Baugenossenschaft

Alternatives Wohnprojekt in Zug gerät unter Druck

Das Grundstück an der Zugerbergstrasse 6 bis 10. (Bild: zvg)

Die zuständige Bau- und Planungskommission will der Genossenschaft «W’Alter» für ihr Projekt an der Zugerbergstrasse härtere Bedingungen stellen. Die Präsidentin von «W'Alter» bleibt gelassen.

An der Zugerbergstrasse in Zug sollen günstige Wohnungen entstehen. Das ist der Wunsch der Stadt Zug. Die gemeinnützige Wohnbaugenossenschaft «W’Alter» hat für diesen Auftrag den Zuschlag erhalten (zentralplus berichtete).

Nun hat die Bau- und Planungskommission des Grossen Gemeinderates den Baurechtsvertrag unter die Lupe genommen. Für die Kommission ist der Vertrag zu lasch. Die Genossenschaft bekommt das Grundstück zur Hälfte des Marktwerts – jetzt soll die Stadt mehr Kontrolle über das Projekt behalten.

Wohnen mit Jung und Alt

Die Wohnbaugenossenschaft plant Kleinwohnungen und sogenannte Clusterwohnungen. Diese sind offener gestaltet als reguläre Wohnungen. Bewohnerinnen haben ihr eigenes Zimmer mit Bad und eventuell Küche. Wohnzimmer im herkömmlichen Sinn gibt es jedoch nicht. Dafür gibts Gemeinschaftsräume, in welchen sich die Bewohner durchmischen sollen.

Ziel von «W’Alter» ist es, dass sich die Wohngemeinschaft selbst verwaltet. Teil der Gemeinschaft sollen ältere Menschen sein, aber auch Familien mit Kindern und Jugendlichen. Die Genossenschaft strebt eine demografisch möglichst vielfältige Bewohnerschaft an. Im Kern des Projekts steht die Förderung des sozialen Miteinanders. Ein Ausschuss soll die potenziellen Mieter auswählen.

Eine Notbremse solls geben

Die erste zusätzliche Klausel, welche die Bau- und Planungskommission im Baurechtsvertrag wissen möchte, betrifft den Fall, dass das Projekt nicht vorankommt. Sollte «W’Alter» nicht binnen acht Jahren der Vertragsunterzeichnung eine rechtskräftige Baubewilligung vorlegen können, soll die Stadt aus dem Vertrag austreten können.

Hier an der Zugerbergstrasse 6 bis 10 ist das Projekt geplant:

Die Kommission begründet den Antrag damit, dass die Stadt eine Reissleine haben sollte, wenn das Projekt feststeckt. In den Augen der Kommission ist die Klausel berechtigt, da sie den Vertrag nicht automatisch beendet – aber die Möglichkeit dazu bietet.

Wohnungen müssen ausgelastet sein

Die zweite verlangte Bedingung betrifft die Mindestanzahl von Personen in einer Wohnung. Die Kommission will verhindern, dass ein Mieter in einer zu grossen Wohnung ist: Pro Wohnung soll die Zahl an Mieterinnen nicht tiefer sein als die Anzahl Zimmer minus eins.

Im Bericht und Antrag ist die Klausel damit begründet, dass die Stadt sonst nach Abschluss des Vertrags keine Handhabe darüber mehr hätte, wie die Wohnungen genutzt würden. Die Regel soll verhindern, dass eine einzelne Person beispielsweise eine 3-Zimmer-Wohnung belegt.

«Zuger first»

Die dritte Zusatzbedingung verlangt, dass bei der Vermietung jene Menschen prioritär behandelt werden, welche schon länger in der Gemeinde Zug wohnen. Bei der Abstimmung über diese Klausel war die Kommission verhältnismässig uneins, wie aus dem Bericht hervorgeht. Da der Grosse Gemeinderat das Anliegen bei der Diskussion über die Vorlage nochmals behandeln wird, entschied sich die Kommission aber dennoch für die Extraklausel.

«An diesem Standort gewohnte Familienwohnungen zu machen, wäre eine verpasste Chance gewesen.»

Bericht und Antrag der Bau- und Planungskommission des Grossen Gemeinderates der Stadt Zug

Ein Mitglied der Kommission gab zu bedenken, dass diese Klausel die Umsetzung des Wohnkonzepts von «W’Alter» verkomplizieren könnte. Dies, weil einer Person aus Zug im Auswahlverfahren allenfalls der Vorzug gegeben werden müsste, obwohl eine andere Bewerberin besser in die Wohngemeinschaft passen würde.

«W'Alter» ist von Extraklauseln nicht überrumpelt

Für Susanne Giger, Präsidentin der Wohnbaugenossenschaft, kommen die beantragten Extraklauseln im Grossen und Ganzen nicht überraschend. «Dass wir nach Vertragsschluss innerhalb von acht Jahren eine Baubewilligung haben müssen, wussten wir bereits.»

Gleichfalls unproblematisch beurteilt sie die Bedingung betreffs der Mindestanzahl von Personen pro Wohnung. Dies sei eine gängige Handhabe, die auch andere Genossenschaften befolgten. «Es ist in unserem Interesse, dass die Wohnungen nicht unterbelegt sind», sagt Giger.

In Übereinstimmung mit Grundrechten?

Schwieriger findet sie die «Zuger first»-Klausel. Zum einen, weil sie anzweifelt, dass diese mit dem Grundrecht in Einklang stehen würde. Zum anderen, weil die Klausel sich nur auf Stadtzugerinnen bezieht, die eine prioritäre Behandlung erhalten sollen.

Im Übrigen stellt sich Giger die Frage, was für Auswirkungen die Klausel auf Personen haben könnte, welche in Zug keine Wohnung gefunden haben, deshalb an einen anderen Ort gezogen sind und nun zurückkommen möchten. «Wenn solchen Personen aufgrund solcher Umstände ein Nachteil zukommt, ergibt das wenig Sinn», erklärt Giger.

Die Präsidentin von «W’Alter» betont letztlich: «Wir sind gespannt darauf, wie sich der Grosse Gemeinderat über die Vorlage beraten wird und hoffen darauf, dass dessen Entscheid in unserem Sinn ist.»

Baurecht geht wahrscheinlich unter Wert weg

Das Konzept, das «W’Alter» vorschwebt, gefällt der Stadt Zug, wie im Bericht und Antrag festgehalten wird. Es sei denn auch der Hauptgrund dafür gewesen, den Zuschlag an die Genossenschaft zu geben. «An diesem Standort gewohnte Familienwohnungen zu machen, wäre eine verpasste Chance gewesen», heisst es im Bericht.

Die Stadt lässt es sich einiges kosten, der Idee von «W’Alter» eine Chance zu geben. Das Grundstück an der Zugerbergstrasse ist eigentlich mit einem Wert von knapp 4,1 Millionen Franken im Finanzvermögen bilanziert. Die Genossenschaft bekommt das Land und die Bestandsbauten gemäss dem nun diskutierten Baurechtsvertrag für 2,1 Millionen Franken. Also mit einem Rabatt von gut 50 Prozent (zentralplus berichtete).

Der Grosse Gemeinderat berät sich voraussichtlich am 27. August über die Vorlage zum Baurechtsvertrag.

Der Artikel wurde mit einer Stellungnahme von Susanne Giger ergänzt.

Verwendete Quellen
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