zentralplus schwingt sich auf den Sattel

Veloweg Zug-Walchwil: Das sind die gefährlichsten Stellen

Noch und nöcher passieren in Walchwil Autofahrerinnen die Sicherheitslinie, um Velos zu überholen. (Bild: wia)

Für Velofahrer soll die Artherstrasse zwischen Zug und Walchwil sicherer werden. Doch wie schlimm ist die Situation heute tatsächlich? Der Selbsttest zeigt: Von feudal bis ziemlich ungemütlich ist alles dabei.

Die Velotour um den Zugersee dient als netter Schulausflug, Feierabendroute oder Familienprogramm für laue Sommertage. Selbst unsportliche Zuger Zeitgenossen haben ihren Haussee mindestens einmal in ihrem Leben mit dem Göppel umrundet, das gehört beinah zum guten Ton eines jeden Zugers.

Doch auch wenn die Aussicht fast überall famos ist und der Blick auf die Rigi gewaltig, so ist die Route doch nicht ohne Tücken. Insbesondere der Abschnitt Zug bis und mit Walchwil hat es in sich. Velofahrerinnen müssen teils die Fahrbahn überqueren, um auf den Veloweg zu gelangen. Es gilt, Hindernisse zu umschiffen, Fussgängern Platz zu lassen und hier und dort müssen Velofahrer die Fahrbahn auch mit Autos teilen. Dies insbesondere an engen, unüberschaubaren Stellen. Der Kanton hat das Problem erkannt und ein Konzept erarbeitet, um den 9,5 Kilometer langen Strassenabschnitt zwischen Zug und der Kantonsgrenze von Schwyz zu verbessern (zentralplus berichtete).

Doch wie schlimm ist die Situation wirklich? Das wollte zentralplus wissen und schwang sich bei Feierabendverkehr auf den Sattel.

Als Velofahrerin fühlt man sich oft eher geduldet als willkommen

Zunächst führt die Reise von Baar durch die Stadt Zug, um überhaupt erst zum besagten Streckenabschnitt zu gelangen. Das Velofahren in der Stadt zu Stosszeiten braucht Erfahrung, Voraussicht und auch etwas Mumm. Das Gute: Kennt man sich aus, lassen sich gefährliche Kreuzungen relativ gut umschiffen.

Über die Grabenstrasse, auf der gerade Bauarbeiten stattfinden, gehts in Richtung Artherstrasse, vorbei am Casino in Richtung Süden. Hier gibt es einen grosszügigen Velostreifen, der bei der Ampel beim alten Kantonsspital in einen separaten Velo- und Fussgängerweg mündet. «Velo gestattet», heisst es unter einem Fussgängerschild. Nicht willkommen, nicht erwünscht –aber immerhin geduldet. Tolle Sache. Für Velos, die aus der entgegengesetzten Richtung kommen, ist das etwas weniger toll, denn sie müssen hier, um auf die rechte Fahrbahn zu gelangen, die Hauptstrasse queren.

Beim alten Kantonsspital in Zug gilt es, als Velofahrer die Hauptstrasse zu queren. (Bild: wia)

Bis Oberwil bleibt der Veloweg auf dem Trottoir. Das ist, weil wenig Langsamverkehr unterwegs ist, entspannt und erlaubt es, während der Fahrt den glitzernden See und die Taucherli zu bestaunen. Beim Fridbach gilt es aufzupassen, um keine Autos zu übersehen, die aus den Ausfahrten herauskommen. Zudem führt das Trottoir an einer Stelle um einen Baum herum. Aber immerhin: Der Feierabendverkehr stellt hier keine Bedrohung dar.

Vielen Gümmelern scheint diese Bedrohung jedoch egal zu sein. Sie ziehen die Strasse dem etwas holprigeren Trottoir vor. Keine Zeit, Bäume zu umkurven. So gehts schneller zum Panache.

