Neuer ÖV-Bericht

Kanton Luzern krebst bei den ÖV-Zielen erstmals zurück

Die RBusse sind das Kernstück der ÖV-Planung des Kantons Luzern. (Bild: ewi)

In der Agglomeration des Kantons Luzern wurden die Ziele für den öffentlichen Verkehr wiederholt verpasst. Jetzt krebsen Regierung und Verkehrsverbund bei der Zielsetzung erstmals zurück.

Die Ziele der Luzerner Regierung und des Luzerner Verkehrsverbunds (VVL) waren bewusst ambitioniert gesetzt: In der Agglomeration sollte der Anteil des öffentlichen Verkehrs (ÖV) am Modalsplit von 2015 bis 2021 von 20 auf 30 Prozent erhöht werden. Sprich: In der Agglomeration sollte deutlich mehr Bus und Zug und weniger Auto und Töff gefahren werden.

Es ist ja eigentlich löblich, dass sich Kanton und VVL ambitionierte Ziele setzen. Nur waren die Ziele offensichtlich zu ambitioniert. Denn wiederholt wurden die Ziele verfehlt – und zwar deutlich. Während Autofahrten in der Agglomeration sogar zunahmen, stagnierte der öffentliche Verkehr und nahm während der Pandemiejahre noch ab. Auch sieben Jahre nach der Festlegung dieses Ziels steht der öffentliche Verkehr im Modalsplit immer noch bei 20 Prozent.

Wachsender Unmut in der Agglomeration über ÖV-Planung

In der Agglomeration hat das für zunehmenden Unmut gesorgt (zentralplus berichtete). Die Gemeinden in der Agglo würden bei der ÖV-Planung vernachlässigt, hiess es etwa aus Kriens, Horw und Emmen. Es brauche jetzt endlich griffige Massnahmen, um das angestrebte Ziel – welches in dieser Höhe nicht kritisiert wurde – zu erreichen.

In der Agglomeration wurde in den letzten Jahren wieder weniger ÖV gefahren. (Bild: Lustat)

Der Kanton listet verschiedene Gründe auf, warum die Ziele in den vergangenen Jahren nicht erreicht wurden. Busbevorzugungen etwa würden nur schleppend umgesetzt. Ohne solche Bevorzugungen kommt es im Busverkehr öfters zu Verspätungen, wodurch Anschlüsse verpasst werden und die Zufriedenheit der Passagiere sinkt. VVL-Sprecherin Luzia Frei erklärt: «Aktuell sind Busse auf den Hauptachsen in der Stadt und Agglomeration Luzern und rund um diverse Autobahnanschlüsse von teilweise erheblichen Verspätungen betroffen. Die Verspätungen in diesen Bereichen werden meist durch zu viel Verkehr auf den Strassen ausgelöst.»

Weiter sei mit der Eröffnung der Autobahnanschlüsse Buchrain und Rothenburg die Attraktivität des Autos auf Kosten des ÖV gesteigert worden. Wegen Sparprogrammen musste die Regierung das Angebot beispielsweise auf den Linien 61 und 73 reduzieren. Und zuletzt sei der ÖV im Vergleich zum Autofahren in den letzten Jahren immer teurer geworden.

Nun krebsen Kanton und VVL zurück

Nachdem der neuste ÖV-Bericht für die Periode 2023 bis 206 im Winter in der Vernehmlassung war, liegt nun die überarbeitete Version vor. Und siehe da: Kanton und VVL haben die Modalsplitziele für die Agglomeration tatsächlich angepasst. Bis 2026 soll der Anteil des öffentlichen Verkehrs am Modalsplit nur noch 25 Prozent und erst bis 2030 30 Prozent betragen. Der Kanton hofft nun also, die weniger ambitionierten Ziele immerhin zu erreichen.

Dass es dazu Massnahmen benötigt, ist auch der Regierung und dem VVL bewusst. So steht im Bericht klipp und klar: «Ohne aktives Gegensteuern driften planerische Vorgaben und die gemessene Realität zum Modalsplit des ÖV immer weiter auseinander. Damit der ÖV zu einem höheren Modalsplit kommt, muss er im Vergleich zum motorisierten Individualverkehr attraktiver ausgestaltet werden.»

Luzia Frei führt auf Anfrage weiter aus: «Um die Ziele im ÖV-Bericht zu erreichen, braucht es deshalb mehr als ein gutes ÖV-Angebot.» Es müssten auch die notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Dazu brauche es raumplanerische Voraussetzungen, also dass Siedlung und Verkehr besser aufeinander abgestimmt werden. Es brauche die nötige Infrastruktur. Und es brauche eine bessere Vernetzung der verschiedenen Verkehrsmittel an sogenannten Mobilitätsdrehscheiben.

So werden die Busse bevorzugt

Um das angepasste Ziel nun endlich zu erreichen, stehen zwei Strategien im Fokus. Der Ausbau des Angebots zum einen und eine konsequente Busbevorzugung zum anderen.

Luzia Frei sagt zu den Busbevorzugungen: «An Orten, an denen Busse regelmässig im Stau stehen, sind Busbevorzugungen wichtig, speziell aber auf Strecken zu Bahnhöfen, wo Bahnanschlüsse gewährt werden müssen.» Konkrete Beispiele zählt Frei nicht auf.

Busbevorzugungen seien auf verschiedenste Weise realisierbar. Beispielsweise mit separaten Busspuren, elektronische Busspuren (wie entlang der Spitalstrasse), Haltestellen auf der Fahrbahn, damit der Bus nicht überholt werden kann oder Dosierstellen, die den Verkehr auf den Hauptachsen priorisieren und so bevorzugen. «Wichtig ist die Betrachtung über einen Korridor beziehungsweise mehrere Knoten hinweg, damit die Busbevorzugung nicht nur lokal, sondern für die ganze Linie wirkt», ergänzt Frei hierzu.

So wird das ÖV-Angebot ausgebaut

Das Angebot soll bis 2026 folgendermassen ausgebaut werden:

  • Doppelstöckige Züge auf dem Regioexpress zwischen Luzern und Olten
  • Linie 73: Durchgehender 30-Minuten-Takt zwischen Luzern und Rotkreuz
  • Verknüpfung der Linien 11 und 15, um den Sonnenberg besser mit dem ÖV zu erschliessen.
  • Verknüpfung der Linien 16 und 21, um Kriens und Horw im 15-Minuten-Takt miteinander zu verbinden. Die Linie 16 soll künftig die Talstation der Pilatus Bahnen erschliessen.
  • Neue Linie zwischen Malters, Littau und Kriens, sobald die Rengglochstrasse fertig saniert ist.
  • Neue RBus-Linie 3 zwischen Littau Tschuoppis und Würzenbach
  • Verknüpfung der Linie 8 und 19 zwischen Hirtenhof und Bahnhof Emmenbrücke

Ergänzt wird dieses Angebot mit neuem Rollmaterial. Künftig sollen neue S-Bahn-Züge eingesetzt werden, die im Ein- und Aussteigebereich mehr Platz haben. Damit geht dieser Vorgang schneller vonstatten. Zudem werden neue Trolleybusse mit Elektrobatterie eingesetzt (zentralplus berichtete). Dadurch können die Trolleybusse auch Abschnitte ohne Fahrleitung fahren. Dies ist eine wesentliche Voraussetzung für die neuen Durchmesserlinien 3 und 8/19.

Verwendete Quellen
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