Projekt steht, doch noch sind viele Fragen offen

Scheibenhäuser Inwil: Haben bisherige Mieter Vorrang?

Nicht alle sind begeistert von den Plänen für die Rigistrasse. (Bild: wia)

Die markanten Scheibenhäuser an der Rigistrasse in Inwil werden abgerissen und durch vier deutlich höhere Hochhäuser ersetzt. Sehr viele Betroffene lauschten der Präsentation des Richtprojekts. Auch wenn dabei die drängendsten Fragen unbeantwortet blieben.

Innerhalb der kommenden 10 bis 15 Jahre werden die markanten Scheibenhäuser an der Rigistrasse in Inwil bei Baar durch Neubauten ersetzt (zentralplus berichtete). Wie die neue Siedlung im Detail aussieht, hat die Eigentümerschaft unter der Mitwirkung der Gemeinde, der Bevölkerung und von Fachexperten im Rahmen eines Studienauftrags festgelegt.

Dass das Thema sehr viele Menschen betrifft, wird spätestens klar, wenn man das volle Bistro der Zuwebe am Mittwochabend besieht. Hier präsentieren die Verantwortlichen das Richtprojekt zum neu entstehenden Quartier.

Aus 216 werden 350 Wohnungen

Konkret sollen in mehreren Bauetappen rund 350 Wohnungen entstehen. Das sind 130 Wohnungen mehr als heute. Davon soll ein Drittel als preisgünstiger Wohnraum angeboten werden. Die heutigen vier rund 30 Meter hohen Scheibenhäuser werden durch vier schlankere Hochhäuser mit 16 und 17 Geschossen ersetzt. Deren Höhe beträgt rund 53 Meter.

In einer ersten Etappe wird das südwestlich stehende Gebäude abgerissen. Das Haus, das der Pensionskasse BVK gehört – alle anderen sind im Besitz der Pensionskasse der V-Zug – weist den marodesten Zustand auf.

Das Siegerprojekt von Studio Märkli und Christophe Girot Landschaftsarchitekten. Das Haus im Vordergrund soll zuerst errichtet werden. (Bild: zvg)

Ein Laden am Quartierrand

In dieser ersten Etappe wird auch gleich ein danebenliegender Hallenbau realisiert. «Hier könnte künftig ein Volg, Aldi oder ein Hofladen entstehen», erklärt Peter Märkli, der Architekt des Gewinnerprojekts. Ebenfalls in dieser Etappe soll zwischen den später entstehenden Hochhäusern ein «Lindenplatz» entstehen sowie ein Kindergarten respektive eine Kita.

«Wir leben in einer Gesellschaft, in der es keine für alle gültige Lebensform mehr gibt.»

Peter Märkli, Architekt

Märkli zum architektonischen Konzept: «Der Grundriss der Wohnungen wird der heutigen Lebensweise angepasst. Wir leben in einer Gesellschaft, in der es keine für alle gültige Lebensform mehr gibt. Alle haben ihre eigene Wohnvorstellungen, ihre individuelle Lebenssituation.»

Wie bereits heute sollen die Blöcke «vom Boden losgelöst» gebaut werden – sprich: das EG soll auch bei den neuen Hochhäusern durchlässig sein. Auf dieser Ebene soll ein «Empfangshüsli» mit Briefkästen und Platz für Pakete entstehen. Ausserdem werde Platz geschaffen für «die unendlich vielen Fahrräder», die man heute habe.

Wassermanagement? Für die Anwohner derzeit unwichtig

Das erste Haus, das entstehen wird, ist leicht abgedreht. Die drei weiteren Hochhäuser hingegen werden linear zueinander gebaut. Alle vier Gebäude sollen eine grünliche Fassade erhalten, so Märkli.

Eine gemäss Landschaftsarchitekt «etwas romantisierte» Visualisierung des geplanten Bachparks. (Bild: zvg)

Ein wichtiger Punkt beim Projekt ist der grosse Anteil an Freifläche. «Dadurch entsteht eine weitläufige Parklandschaft mit hochgewachsenen Bäumen und einer hohen Aufenthaltsqualität», so Märkli. Zudem sieht das Richtprojekt ein innovatives Wassermanagement und einen hohen Grünanteil mit vielfältiger Biodiversität vor.

