Kanton will Güterverkehr verändern

Warum Luzern kaum Güterzüge hat – dafür Tausende LKW

Neun von zehn Tonnen Gütern werden in Lastwagen transportiert. (Bild: Adobe Stock)

Lastwagen dominieren den Güterverkehr im Kanton Luzern. Mit negativen Folgen für Anwohner und Umwelt. Ein neues Konzept soll das Problem angehen – doch das Potenzial ist gering.

Pakete auf der Schiene und nicht im LKW auf der Autobahn transportieren: Die augenscheinlich beste Lösung gegen klimaschädliche und lärmige Lastwagen klingt so leicht, dass man sich wundert, warum nicht ganze Reihen von Güterzügen täglich an den Bahnhöfen abladen.

Tatsächlich ist die Schweiz und insbesondere der Kanton Luzern von diesem Wunschbild weit entfernt. Und sogar in der Gegenrichtung unterwegs: Zwischen 2010 und 2018 stieg der Güterverkehr im Kanton Luzern um 15 Prozent. Dabei legten Transporte im Lastwagen mit 16 Prozent dreimal stärker zu als jene auf der Schiene, wie der Kanton in einem neuen Bericht aufzeigt.

Luzerns Güterverkehr wird von LKW dominiert

Die Folge ist ein krasses Missverhältnis: Weniger als ein Zehntel der transportierten Tonnen in Luzern landen in Güterzügen, 90 Prozent dagegen im LKW. Schuld ist vor allem die Zunahme im Onlinehandel: Kleine Pakete und viel Versandtätigkeit machen den LKW als Transportmittel attraktiv.

Und zwar sowohl für die «letzte Meile» zu den Kundinnen als auch für den Transport auf den Autobahnen, wie eine Grafik des Kantons zeigt.

Auch die Lage von Luzern trägt zum Schnitt bei: Wegen der Autobahn A2 gibt es viel Durchgangsverkehr auf der Strasse – jede sechste Tonne durchquert den Kanton lediglich. Der Nord-Süd-Transitverkehr auf der Schiene verläuft dagegen in den Kantonen Zug und Schwyz. Ausserdem wird die Luzerner Bevölkerung durch nahe Logistikzentren in Aargau und Solothurn beliefert.

Alle diese Erklärungen präsentiert der Kanton Luzern in seinem Konzeptbericht zum Güterverkehrs- und Logistikkonzept. Die 120-seitige Analyse nennt Stossrichtungen, die der Kanton bis 2040 umsetzen will, damit der Güterverkehr effizienter und verträglicher wird. Messbare Ziele sucht man allerdings vergebens.

Mit dem Onlinehandel wächst auch der Verkehr

Mit dem Plan, im Güterverkehr aktiv zu werden, betritt Luzern Neuland, denn dieser ist national und international geregelt. Warum sich Luzern einmischt? Wegen der wachsenden Bevölkerung und der steigenden Nachfrage im Versandhandel wird der Transport von Waren und Paketen weiter zunehmen (zentralplus berichtete).

Der Paketeboom ist noch auf Lastwagentransporte angewiesen. (Bild: Symbolbild: Unsplash/Claudio Schwarz)

Bis ins Jahr 2040 rechnet der Kanton mit einem Plus von 30 Prozent im Güterverkehr. Beim heutigen Verhältnis Strasse zu Schiene wären die Folge Tausende neue LKW-Fahrten pro Jahr, die Umwelt und Anwohnerinnen belasten. Vor allem die Agglomeration Luzern und die Region Sursee wären davon betroffen. Dagegen hat der Kanton Folgendes vor:

Eine Anlaufstelle und City-Logistik sind geplant

Eine Anlauf- und Koordinationsstelle für Güterverkehr und Logistik einrichten. Strategisch wichtige Orte sichern, damit Güterverkehrsanlagen und Logistikzentren gebaut werden können. Eine City-Logistik entwickeln, mit Umschlagstellen, Aufgabe- und Abholstationen. Die Fruttstrasse am Bahnhof Luzern sei als Standort bereits im Gespräch gewesen, heisst es in dem Bericht.

