Hat die Doppelspur am See genützt?

SBB-Megaprojekt beflügelt Zuger Bahnhof

Vor vier Jahren haben die SBB auf der Ostseite des Zugersees eine Doppelspur gebaut. (Bild: Andreas Busslinger)

Neue Daten zu Schweizer Bahnhöfen zeigen: An einem kleinen Zuger Bahnhof hat die Nutzung enorm zugenommen. Dies könnte an einem umstrittenen Bauprojekt der SBB liegen.

Mit Walchwil Hörndli geht es aufwärts. 2018 war der kleinere der zwei Walchwiler S-Bahn-Haltepunkte der am schlechtesten genutzte Bahnhof im Kanton Zug. Durchschnittlich 49 Personen bestiegen täglich einen Zug oder verliessen einen. Das hat sich geändert. 2023 waren es im Schnitt täglich 110 Nutzer – ein sattes Plus von 125 Prozent.

Damit ist Hörndli zwar weiterhin der kleinste Zuger Bahnhof, hat aber zum Beispiel Provinzbahnhöfe im Kanton Luzern hinter sich gelassen. Ein Grund könnte die neue Doppelspur sein, die von den SBB am Zugersee Ende 2020 fertiggestellt wurde. Ein Projekt, das vor und nach der Eröffnung in der Kritik stand. Doch von vorne.

Luzerns Bahnhöfe im Hinterland werden abgehängt

zentralplus hat Daten der SBB zu Ein- und Ausstiegen an Bahnhöfen für die Jahre 2018, 2022 und 2023 analysiert und die am seltensten genutzten Bahnhaltestellen in Zug und Luzern zusammengetragen.

Grösster Verlierer ist Hüswil in der Luzerner Gemeinde Zell. Schon 2018 stiegen dort nur 60 Personen ein und aus, letztes Jahr waren es 50. An den Luzerner Bahnhöfen Werthenstein, Meggen und Hasle stagnieren die Ein- und Ausstiege. Die kleinen Bahnhöfe Ermensee und St. Erhard-Knutwil konnten zwar zulegen, kommen jedoch an die Zunahme in Walchwil Hörndli nicht heran.

Woran liegt das? Vielleicht ist der Fahrplan ein Grund für die Passagierzunahme: Vom kleinen Bahnhof in Walchwils Norden fährt zweimal stündlich die S2 in Richtung Stadt und zweimal eine S-Bahn in den Süden. Eine der beiden Bahnen gen Süden stoppt beim Walchwiler Bahnhof, die andere fährt bis Erstfeld im Kanton Uri. Das war nicht immer so.

SBB bauen Doppelspur: Hat das genützt?

Um den halbstündigen Takt zu ermöglichen – und schnellere Verbindungen ins Tessin –, haben die SBB die Strecke zwischen 2019 und 2020 auf 1,7 Kilometer zur Doppelspur ausgebaut und den gesamten Bahnabschnitt entlang des Ostufers des Zugersees saniert. Zuvor gab es einen jahrelangen Streit über den Effekt des 200 Millionen Franken teuren Bauprojekts, für das die Strecke 1,5 Jahre gesperrt wurde (zentralplus berichtete).

So sieht die neue Doppelspur bei Walchwil aus. (Bild: Emch+Berger)

Ein Bahnexperte sagte nach der Eröffnung der Doppelspur zu zentralplus, es sei fraglich, ob das Millionenprojekt für Walchwil mit seinen wenigen Ein- und Aussteigenden nötig gewesen sei. Sprich: Ob nicht auch ein Stundentakt für die S-Bahn genügt hätte, um die Seegemeinde mit 4000 Einwohnern anzuschliessen (zentralplus berichtete).

Die neusten SBB-Zahlen zeigen nun, dass die Ein- und Ausstiege seit der Eröffnung der Doppelspur zugenommen haben. Nicht nur in Walchwil Hörndli, sondern auch am Bahnhof Walchwil. 2018 stiegen dort im Schnitt 530 Personen täglich ein und aus. Jetzt sind es 200 mehr: ein Plus von fast 40 Prozent. Die Bevölkerung ist gleichzeitig nur um 8 Prozent gewachsen. Sprich: Die S-Bahn wird beliebter.

Stadtbahn Zug gerät unter Druck

Die S2 ist Teil der Stadtbahn Zug, einem S-Bahn-System, das der Kanton 2004 eröffnete. Damit sollte der Verkehr von der Strasse auf die Gleise verlagert werden. Vor 14 Jahren wurde die S2 entlang des Zugersee-Ostufers eröffnet. Gleichzeitig ging auch der neu gebaute Bahnhof Walchwil Hörndli ans Netz.

In letzter Zeit geriet das S-Bahn-Netz allerdings unter Druck. So sagte die ALG-Nationalrätin Manuela Weichelt anlässlich der Abstimmungen zu den Umfahrungen in Zug und Unterägeri zu zentralplus: «Als die S-Bahn eingeführt wurde, war Zug ein Musterkanton. Heute fährt sie nur halbstündlich – das ist wirklich Steinzeitalter» (zentralplus berichtete). Das könnte sich jetzt aber ändern.

Nach Umfahrungs-Aus macht die Zuger Politik Druck

Weil die Zuger beide Tunnelprojekte im März ablehnten, hat sich einiges in Bewegung gesetzt. Der Regierungsrat will mit zwei Projektgruppen die Verkehrsprobleme in Zug-Baar und im Ägerital lösen. SVP-Kantonsrat Thomas Werner drängt auf eine U-Bahn, Velobahn oder gar Seilbahn nach Oberägeri (zentralplus berichtete).

Die Forderungen, das Ägerital besser an den ÖV anzuschliessen, werden lauter. (Bild: Manuel Gautschi)

Und die ALG, traditionell Verfechterin von Bahn und Bus, hat vom Regierungsrat ein 100-Millionen-Franken-Impulsprogramm für den ÖV gefordert. Damit sollen niedrige Billettpreise gesichert und der Ausbau von Strecken und Verbindungen vorangetrieben werden (zentralplus berichtete).

Noch bis März 2025 hat die Zuger Regierung Zeit, auf die ALG-Motion zu antworten. Bei einem Ja ist das auch für Walchwil Hörndli eine gute Neuigkeit. Denn mehr S2-Verbindungen und günstigere Billetts könnten die Passagierzunahme am aufstrebenden Kleinbahnhof weiter anheizen.

Verwendete Quellen
  • Website des Kantons Zug zur Stadtbahn Zug
  • Daten der SBB zu Ein- und Ausstiegen an Bahnhöfen
  • Artikel in der «Luzerner Zeitung»
  • Motion der Fraktion Alternative – die Grünen betreffend einem ÖV-Impulsprogramm
  • zentralplus-Medienarchiv
  • Daten des Kantons Zug zum Bevölkerungsstand in den Gemeinden
  • Artikel auf Swissbau.ch
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