Inklusion oder Verkehrsfluss?

Um diese Bushaltestelle zankt sich die Horwer Politik

Für eine behindertengerechte Bushaltebucht fehle am Standort Waldegg der Platz, findet der Horwer Gemeinderat. (Bild: Archivbild: ewi)

Horw wollte die Bushaltestelle Waldegg barrierefrei umbauen. Nach einer Petition der FDP legte die Gemeinde die Pläne vorerst wieder in die Schublade. Und nehme damit einen Gesetzesbruch in Kauf, kritisieren nun Linke.

In der Frage um die Gestaltung der Bushaltestelle Waldegg kann die Gemeinde Horw nur aus falschen Optionen wählen. Behält sie die Busbuchten und verstösst damit bewusst gegen das Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG)? Oder baut sie die Bushaltestellen nach gesetzlichem Auftrag um und erzürnt somit rund 1300 Horwerinnen und die Petitionäre der FDP?

In ihrer Antwort auf die Petition der FDP hat der Gemeinderat sich «bis auf Weiteres» für Ersteres entschieden: Da bei einem behindertengerechten Umbau die Bushaltebuchten nicht beibehalten werden können, ändert er vorerst nichts (zentralplus berichtete). Jetzt regt sich jedoch Widerstand vonseiten der L20. Lukas Bucher und weitere L20-Einwohnerrätinnen wenden sich in einer Interpellation mit einer Reihe kritischer Fragen an den Gemeinderat.

Umbau ginge nur auf Initiative der Stadt Luzern

Zum einen hinterfragen sie die vom Gemeinderat getroffene Variantenabklärung. So fragen sie beispielsweise, inwiefern ein behindertengerechter Umbau an der Bushaltestelle Waldegg unverhältnismässig sei und wie viel Einfluss die Petition auf die Schlussfolgerung der Gemeinde gehabt hätte.

Gemäss der damaligen Antwort der Gemeinde auf die Petition sei das Hauptproblem beim Umbau die engen Platzverhältnisse. Sollte die Haltestelle sowohl barrierefrei als auch eine Busbucht beinhalten, bräuchte Horw mehr Land. Doch bei der Haltestelle in Richtung Horw Dorf käme dafür nur ein Teil des Grundstücks des Wohn- und Pflegeheims Blickfeld infrage, welches bereits abgelehnt habe. Oder die Schrebergärten daneben, die der Stadt Luzern gehören würden. Aufgrund bisheriger Stellungnahmen der Umwelts- und Mobilitätsdirektion sei diese Variante ebenfalls auszuschliessen.

Auch bei der Haltestelle in Richtung Luzern sehe es nicht besser aus: Auf Horwer Boden gebe es keine umsetzbare Lösung, an bestehendem Standort wäre die Zustimmung der Stadt Luzern nötig. Der Gemeinderat habe deshalb bei der Stadt beantragt, dass diese bei einer allfälligen Sanierung die Busbucht beibehalte und Horw miteinbeziehe. Was der Stadtrat davon hält, ist jedoch nach wie vor unklar. Die Interpellanten fragen deshalb auch, wie die Stadt Luzern auf den Horwer Antrag reagiert habe.

Die FDP wollen die Buchten bei der Haltestelle Waldegg behalten. Während der Bus hält, können ihn die Autos dahinter überholen. (Bild: ewi)

Im Leitbild schreibt die Gemeinde noch von Inklusion

Deutlichere Kritik wird jedoch in ihren weiteren Fragen laut. Verzichte Horw auf einen Umbau, nehme der Gemeinderat «den Bruch des BehiG an einer neuralgischen Stelle mit einer hohen Frequenz mit Personen mit Behinderung bewusst in Kauf». Denn gemäss BehiG müssten ÖV-Anlagen wie Bushaltestellen 20 Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes behindertengerecht sein. Diese Frist lief am vergangenen Dezember aus – und längst nicht alle Haltestellen im Kanton sind barrierefrei (zentralplus berichtete).

Gemäss dem Verband öffentlicher Verkehr müssen bei Haltestellen, die noch nicht oder aus bestimmten Gründen nicht umgebaut worden sind, Überbrückungs- oder Ersatzmassnahmen angeboten werden. Die L20-Einwohnerräte wollen darum vom Gemeinderat wissen, ob solche geplant seien.

Horw nehme mit dem Verzicht auf den Umbau eine «fragwürdige Vorbildrolle» ein. So fragen die Interpellanten den Gemeinderat auch, wie er dazu stehe. Gerade weil es im Leitbild der Gemeinde heisst: «Alle Bevölkerungsgruppen sind integriert» und «Die Infrastruktur für Menschen mit Behinderungen ist für die Region von grosser Bedeutung». Jedoch scheinbar nicht von grösserer Bedeutung als Busbuchten.

Verwendete Quellen
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