternenplatz führt der Spaziergang an der ehemaligen Filiale eines Anbieters von Kindermode vorbei.

Die Ledergasse hinab zum Schwanenplatz gehend, kommt die verlassene Filiale von Wolford, einer Marke für Unterwäsche und Strumpfhosen. Eine knallgelbe Spanplatte markiert den Ort, wo einst dessen Tür war. Ebenfalls für Strumpfhosen bekannt ist Perosa am Schwanenplatz. Das Dessous-Geschäft hatte Knatsch mit seinem Vermieter und verabschiedete sich nach zwanzig Jahren von seiner Adresse in der Luzerner Altstadt. Hinter seinen Schaufenstern laufen gerade Rennovationsarbeiten, ob die Räumlichkeiten aber wieder einen Mieter erhalten, ist nicht bekannt (zentralplus berichtete).

Nicht nur die Altstadt ist betroffen

In der Neustadt lassen wir die Touristenmassen hinter uns. An der Ecke des Vögeligärtli liegt das nächste leere Ladenlokal des Rundgangs. Jeglichen Grundsätzen des Marketings trotzend, verweist ein schiefhängendes DIN-A4 Papier in Arial-Schrift darauf, dass hier Geschäftsräume zu mieten wären. Auf der anderen Seite der Pilatusstrasse geht es hinab zur Hirschmattstrasse, wo gleich eine ganze Parade von Schaufenstern kauffreudige Passanten bitter enttäuschen. Drei Geschäftsräumlichkeiten an bester Lage stehen leer. In einer war zuletzt das Kleidergeschäft Zaunkönig, wie der Schriftzug auf den Glasscheiben verrät.

Zum Schluss geht es zur Spreuerbrücke. Auf dem Weg dorthin liegt hinter dem Wirthaus Krienbrüggli eine Lokalität, welche gleich mit zwei Zetteln darauf hinweist, dass sie zu haben ist. Ein Stück die Pfistergasse hinab findet sich das letzte leere Geschäft des Rundgangs. Im Haus, in dem auch das Hotel Rösli liegt, sehen googelnde Wissbegierige einen Anbieter für Handyreparaturen. In Realität ist dort momentan aber nur Staub und Potential präsent.

Der kleine Streifzug durch die Innenstadt offenbart – ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben – siebzehn leere Geschäftsräume in der Innenstadt.

Die Touristen scheint es indes nicht zu stören. Die Einkaufstüten zwischen die Beine geklemmt, posieren sie auf der Spreuerbrücke für das nächste Foto für das heimische Fotoalbum. Bilder, auf denen hinter strahlenden Gesichtern und farbigen Strassenzügen die leeren und dunklen Schaufenster verblassen.

Verwendete Quellen
  • Augenschein vor Ort
  • Artikel «Focus online»
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