Obacht, Gastrotafel im Weg

Die getrennte Fahrbahn findet in Oberwil ein Ende. Der Veloweg mündet in die Hauptstrasse. Da der Verkehr im Dorf jedoch überschaubar ist, ist das auch ohne Velostreifen kein grosses Problem. Südlich von Oberwil wird die Strasse breiter, ein Velostreifen ist eingezeichnet. Fussgängerinnen gehen auf einem durch eine Böschung getrennten Weg, der für Velos tabu ist. Kurz vor der Badi Trubikon gehts erneut legal aufs Trottoir, wo es zunächst gilt, die Tafel zu umschiffen, die kundtut, dass das «Seebeizli geöffnet» ist. Noch gibts kein Panache.

Immer weiter führt der Veloweg auf dem Trottoir in Richtung Süden, nach Walchwil, wo das Pièce de Resistance dieser Velostrecke zu finden ist. Übrigens: Nur auf 500 Metern der 9,5 Kilometer langen Strecke zwischen Casino und Kantonsgrenze gibt es einen kombinierten Fuss-/Radweg, der mindestens 3,50 Meter breit ist. Nur diesem Abschnitt wurde vom Tiefbauamt die Definition «zukunftstaugliche Radinfrastruktur» attestiert.

Immer schön vorausschauen, das gilt auch in diesem Fall. (Bild: wia)

Zurück nach Walchwil, wo der englische Akzent zwar generell breiter, die Strassen hingegen offenbar schmaler werden. Am Ortseingang von Walchwil werden Velos vom Trottoir wegkomplementiert, hier geht's wieder auf die Strasse. Kein Velostreifen, dafür Autos, die mit 50 km/h vorbei blochen, wenn sie sich überhaupt trauen.

Besonders unangenehm ist die Situation auf der Sagenbrugg. Die Strasse ist schmal, die Mittellinie durchgehend. Um Velos zu überholen, überfahren Autos die Sicherheitslinie oft. Auch etwas weiter südlich ist die Situation für Velos unangenehm. Es ist eng und durch Kurven, Gebäude, Mauern und Hecken etwas unübersichtlich. Hinter den Velos stauen sich teilweise mehrere Autos, da gerade bei Gegenverkehr ein Überholen unmöglich ist. Unangenehm bleibt die Situation bis zur Kantonsgrenze.

Im unübersichtlichen Walchwil auf der Strasse zu fahren ist unangenehm. Insbesondere bei hohem Verkehrsaufkommen. (Bild: wia)

Unfälle an sehr spezifischen Stellen

Das Sicherheitsgefühl widerspiegelt nur bedingt die tatsächliche Gefahr. Zwar kamen in den letzten zehn Jahren durchaus Unfälle im Bereich Walchwil vor. Doch an weniger oder nicht besiedelten Stellen scheint die Gefahr deutlich grösser zu sein. So etwa im Gebiet Murpfli. Dort geht es südwärts bergab. Hier teilen Velofahrerinnen die Fahrbahn «nur» mit Fussgängern und entgegenkommenden Fahrrädern, dennoch kam es in den letzten zehn Jahren zu rund zehn Unfällen.

Hier im Gebiet Murpfli ereignen sich auffällig viele Unfälle. (Bild: Google Maps)

Ein weiterer Unfall-Hotspot liegt beim Tauch- und Badeplatz «Zigüünerplätzli» nördlich von Walchwil. Auf einer Strecke von nur 20 Metern ereigneten sich in den letzten zehn Jahren fünf Unfälle. Auch an dieser Stelle fahren Velos auf dem Trottoir.

Auch am südlichen Ortsende Oberwils, in der nähe des Tauchplatzes Rigiblick, kam es in den letzten Jahren auf einem kurzen Abschnitt zu vier Unfällen, bei denen Velos beteiligt waren.

