Direktzüge ins In- und Ausland nehmen ab

SBB degradieren Luzern zur Provinzstadt

SBB-CEO Vincent Ducrot, Bundesrat Albert Rösti, Regierungspräsident Fabian Peter (v.l.n.r) an der Luga Ende April 2024. (Bild: Christoph Arnet)

Von Luzern kann man weder direkt ins Ausland fahren, noch zum Flughafen Zürich. In zehn Jahren sollen auch schnelle Direktzüge ins Tessin und die Romandie wegfallen.

«Jetzt sind Luzern und die Zentralschweiz dran.» Diesen Satz konnten SBB-CEO Vincent Ducrot und Bundesrat Albert Rösti an der Luzerner Frühlingsmesse Luga nicht übersehen. Der Kanton hatte sie eingeladen zu einer Sonderausstellung zum Durchgangsbahnhof Luzern (DBL) und die klare Botschaft an die Wand gepinselt.

Rösti lobt die Lokalpolitiker für ihren Einsatz für den DBL. Wie es mit der Planung weiter gehe, entscheide aber das Bundesparlament 2027. Der DBL soll mit vier Durchmesserlinien und zwei neuen Tunnels die Fahrzeiten nach Luzern verkürzen und die Kapazitäten des Bahnhofs erhöhen. Die SBB rechnen mit einer Bauzeit von 13 Jahren und 3,3 Milliarden Franken Kosten.

Direktzüge ins Ausland und zum Flughafen sind ausgesetzt

Dass der Kanton so deutlich für seinen Durchgangsbahnhof lobbyiert, ist eine Lehre aus der Vernachlässigung. Während Basel, Bern und vor allem Zürich in den letzten Jahrzehnten von den SBB stark gefördert wurden, hatte Luzern das Nachsehen. Eindrücklich zeigen das die Direktverbindungen ins Ausland.

Seit Anfang Jahr fahren ab Zürich 52 Fernverkehrszüge ins Ausland; ab Basel SBB sind es 38; ab Bern, Olten, Winterthur und St. Gallen fahren je sieben Züge in Nachbarländer. Und von Luzern? Kein einziger. Das sorgte vergangenes Jahr für mächtig Ärger (zentralplus berichtete).

«Einmal mehr geht eine Baustelle in einer anderen Region zu Lasten der Zentralschweiz»

Luzerner Regierungsrat

Die Isolation von Luzern kam mit dem Fahrplan 2024. Seither fährt der 2017 eingeführte trinationale Zug Frankfurt–Luzern–Mailand via Zürich. Grund dafür seien Bauarbeiten in Norditalien, so die SBB, die ebenfalls den Direktzug zum Flughafen Kloten strich. Selbst die Eurocity-Züge von Basel via Luzern nach Italien enden seit der Entgleisung im Gotthard-Basistunnel in Lugano.

Luzern verliert schnelle Direktzüge in die Romandie und ins Tessin

Die SBB bestätigen auf Anfrage von zentralplus, dass es zurzeit keine Direktzüge ins Ausland gibt, die am Bahnhof Luzern starten. Doch nicht nur das: Auch für Direktzüge in der Schweiz wirkt Luzerns Zukunft düster. Gemäss dem Angebotskonzept 2035 des Bundesamts für Verkehr (BAV) müssen Luzerner in zehn Jahren deutlich häufiger umsteigen.

Künftig nimmt der stündliche Zug ins Tessin die alte Gotthard-Bergstrecke. Wer schneller ins Tessin will, muss in Arth-Goldau umsteigen. Direkte Verbindungen nach Fribourg, Lausanne oder Genf sollen ganz wegfallen. Direkt nach Basel geht es 2035 nur noch einmal pro Stunde. Und zum Flughafen Kloten sind keine direkten Züge vorgesehen.

Der Schweiz drohe so die «grösste Fahrplanverschlechterung aller Zeiten», findet die Interessengemeinschaft öffentlicher Verkehr (IGÖV). Und für Luzern bedeutet der Plan einen weiteren Verlust von Direktverbindungen. Dass im gleichen Konzept ein Viertelstundentakt nach Zürich und der Durchgangsbahnhof erwähnt werden, kann darüber nicht hinwegtrösten.

Luzerner Politik kämpft um jede Verbindung

Für Luzerner Politiker und Verbände war der Fahrplan 2024 ein Affront. «Einmal mehr geht eine Baustelle in einer anderen Region zu Lasten der Zentralschweiz», schrieb der Regierungsrat. «Viele unserer internationalen Gäste schätzen die komfortable Verbindung ohne Umsteigen in Zürich HB», so der Verband Luzern Tourismus zur Streichung des Flughafenzugs.

Der Torbogen des Bahnhofs ist das Erste, was viele Touristen von Luzern sehen. (Bild: Gabriel Ammon / AURA)

Denn für den Luzerner Tourismus sind die direkten Anbindungen an den Flughafen und die Nachbarländer enorm wichtig. Die Branche erhofft sich von solchen Verbindungen, dass Touristen einen Zwischenstopp in Luzern einlegen beziehungsweise die Stadt besser erreichen (zentralplus berichtete).

Selbst als Baudirektor Fabian Peter persönlich einschritt, biss er bei den SBB auf Granit. Man vertröstete ihn auf 2025: Erst dann solle es wieder einen Direktzug von Luzern nach Kloten geben, zweimal stündlich. Ab 2027 solle auch die Verbindung zwischen Frankfurt und Mailand wieder via Luzern fahren – in beide Richtungen (zentralplus berichtete).

SBB halten vorerst dicht, versprechen aber Besserung

Das sind gute Ankündigungen, doch sind sie verlässlich? Am 21. Mai werden die Bundesbahnen ihren Fahrplanentwurf 2025 verkünden. Bis dahin hält das Unternehmen dicht. Aktuell will ein SBB-Mediensprecher allerdings die früheren Aussagen nicht bestätigen. Damit bleibt unklar, ob der Flughafendirektzug ab Luzern im kommenden Fahrplan enthalten ist.

Bezüglich des trinationalen Zugs Frankfurt–Mailand schreibt er, es sei weiterhin geplant, die Linie ab 2027 wieder via Luzern zu führen. Ebenfalls ab «frühestens 2027» soll es neue Direktzüge Tessin – Luzern – Deutschland geben. «Das genaue Angebotskonzept ist zurzeit noch in Diskussion mit unseren Kooperationspartnern Deutsche Bahn und Trenitalia.» Dafür hat das Unternehmen bereits sieben zusätzliche Giruno-Züge gekauft.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit der SBB-Medienstelle
  • zentralplus-Medienarchiv
  • Website der Luga zum Durchgangsbahnhof
  • Medienmitteilung der SBB
  • Artikel in der «Luzerner Zeitung»
  • Eintrag des Bundesamts für Verkehr (BAV) zum Angebotskonzept 2035
  • Schriftlicher Austausch mit dem Luzerner Baudepartement
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