«Heutzutage wird in neuen Quartieren mit 0,6 Parkplätzen pro Wohnung gerechnet.»

Werner Schäppi, Kommunikationsverantwortlicher des Projekts

Das Gelände entlang des Bachs soll mittels Park besser zugänglich gemacht werden. Nachhaltige Konzepte für Energie und Mobilität sollen «selbstredend» ebenfalls umgesetzt werden.

Mehr Parkplätze als üblich; aber sind es genug?

Letzteres ist eines der Themen, welche die Anwesenden deutlich mehr interessieren als innovative Retentionsbecken. Auch wenn dieses tatsächlich sehr ausgeklügelt zu sein scheint. Pro Wohnung soll künftig ein Parkplatz zur Verfügung stehen. Viel zu wenig, finden einige. Viel zu viel, finden wiederum andere. «Wir planen hier verhältnismässig viele Parkplätze. Tatsächlich werden heutzutage in neuen Quartieren 0,6 Parkplätze pro Wohnung gerechnet», erklärt Werner Schäppi, der Kommunikationsverantwortliche des Projekts.

Noch mehr als die Parkplätze jedoch sind es die elementaren Fragen, welche den heutigen Bewohnern – nach wie vor – Sorgen bereiten. Das eigene Dach über dem Kopf.

Braucht es nun mehr oder weniger Parkplätze, das ist hier die Frage. (Bild: wia)

Sorgen um die eigene Wohnsituation

Es wird etappiert gebaut. Heisst: Zuerst wird Scheibenhaus A dem Erdboden gleichgemacht. Erst dann folgt Haus B. Geplant ist demnach, dass Anwohner des Haus B ins bereits fertiggestellte Haus A einziehen, dasselbe für Anwohnerinnen der Häuser C und D bei den nachfolgenden Etappen.

Dies könnte insbesondere deshalb klappen, weil die Kapazität in den neuen Hochhäusern um einen Drittel höher ist als in den heutigen. «Nur» die 54 Mietparteien von Haus A müssen sich also theoretisch (zumindest für die Bauzeit) eine neue Bleibe an einem ganz anderen Ort suchen. Dies obwohl die Liegenschaftsbesitzer versuchen möchten, mittels eigener Immobilien zu einem Teil Abhilfe zu schaffen.

Viele Fragen, von denen einige offen bleiben

Und hier liegt die grosse Angst begraben. Wird es ein Konzept geben, wonach bisherige Mieterinnen gegenüber Auswärtigen bevorzugt werden, fragt einer der Anwesenden. Er ist nicht der einzige, den das Thema beschäftigt. Die Antwort lautet klar ja. Aber noch gibt es keine Details.

«Alle möchten nur Antworten auf drei Fragen. Bekomme ich eine Wohnung? Was für eine? Und was kostet sie?»

Bewohnerin der Scheibenhäuser

Im Rahmen der Veranstaltung konnten sich die Gäste zu Themen wie Mobilität, Architektur und geplante Umgebung äussern. Doch auch hier gab es insbesondere einen Grundtenor, den eine der Besucherinnen gegenüber den Projektverantwortlichen sehr klar zu äussern vermochte: «Niemand interessiert sich derzeit für die Umgebungsgstaltung. Alle möchten nur Antworten auf drei Fragen. Bekomme ich eine Wohnung? Was für eine? Und was kostet sie?»

Es sind allesamt Fragen, die an diesem Abend unbeantwortet bleiben respektive erst zu einem späteren Zeitpunkt beantwortet werden können.

So geht's nun weiter

Aufgrund des Richtplans soll nun erst der Bebauungsplan erarbeitet werden. Über diesen wird via Volksabstimmung entschieden. Dies gemäss dem Baarer Baudirektor Jost Arnold im Jahr 2024. Wird die Abstimmung angenommen, geht's an die Projektierung. Und erst in dieser Planungsetappe werden Kostenvorschläge erarbeitet.

Geplant ist heute, dass das erste Haus im Jahr 2026 abgerissen wird. Den Mietern wird zwölf Monate vor Baubeginn gekündigt.

Verwendete Quellen
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