Walchwil ist eine velotechnische Knacknuss

Weil es auf besagter Artherstrasse also so einige Schwachpunkte gibt, plant der Kanton zwischen Zug und Walchwil verschiedene Massnahmen, die Strecke für Velofahrer sicherer zu machen. Bloss: Dort, wo sie sich zumindest subjektiv am unsichersten präsentiert, nämlich im Dorf Walchwil, ist sie am schwierigsten zu beheben. Baudirektor Florian Weber (FDP) dazu: «Im 1,4 Kilometer langen Abschnitt ‹Löffler bis zur Bushaltestelle Lido› – zeigen sich viele Engstellen im Strassenraum, bei welchen bei der bestehenden Strasseninfrastruktur auch ohne Radinfrastruktur sowohl die nach Normen geforderten Fahrbahnbreiten als auch die Trottoirbreiten bereits heute nicht eingehalten werden.»

Heisst: «Die Einführung einer sinnvollen Radinfrastruktur würde aufgrund der vorherrschenden Platzverhältnisse den Abbruch von Bauten bedingen.» Aus diesem Grund sei auf diesem Abschnitt Mischverkehr vorgesehen. Erst etwas südlicher, ab der Bushaltestelle Lido und bis zur Kantonsgrenze Schwyz, soll bis 2030 ein 3,5 Meter breiter Fuss-/Radweg gebaut werden. Abstimmungssitzungen mit dem Kanton Schwyz hätten zudem ergeben, dass auch auf der Schwyzer Seite ein seeseitiger Fuss-/Radweg entstehen soll.

Tempo 30 in Walchwil? Baudirektor ist wenig begeistert

Eine Idee steht im Raum, in Walchwil innerorts Tempo 40 und punktuell Tempo 30 einzuführen. Diese Anpassung würde auch Victor Zoller, Präsident von Pro Velo Zug, begrüssen.

Der Zuger Baudirektor steht diesem Vorschlag hingegen skeptisch gegenüber. Bei genauer Betrachtung werde ersichtlich, «dass für die Umsetzung der genannten Lösungsansätze Mehrbreiten von 2,0 bis 4,6 Meter benötigt würden. Auch hier wäre demnach der Abbruch von Bauten Voraussetzung für die Einführung einer Radinfrastruktur.»

Weber weiter: «Fahrversuche des Kompetenzzentrums Fuss- und Veloverkehr der Ostschweizer Fachhochschule in Walchwil haben gezeigt, dass die gegenseitige Rücksichtnahme zwischen den Verkehrsteilnehmenden grundsätzlich funktioniert.» Grundsätzlich gelte auf Kantonsstrassen innerorts Tempo 50, um den Verkehrsfluss zu wahren und die Fahrplanstabilität des öffentlichen Verkehrs zu gewährleisten.

Pro Velo fordert separaten Fuss- und Veloweg

Ein besonderes Augenmerk will der Kanton neben der Strecke zwischen Walchwil Lido und der Kantonsgrenze Schwyz auch auf den 1,7 Kilometer langen Abschnitt «Casino Zug bis Oberwil» legen. Die Radinfrastruktur dort soll bis 2029 fertiggestellt sein. «In diesem Abschnitt werden künftig die höchsten Frequenzen an Radfahrenden erwartet», sagt Florian Weber.

Ein weiterer Punkt, der Victor Zoller, dem Vertreter von Pro Velo, wichtig ist: «Die heute bestehenden Probleme mit den strassenquerenden Seitenwechseln bei der Mänibachstrasse und am Ausgang Oberwil werden gelöst.» Zum Konzept per se sagt er: «Die Sicherheit der Velofahrenden wird mehrheitlich erhöht, aber stellenweise nicht besser.» Die Maximalforderung von Pro Velo für einen separaten Fuss-/Veloweg auf dem Trottoir bleibe bestehen und sei gemäss Zoller möglich.

Derzeit läuft die Vernehmlassungsphase zum Velokonzept Artherstrasse. «Wir sind vom Kanton zur Diskussion des Konzepts Radführung Artherstrasse eingeladen und werden diese gerne annehmen und unsere Forderungen deponieren.»

Verwendete Quellen
  • Streckenabfahrt und Beobachtung der Gefahrenstellen
  • Telefonischer und schriftlicher Austausch mit Victor Zoller
  • Schriftlicher Austausch mit der Zuger Baudirektion
  • Unfallkarte des Bundes
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