Nicht mal die Stadt kennt sie

Das sind die Airbnb-Giganten von Luzern

In diesem Haus an der Waldstätterstrasse gab es lange Airbnb-Wohnungen – heute nicht mehr. (Bild: Archivbild 2019: jwy)

Luzern bekämpft Airbnb-Anbieter. Welche Firmen in der Branche das grosse Geld machen, weiss die Stadt aber nicht. zentralplus hat sie aufgespürt und mit ihnen gesprochen.

Es ist erschreckend: Seit Jahren wird in der Stadt Luzern über professionelle Airbnb-Anbieter gestritten. Und doch ist unklar, um wen es geht. Wer sind diese ominösen Firmen, die aus wertvollem Wohnraum profitable Apartments für Touristinnen machen? Und gegen die sich der Frust der Luzerner Stimmbürger letzten Frühling richtete?

Im März 2023 stimmten die Stadtbürger deutlich für eine Beschränkung der Branche. Die SP-Initiative «Wohnraum schützen – Airbnb regulieren» verlangt, dass Wohnungen maximal 90 Nächte pro Jahr an Personen vermietet werden, die kurzzeitig in der Stadt sind, also weniger als drei Monate. Kürzlich hat der Stadtrat einen Vorschlag zur Umsetzung vorgestellt.

Was folgte, war breite Kritik. Er habe mit dem Verbot von Kochnischen eine Hoteldefinition erfunden, bemängelte die Hotelbranche. Für viele Betriebe gehört die Vermietung von Serviced Apartments mit Küche zum Geschäft. Zu viele Schlupflöcher, kritisierten dagegen Teile der Linken. Nun muss das Reglement überarbeitet werden (zentralplus berichtete).

Nicht zur Sprache kam, wer die grössten Airbnb-Anbieter sind. Auf Anfrage schreibt eine Sprecherin der Stadt, es gebe keine «Auswertung nach Grösse der Anbieter». Auch die Initiative habe nicht zwischen Gross- und Kleinanbietern unterschieden: So lautet ihre Begründung für den blinden Fleck.

Stadt Luzern erhebt nur Airbnb-Wohnungen pro Quartier

Dabei hinkt diese Argumentation. Denn die SP-Initiative richtete sich explizit gegen Unternehmen, die Wohnungen für Ferienzwecke vermieten. Das Geschäftsmodell dieser professionellen Anbieter gefährde den Wohnraum und Zusammenhalt in den Quartieren, warnte das Komitee (zentralplus berichtete).

Zu wissen, welche Giganten auf dem Luzerner Airbnb-Markt mitmischen, und wie viel Wohnraum ihnen gehört, wäre daher im Sinne der Initiative wichtig. Nur so lassen sich Regeln passgerecht formulieren. Die Stadt weiss hingegen nur, wie viele Prozent des Wohnraums in den Quartieren kurzzeitvermietet sind. Schlauer wird man aus den Zahlen nicht.

Auch Airbnb kann oder will nicht sagen, wer Luzerns Airbnb-Giganten sind. Eine Sprecherin schreibt, 90 Prozent der Anbieter im Kanton Luzern besässen nur eine Unterkunft. Im Schnitt würden sie damit 5200 Franken pro Jahr verdienen (zentralplus berichtete). Wem die übrigen 10 Prozent Airbnb-Wohnungen gehören, lässt sie offen.

Grosse Airbnb-Firma ist pleite gegangen

Noch im Jahr 2019 lagen die Fakten offen auf dem Tisch. Damals erklärte die Stadt, vier der grössten Airbnb-Anbieter in Luzern seien «Keyforge», «EasyLiving», «Apartments Hofquartier» und «Apartments Hitrental». Ihre Chefs kündigten an, einen Branchenverband zu gründen (zentralplus berichtete).

Dazu ist es nie gekommen. Ein Blick ins Handelsregister verrät ausserdem, dass es die Firma Keyforge nicht mehr gibt. Sie vermietete 40 Wohnungen in der Stadt, bis ihr die Coronapandemie das Genick brach. Nach einem Rechtsstreit mit der Eigentümerin sind ihre Apartments an der Waldstätterstrasse 8 und 10 jetzt wieder regulär vermietet, wie mehrere Quellen bestätigen.

