Und wenn ja: Wohin?

Nach Basel und Zürich: Kommt der Lärmblitzer nach Zug?

In Paris sind einige Geräte bereits im Einsatz. (Bild: bruitparif.fr)

Jetzt testet der Bund auch in der Deutschschweiz Lärmblitzer gegen laute Autofahrer. Die Stadt Zug ist interessiert. Doch wo würden die Kästen Sinn ergeben?

Ihr Feldzug für Lärmschutz ist ein Erfolg: Seit Jahren kämpft die SP-Nationalrätin und Präsidentin der Lärmliga Schweiz Gabriela Suter gegen unnötiges Motoraufheulen, laute Sportauspuffe und Fahrer, die in niedrigen Gängen aufs Gas drücken. Nun hagelt es Erfolge.

Ihr neuester Vorstoss wird breit unterstützt, auch von Luzerner Nationalräten. Darin fordert Suter, gesetzliche Grundlagen für Lärmblitzer zu schaffen. Das sind Kästen mit Sensor und Kamera, die Fotos schiessen, wenn ein Fahrzeug eine Dezibelgrenze überschreitet.

In einigen Nachbarländern sind solche Geräte im Einsatz, der Bund hat die Technologie bereits in Genf getestet. Dazu verdonnert hatte ihn der Nationalrat im Jahr 2021. Nun breitet sich der Lärmblitzer weiter aus.

Tests von Lärmblitzern auch in Basel und Zürich

Denn: Die Akzeptanz in der Bevölkerung ist gross. Laut Bund sind in der Schweiz rund eine Million Personen von zu lautem Strassenverkehr betroffen. 87 Prozent der Schweizer wollen, dass absichtlich lärmende Menschen – zum beispielsweise Auto-Poser – gebüsst werden. Das zeigt eine ETH-Studie.

Noch hat der Bundesrat Suters neuesten Vorstoss nicht beantwortet, doch die Aargauerin macht bereits weiter Druck. Auf X teilte die Politikerin diese Woche die neueste Petition der Lärmliga Schweiz für den Einsatz von Lärmblitzern. Unter dem Titel: «Schluss mit Lärmexzessen».

Suters Engagement zeigt Wirkung: Im Baselbiet testet der Bund jetzt erstmalig Lärmblitzer auf Deutschschweizer Boden. Und die Zürcher Stadtpolizei bereitet einen Pilotversuch vor, wie die Stadt im Juli angekündigt hat. In den Städten Genf und Lausanne werden Lärmblitzer schon länger versuchsweise getestet.

Lärmblitzer: Zug reagiert positiv auf Vorschlag

Auch die Stadt Zug scheint aufgeschlossen zu sein. «Den politischen Willen vorausgesetzt, können wir uns technische Einrichtungen, die geeignet sind, Lärm durch eine Poserszene konsequent zu verhindern oder zu ahnden, vorstellen», reagiert ein Sprecher auf Anfrage von zentralplus (zentralplus berichtete).

Bis der Bund gesetzliche Grundlagen geschaffen hat, dürfte es aber noch eine Weile dauern – und somit auch bis zum flächendeckenden Einsatz von Lärmblitzern in Zug. Zeitnahe Tests sind dagegen nicht ausgeschlossen. Doch wo in Zug ergeben die Kästen überhaupt Sinn?

Lärm in Zug: Auf diesen Strassen ist es am lautesten

Das kantonale Lärmbelastungskataster liefert die Antwort: Sein Ampelsystem zeigt, wo es besonders lärmig ist – und wo Massnahmen zur Reduktion von Lärm nötig wären. Ein erster Blick bestätigt die Ahnung: An den Hauptachsen leiden Anwohner am meisten unter Autolärm. Würde die Stadt Zug Lärmblitzer aufstellen, dann wohl hier.

Erstens: die Ägeristrasse in der letzten Kurve vor dem Kolinplatz. 2021 hat die Stadt Zug dort eine Tempo-30-Zone ausgerufen, die Daten des Lärmkatasters zeigen nun, dass die Massnahme nicht ausreicht. Beidseitig der Strasse ist der Lärm zu hoch.

Zweitens: die Neugasse. Auf der ganzen Strecke vom Kolinplatz bis zum Postplatz ist das Kataster tiefrot. Sprich: Die erlaubten Grenzwerte für Strassenlärm werden massiv überschritten. Auch die Tempo-30-Zone, welche die Stadt 2021 eingerichtet hat, kann das nicht verhindern.

Auf den Hauptstrassen ist es zu laut, in den Seitengassen ist der Lärm in Ordnung. (Bild: Zug Maps)

Drittens: auf der Chamerstrasse am See. Hier werden die Lärmgrenzwerte mehrfach überschritten. In Cham zwischen der Steinhauserstrasse und dem Brüggli zum Beispiel. Oder bei der Haltestelle Schutzengel in der Stadt Zug. Weiter in Richtung Innenstadt befinden sich die Lärmwerte dagegen im grünen und orangen Bereich.

Viertens: die Zugerstrasse bei Neufeld. Kurz nach der Tangente Zug-Baar stadteinwärts zeigt das Kataster überschrittene Lärmgrenzwerte. Hier in Baar neigen Autofahrerinnen zum Beschleunigen, bevor die ersten Ampeln der Baarerstrasse in der Stadt Zug die Fahrt abbremsen.

Überraschend: Die Artherstrasse zwischen Fridbach und Oberwil ist nicht tiefrot. Dabei ist die Strecke der Beginn einer Ausfahrtstrecke für Sportwagenbesitzer in Richtung Arth, wie mehrere Anwohner zentralplus wiederholt mitgeteilt haben. Die Daten des Lärmbelastungskatasters belegen das nur zum Teil.

Tempo-30-Zonen sind kein Garant für Lärmschutz

Die Auswertung von zentralplus zeigt: Besonders die Haupteinfallsachsen sind von Verkehrslärm betroffen. Ebenfalls machen die Daten klar, dass Tempo-30-Zonen nicht automatisch Strassenlärm verringern. Es scheint, als müsste die Einhaltung von Lärmgrenzwerten auch kontrolliert werden. Bisher geschieht das im Rahmen von Polizeikontrollen.

Ob der neue Blitzer dabei helfen kann? Dafür lohnt sich ein Blick zu den Nachbarn: Im Sommer 2023 testete Berlin einen Lärmblitzer an der Luxuseinkaufsmeile Kurfürstendamm. In einem Monat erfasste das Gerät 1144 Krachmacher, der Schwellenwert lag bei 82 Dezibel. Dieser Wert galt auch beim Genfer Pilotprojekt des Bundes.

Das Ergebnis in der deutschen Hauptstadt: Über die Hälfte des Lärms stammte von Töffs, rund 30 Prozent von Bussen und 19 Prozent von Autos. Falls die Stadt Zug in Zukunft also Lärmblitzer testen wird, sollte sie die Kästen an Einfallsachsen aufstellen. Und nicht überrascht sein, wenn vor allem Töffs geblitzt werden – und Busse.

Hinweis: Der Absatz zur Artherstrasse wurde nachträglich leicht angepasst.

Verwendete Quellen
1 Kommentar
Apple Store IconGoogle Play Store Icon