Denn: Vom LKW kommt der Güterverkehr bis 2040 nicht weg. Zu wichtig sind der Schwerverkehr auf den Autobahnen und die Kleinlastwagen in den Städten, um das Bedürfnis nach Expresslieferung zu bedienen.

Das Potenzial von Güterzügen ist begrenzt

Auf der Schiene werden stattdessen vor allem Baustoffe, Aushub, Abfälle und landwirtschaftliche Produkte auf langen Strecken transportiert, wie der Bericht zeigt. Sieben Bahnhöfe im Kanton Luzern fertigen drei Viertel dieser Waren ab. Dies sind Rothenburg, Emmenbrücke, Gettnau, Luzern, Menznau, Gisikon-Root und Zell.

Bahnhof Luzern
Ein einsamer Güterzug am Bahnhof Luzern. (Bild: zvg)

Mit einem Anteil von 8,6 Prozent Schiene im Güterverkehr liegt Luzern rund ein Prozent unter dem schweizerischen Mittelwert, wie der Bericht feststellt. Die Kantone Thurgau, Zürich und St. Gallen haben zum Beispiel zweistellige Werte. Der Grossteil des Schienengütertransports ist zudem international ausgerichtet.

Ob Güterzüge in Luzern nun zunehmen werden? Nur wenig, wie sich zeigt. Obwohl der Kanton plant, die Schiene als Transportweg für Waren zu fördern, rechnet er bis 2040 nur mit einer Erhöhung des Bahnanteils auf 10 Prozent. Die Feinverteilung der wachsenden Paketmengen ist auf der Schiene nicht möglich. Ausserdem bleibt Luzern für LKW wegen der obengenannten Gründe attraktiv.

Cargo Sous Terrain kann den Gütertransport verbessern

Stattdessen setzt der Kanton auf Zukunftstechnologien, damit der Strassenverkehr verträglicher wird: elektrische Lastwagen und solche mit Wasserstoffantrieb zum Beispiel. «Mit einer vollständigen Automatisierung des Strassengüterverkehrs ist aber erst weit nach 2030 zu rechnen», vermutet der Kanton.

Auch Cargo Sous Terrain (CST), ein geplantes Netz von Transportröhren quer durchs Land, wird im Bericht aus Luzern optimistisch erwähnt. Der unterirdische Transport, der von einer Aktiengesellschaft mit Sitz in Basel realisiert werden soll, könnte Strassen entlasten (zentralplus berichtete).

Das Projekt Cargo Sous Terrain möchte die Güterverteilung revolutionieren. (Bild: zvg)

Bei den Hubs sei allerdings eine Mehrbelastung zu erwarten, da die Pakete mit Lastwagen weiter transportiert werden müssten. Kürzlich wurde bekannt, dass sich der Bau eines ersten Tunnels von Genf bis zum Bodensee auf unbestimmte Zeit verzögert. Ursprünglich war die Fertigstellung auf 2031 angesetzt.

Durchgangsbahnhof Luzern kann Güterzüge attraktiver machen

Zuletzt findet auch der Durchgangsbahnhof Luzern (DBL) Erwähnung. Denn er könnte zum Heilsbringer für den Güterverkehr auf der Schiene werden. Da die Spitzkehre am Kopfbahnhof Luzern mit dem DBL entfalle, seien effiziente Güterverbindungen ins Tessin möglich. Heute gibt es diese kaum.

Der Kanton plant nun, den Gütertransport in der Planung für das Luzerner Jahrhundertprojekt zu berücksichtigen, da das «Potenzial einer direkten Südverbindung» hoch sei. Waren und Güter künftig also von Luzern nach Lugano mit dem Zug schicken? Wünschenswert wäre das. Nicht nur gegen den Stau auf der Gotthardstrecke, sondern auch für den Naturschutz im Alpenraum.

Verwendete Quellen
  • Medienmitteilung des Kantons zur Entwicklung des Güterverkehrs
  • zentralplus Medienarchiv zu Güterverkehr Luzern
  • Artikel im SRF zu Cargo Sous Terrain
  • Daten des Bundesamts für Statistik zu Güterverkehr in der Schweiz
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