Immer noch im Geschäft sind die übrigen drei Firmen. «Apartments Hitrental» vermietet rund 80 Wohnungen, unter anderem in der Altstadt und in den Allmend-Hochhäusern. «EasyLiving» betreibt Apartments an der Lindenstrasse und an weiteren Orten. Beide Anbieter richten sich auch an Touristen. Auf eine Anfrage haben sie nicht reagiert.   

Rund 80 Apartments an der Hofstrasse

Einer der heute grössten Anbieter ist «Glandon Apartments». Das Unternehmen agiert schweizweit, in Luzern vermietet es rund 100 Wohnungen an vier Standorten. Allein in der Hofstrasse bietet die Firma in zwei Häusern 77 möblierte Apartments an, in der parallelen Stadthofstrasse betreibt sie ein Guesthouse mit 21 Zimmern.

Kurzzeitvermietungen wie im Guesthouse seien nur temporäre Massnahmen, bis ein Haus gesamthaft vermietet werden kann, erklärt CEO Severin Glanzmann am Telefon. Seit Corona bietet «Glandon Apartments» einige seiner Apartments auch direkt auf der Website von Airbnb an – um «Leerstände zu bewirtschaften».

Eines der Apartmenthäuser von «Glandon Apartments» an der Hofstrasse. (Bild: Glandon Apartments)

Das Hauptgeschäft des Unternehmens sind Vermietungen von einem Monat und mehr. «Wir schaffen Wohnraum in Luzern», sagt Glanzmann. Zu seinen Kunden zählen Ausländer, die noch keine feste Wohnung haben, oder Luzerner, die wegen eines Umbaus eine Bleibe suchen. «Flexible Wohnlösungen sind ein grosses Bedürfnis in der heutigen Zeit.»

Inwiefern sein Geschäftsmodell unter das neue Airbnb-Reglement fällt, ist dem CEO nicht ganz klar. Er versteht das so: «Wenn Personen ein bis zwei Monate bei uns leben, bevor sie eine feste Bleibe in Luzern finden, sind sie nicht kurzzeitig in der Stadt und sollten nicht unter die Regelung fallen.» Er denkt, dass Glandons Geschäft nur geringfügig betroffen sein wird.

Diese Firma bietet Apartments für Expats an

Ein ähnliches Geschäftsmodell wie Glandon verfolgt auch «Smart Apartments». Das Unternehmen vermietet 40 möblierte Wohnungen in Luzern und weitere 140 in Zug und Zürich. Sein Firmenname sei bereits in einem Satz mit der Airbnb-Initiative in den Medien genannt worden, erzählt Geschäftsführer Etienne Wider. Zu Unrecht, wie er findet.

«Wir wissen gar nicht, ob wir von der Regelung betroffen sind.»

Etienne Wider, Geschäftsführer «Smart Apartments»

«Unser Angebot richtet sich vor allem an Expats, die für ein längeres Projekt in die Schweiz kommen oder ganz in die Schweiz migrieren», sagt Etienne Wider. Ob er das neue Reglement fürchtet? «Wir wissen gar nicht, ob wir von der Regelung betroffen sind», sagt Wider. Seine Firma arbeite direkt mit Firmen und Relocation-Agenturen zusammen und richte ihr Angebot nicht an Touristen.

Betrieb mit Serviced Apartments nennt sich «Hotelbetrieb»

Einen anderen Kurs verfolgt Christian Moser, Geschäftsleiter bei «Apartments Hofquartier», die vierte Firma, die 2019 von der Stadt genannt wurde. Der Betrieb an der Dreilindenstrasse bietet 26 Wohnungen mit Kochnischen an, die man ab drei Nächten buchen kann. Am Telefon nennt der diplomierte Hotelier sein Unternehmen einen «Hotelbetrieb».

«Apartments Hofquartier»
Blick in eine 2-Zimmer-Wohnung des Betriebs. (Bild: Apartments Hofquartier)

Aus zwei Gründen sei er kein Airbnb-Anbieter. Erstens vermiete er die Serviced Apartments meist über Booking.com. Ausserdem hätten Airbnb-Wohnungen keinen Service. Er aber biete persönliche Betreuung inklusive Reception an. Ein Hotelbetreiber nach Definition ist er aber auch nicht. «Dafür fehlt uns das Restaurant», sagt der Geschäftsleiter.

