Bevölkerung kann Ideen einbringen

Zuger Architekten: bunte Oasen statt triste Dächer

Was, wenn der Parktower einen hängenden Garten trüge? Davon träumt das Kollektiv Juma. (Bild: zvg)

Die meisten Dächer in der Stadt Zug sind keine Augenweide. Karg kommen sie daher, viele sind ungenutzt. Ein Architekturbüro möchte das gern ändern. Beim Projekt «Dachwärts» ist auch die Bevölkerung gefragt.

Der Blick von der 11. Etage des Glashof-Hochhauses ist schön. In der Ferne die Berge, davor der graue See, Überblick über die «SimCity» Zug, über Alt- und Neustadt und die aktuelle Verkehrslage. Doch bemerkten die Architekten des Kollektivs Juma, das seine Büroräume vor kurzem ins Hochhaus verlagert hat, beim Blick hinunter auch etwas. «Uns als Architekten fiel gleich die grosse Zahl an Dächern auf, die nicht genutzt werden. Es liegt hier sehr viel Potenzial brach», erzählt Matthias Grob auf Anfrage.

Gemeinsam mit den Grafikdesignern von Norr Design begann das Team des Kollektivs Juma intensiver über das Thema nachzudenken. «Wenn Zug dichter wird, könnte man doch die Dächer aktivieren, finden wir. Etwa, indem man Gärten oder Parks darauf gestaltet. Das käme zum einen dem Mikroklima zugute, würde zum andern aber auch mehr Lebensraum schaffen und gleichzeitig unseren Fussabdruck verkleinern.»

Hübsch wäre anders: ein Blick vom Glashof-Haus auf ein Zuger Dach. (Bild: zvg)

Bars und Gärten auf den Zuger Dächern?

Ebenfalls könnte man sich vorstellen, dass eine Bar auf dem einen oder anderen Haus die Stadt beleben könnte. «Das liesse sich beispielsweise auch mit einer Photovoltaik-Anlage kombinieren. Als oberste Schicht die Solaranlage, darunter eine Bar», denkt Matthias Grob laut. Was den Architektinnen beim Betrachten der Stadt von oben besonders ins Auge stach: «Die Perrondächer am Bahnhof Zug sind derzeit noch sehr karg. Diese könnte man leicht mit PV-Anlagen bestücken.»

Im Rahmen ihres Bestrebens haben die Initianten unter dem Namen «Dachwärts» eine Website lanciert. Auf dieser findet man sich als Nutzer in der 11. Etage des Glashofs wieder, mit Rundumblick auf die Stadt. Tatsächlich wirkt die Dächerlandschaft nicht sonderlich ansprechend.

Sie stecken hinter «Dachwärts»: (v. l.) Matthias Grob / Kollektiv Juma, Stefan Fraefel / Norr Design, Justine Della Casa / Kollektiv Juma. (Bild: zvg)

Ideen aus der Bevölkerung sind gefragt

Norr Design hat diese darum kurzerhand gestalterisch verändert; hat den Parktower mit hängenden Gärten versehen, dem Bahnhof PV-Anlagen und eine Wiese aufgesetzt und auf dem ehemaligen Gebäude der Kantonalbank einen Gemüsegarten gepflanzt. Ein Dach an der Baarerstrasse wird kurzerhand zum Spielplatz umfunktioniert, ein anderes dient als Terrasse mit Pool.

Zu Ende gedacht ist das Projekt bewusst noch nicht. Viel eher ersuche man die Zuger Bevölkerung, sich selber einzubringen. «Wir haben unsere Idee ‹Dachwärts› vor wenigen Tagen unter Bekannten zu streuen begonnen. Bis jetzt sind die Reaktionen sehr positiv», so Grob. «Wir möchten herausspüren, was die grundsätzliche Haltung dazu ist, freuen uns jedoch auch über konkrete Ideen. Gerade im Hinblick auf die städtische Ortsplanungsrevision im Jahr 2025 könnten die Erkenntnisse nützlich sein.»

«Sollten sich innovative, realistische Lösungsansätze ergeben, müssten ein entsprechendes Betriebs- sowie ein Finanzierungskonzept und im Zuge dessen auch ein übergeordnetes Architekturkonzept erarbeitet werden», erklärt Grob.

Viele SBB-Dächer eignen sich nicht für Solarstrom

Auf die ungenutzten Perrondächer angesprochen, äussern sich die SBB wie folgt: «Die SBB prüft bereits seit 2020 bei Neubauprojekten standardmässig, ob sich diese für den Bau einer Photovoltaik-Anlage eignen.» Zudem würden laufend sämtliche Bestandsbauten auf deren Eignung überprüft. Und weiter: «Während sich Dachflächen auf Gebäuden in der Regel besonders gut eignen, gestaltet sich der Bau von Photovoltaik-Anlagen im bahnnahen Umfeld – wozu auch Perrondächer gehören – aufgrund der sicherheitstechnischen Anforderungen komplex und anspruchsvoll.»

Dadurch würden diese Bauprojekte eine mehrjährige Vorlaufzeit und gemäss Eisenbahngesetz eine Bewilligung durch das Bundesamt für Verkehr benötigen. Eine kurzzeitige Nachrüstung sei meistens nicht möglich, weil neben den Panels auch aufwändigere technischen Verkabelungen und Anlagen nötig seien, um den Solarstrom, beispielsweise bei Perrondächern, geeignet einzuspeisen.

Per Ende 2022 seien 36 Photovoltaikanlagen mit einer Gesamtfläche von 35’000 Quadratmetern auf den nutzbaren Flächen der SBB Immobilien installiert worden. Das entspreche 4,6 Gigawattstunden pro Jahr. 

Verwendete Quellen
  • Telefongespräch mit Matthias Grob
  • Website Dachwärts
  • Schriftliche Anfrage bei den SBB
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