Luzerner FDP-Frau fordert Massnahmen

Endlose Einsprachen: Politikerin will Abhilfe schaffen

Sibylle Boos-Braun ist die Einspracheflut – im Bild die Brache beim Luzerner Bundesplatz – ein Dorn im Auge. (Bild: zvg/kok)

Vom Baugesuch bis zur Bewilligung dauert es in der Schweiz immer länger. Nun kommt das Problem im Kanton Luzern auf den Tisch. Eine FDP-Politikerin will schnellere Prozesse.

Einsprachen werden in der Schweiz häufig auch als fünfte Landessprache bezeichnet. Zu spüren bekommen das auch in der Region Luzern immer wieder Architekten, Eigentümer und Initianten von Projekten. Die Brauerei Eichhof beispielsweise wollte vorübergehend Leben auf die Brachfläche zwischen dem Luzerner Bundesplatz und den Gleisen bringen.

Doch einige Anwohner machten nicht mit und reichten Einsprache ein. Konsequenz: Die Brauerei strich das geplante Pop-up-Village im vergangenen Mai ersatzlos (zentralplus berichtete). Ironie der Geschichte: Das eigentliche Bauprojekt, das seit Jahren auf dem Areal der Brache angedacht ist, ist ebenfalls von Einsprachen blockiert (zentralplus berichtete) – und das seit Jahren.

Andere Beispiele: Den Bau des 113 Meter hohen Pilatus-Towers in Kriens verzögerten Einsprecher um gut anderthalb Jahre. Seit vergangenem November wird nun gebaut (zentralplus berichtete). Die Überbauung Libellenhof in Luzern ist derzeit durch Einsprachen blockiert (zentralplus berichtete). Und in Weggis stellen sich Umweltverbände gegen die neue Bahn auf die Rigi (zentralplus berichtete auch hier).

Zürcher Kantonalbank warnt vor Wohnungsnot

Diese Einsprachen fallen in eine Zeit, in der die Zuwanderung in die Schweiz nach wie vor hoch ist, weswegen neue Wohnungen dringend gebraucht werden. Doch immer mehr Einsprachen verzögern solche Projekte, was mit ein Grund für die drohende Wohnungsnot im Lande und auch in der Zentralschweiz ist, wie die Zürcher Kantonalbank in einer kürzlich veröffentlichten Untersuchung aufzeigt.

Sie schrieb: «Der Neubau ist zu einem regelrechten Hürdenlauf geworden.» Vom Baugesuch bis zur Baubewilligung dauere es heute im Landesschnitt 140 Tage. Das ist gemäss der ZKB ein Plus von 67 Prozent gegenüber 2010. «Wird bei der Bautätigkeit nicht das Steuer herumgerissen, laufen wir in der Schweiz sehenden Auges in eine Wohnungsnot», lässt sich Ursina Kubli, Immobilienexpertin der Bank, zitieren.

Kantonsrätin will gegen umfangreiche Einsprachen vorgehen

Sibylle Boos-Braun will nun Abhilfe schaffen. Auf Anfrage schreibt die Luzerner FDP-Kantonsrätin: «Als Gemeindepräsidentin von Malters beschäftigt mich das Thema schon länger. Regelmässig und immer häufiger werden Bauprojekte mittels Einsprachen verzögert, auch wenn das Bauprojekt zonenkonform ist.» In einem soeben eingereichten Postulat argumentiert sie, die Einsprecher würden nicht selten das Ziel verfolgen, das Bewilligungsverfahren zu verlängern und die Realisierung der Bauvorhaben hinzuziehen.

«Durch derartige Eingaben entsteht den Gerichten unnötiger Aufwand, die Verfahrensdauer verlängert sich und die Bauprojekte sind für längere Zeit blockiert.»

Sibylle Boos-Braun, FDP-Kantonsrätin, Malters

Boos-Braun zielt mit ihrem Vorstoss vor allem auf «weitschweifige» – sprich umfangreiche – Einsprachen. Insbesondere mit Hilfe von digitalen Hilfsmitteln wachse der Umfang der Rechtsschriften stetig an, wobei oftmals nicht Entscheid-relevante Aspekte aufgeführt würden. Boos-Braun: «Die Gerichtserfahrung zeigt, dass vor allem Rechtsschriften von Privatpersonen (Laien) weitschweifig sind. Durch derartige Eingaben entsteht den Gerichten unnötiger Aufwand, die Verfahrensdauer verlängert sich und die Bauprojekte sind für längere Zeit blockiert.»

Deswegen fordert Sibylle Boos-Braun die Luzerner Regierung dazu auf, Formulare zu prüfen, damit insbesondere Laien und Privatpersonen mehr Klarheit über die Erfordernisse einer Einsprache erhalten. Die Formulare sollen eine seitenmässige Beschränkung haben. «Dadurch sollen sich die Rechtsschriften auf den Kern einer Einsprache fokussieren.»

Boos-Braun schwebt zudem vor, finanzielle Konsequenzen bei umfangreichen Einsprachen einzuführen. Andere Massnahmen wie die Einschränkung der Verfahrensdauer oder der einzuholenden Stellungnahmen seien ebenfalls denkbar. Ihr Ziel: Sie will das Einsprache- und Beschwerdewesen bei Baubewilligungen beschleunigen.

Auch Ständerätin will Einsprachen eindämmen

Es ist nicht der erste Versuch, die Einsprachenflut einzudämmen. Die Luzerner Mitte-Ständerätin Andrea Gmür forderte jüngst in einem Postulat, dass Einsprecher künftig ein «massvolles Kostenrisiko» tragen sollen (zentralplus berichtete). «Soweit sich ein betroffener Nachbar zu einem Baubewilligungs- und Nutzplanverfahren äussern möchte und Parteistellung einnimmt, ist ihm auch zuzumuten, dass er Verfahrenskosten trägt, wenn sich seine Rügen als unbegründet erweisen.»

Mit potenziellen Kosten, vermutet Gmür, würden die Einsprachen seriöser geprüft. «Dann würden Einsprachen nur noch gemacht, wenn ein Bauprojekt nicht rechtskonform ist und wenn eine Einsprache eine Chance hätte.»

Verwendete Quellen
  • Untersuchung der Zürcher Kantonalbank
  • Medienmitteilung der Zürcher Kantonalbank
  • Postulat von Sibylle Boos-Braun, Luzerner FDP-Kantonsrätin
  • Schriftlicher Austausch mit ihr
  • Medienmitteilung der FDP Kanton Luzern
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