Unsicherheit unter den Airbnb-Anbietern der Stadt Luzern

Zu den Giganten kommen viele kleinere Apartment-Anbieter. Zum Beispiel «Liv Suites» am Schlossberg mit Ferienwohnungen und Langzeitvermietungen oder «Galaxy Apartments» an der Gibraltarstrasse. Tatsache ist, dass bei allen Apartment-Firmen, mit denen zentralplus sprechen konnte, grosse Unsicherheit herrscht.

Severin Glanzmann von «Glandon Apartments» bringt es auf den Punkt: «Viele Leute in der Branche fragen sich, ob sie unter das Reglement fallen. Wir befürworten neue Regeln. Aber man kann uns nicht alle in einen Topf schmeissen.» Schön wäre es, wenn die Stadt Anbieter stärker einbeziehen würde.

Für ein Reglement, das Wohnraum schützt und flexible Wohnlösungen zulässt, wäre dieser Austausch sicher nicht unklug. Derweil ist bei den Anbietern noch keine Furcht ausgebrochen. Vielleicht weil die Stadt eine fünfjährige Übergangsfrist definiert hat, in der sich nichts ändert? Einzig im Falken-Hotel ist man bereits aktiv geworden: Geplant waren Airbnb-Wohnungen über dem Haus – nun werden es Wohnstudios (zentralplus berichtete).

Verwendete Quellen
  • Reglement über die Kurzzeitvermietung in der Stadt Luzern
  • Mitteilung der Stadt Luzern zur Umsetzung der Initiative «Wohnraum schützen – Airbnb regulieren»
  • Schriftlicher Austausch mit der Stadt Luzern, Airbnb und diversen Airbnb-Anbietern in der Stadt Luzern
  • Telefonat mit Christian Moser, Geschäftsleiter bei «Apartments Hofquartier»
  • Telefonat mit Etienne Wider, Geschäftsführer von «Smart Apartments»
  • Telefonat mit Severin Glanzmann, CEO «Glandon Apartments»
  • Website von «Glandon Apartments»
  • Weitere telefonische Abklärungen
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4 Kommentare
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    RUEDI HESS, 27.04.2024, 09:28 Uhr

    Traue keinen Statistiken, die Du nicht selbst ge/verfälscht hast. HITrental/HITapartments betreibt 48 Apartments, in der Allmend, die 2012 als solche gebaut und bewilligt wurden. Diese werden nun nach 12 Jahren angefgriffen. Das leerstehende und verfallende Hotel Schiff wurde 2014 umgebaut, da betreibt die HITrental weitere 25 Apartments. Am Marktplatz in den Metzgeren Gebäude sind die Räumlichkeiten seit 20 Jahren als Hotelapartments genutzt. Da betreibt HITrental 10 Apartments. Es ist absurd, dass diese Räumlichkeiten- Nutzung und die Firma HITrental AG Luzern, angeprangert werden. Man hat keinen m2 Wohnraum verhindert, sondern geschaffen. Warum beschliesst man nicht eine Besitzstand Garantie ohne neue, weitere Bwelligungen

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    Peter, 25.04.2024, 07:22 Uhr

    Das sind ja richtige Giganten… Spannend zu sehen das mit so kleinen Unternehmen Politik gemacht wird. Das Volk wird hier mit vielen Lügen und Polemik zugedeckt. Ein Anbieter ist sogar konkurs und der andere vermietet gar nicht auf airbnb. Gute Ablenkung vom eigendlichen Problem – Wohnungsnot!

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    Baldo, 24.04.2024, 10:24 Uhr

    Man kann es drehen wie man will, der Wohnungssuchende der eine bezahlbare Wohnung in dieser Stadt sucht, bleibt einfach auf der Strecke, nur weil gewisse Leute, nicht der Hals voll kriegen.
    Solange es kein Wohnungsüberschuss gibt, sollte es auch kein B&B geben.

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    Carlo Frischknecht, 24.04.2024, 09:18 Uhr

    Wäre die einfachste Regelung nicht, dass die maximale Vermietquote nur z.B, 0,9% pro Quartier betragen soll? Was soll die ganze Regelungswut.
    Insgesamt sind Mietpreise der grösste Faktor bei der Umverteilung von unten nach oben. Die Verpflichtung den Wohnungsmarkt so zu gestalten, dass genügend günstiger Wohnraum zu Verfügung steht, sollte jede politische Gruppierung umtreiben.

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