Unzumutbare Schulwege

12-jährige Töfflifahrer? Luzerner Regierung hat Bedenken

Sollen bereits 12-Jährige Töffli fahren dürfen? Mehrere Kantonsräte finden: Ja. (Bild: Symbolbild: Emanuel Ammon/Aura)

Junge Schüler, deren Schulweg unzumutbar ist, sollen bereits früher Töffli fahren dürfen. Das fordert eine GLP-Kantonsrätin. Dem Luzerner Regierungsrat ist es zwar nicht geheuer, trotzdem will er es ermöglichen.

Wie lange war dein Schulweg in der Sek? Warst du eines der glücklichen Kinder, die – gemäss Bundesamt für Statistik – in der Stadt wohnten und nur etwa 845 Meter gehen mussten? Oder bist du wie die Autorin in einem kleinen Dorf aufgewachsen und jeweils 40 Minuten mit Bus und Zug gefahren, um anschliessend müde in den Stuhl im Matheunterricht zu sinken?

Der Schulweg von Luzerner Schülern ist jüngst zum Politikum geworden. Mehrere Parlamentarier um GLP-Kantonsrätin Franziska Rölli wollen das Mindestalter für den Führerschein M in Ausnahmefällen senken (zentralplus berichtete). Mit diesem Führerschein dürfen Jugendliche heute ab 14 Jahren Töffli fahren und auch Unter-16-Jährige dürfen sich auf den Sattel eines Elektrovelos schwingen.

Junge Luzernerinnen können den Führerschein jedoch bereits mit 13 Jahren beantragen, wenn die Verwendung eines anderen Verkehrsmittels unzumutbar ist. Bei der Beurteilung sind gemäss Kanton primär die Distanz und die Höhendifferenz ausschlaggebend. Beispielsweise gilt ein Weg ab 2 Kilometern und 100 Metern Höhenunterschied als unzumutbar. Die Regelung habe sich bewährt: Von jährlich 200 Gesuchen lehnt der Kanton Luzern gemäss eigenen Angaben jeweils zwei bis fünf Anträge ab.

Elterntaxi wegen fehlender Monate

Rölli und Mitunterzeichnerinnen wollen die Schwelle für die Ausnahmegesuche auf 12 Jahre senken. Rund zwei Drittel der Schüler starten bereits in diesem Alter Jahren die Sekundarschule. Sprich: Ihnen fehlen einige Tage bis Monate, bis sie den Führerschein beantragen könnten. Gerade Schülerinnen, die ausserhalb des Dorfkerns wohnen und dort, wo es zum Teil weder Bushaltestelle noch Bahnhof gibt, sind auf Zwischenlösungen wie Elterntaxis angewiesen. Dieses Problem anerkennt auch die Luzerner Regierung, wie sie in ihrer Postulatsantwort vom Dienstag durchblicken lässt.

Für viele 12-Jährige stelle sich die Frage, wie sie den Schulweg bewältigen können. «Je nach Wohnort und Topografie kann dies herausfordernd sein.» Trotzdem hat der Luzerner Regierungsrat Vorbehalte zur Senkung der Schwelle.

12-Jährige unterscheiden sich stark voneinander

Grundsätzlich seien die Eltern für den Schulweg ihrer Kinder zuständig. Ist dieser jedoch unzumutbar, muss die Gemeinde einen Schülertransport organisieren. Das könne auch eine Abgeltung der Fahrkosten der Eltern sein. Zudem betont die Regierung in ihrer Antwort, dass der ÖV «sehr gut ausgebaut» sei. Gleichzeitig hat der Kanton Ende 2022 die Forderung eines SP-Kantonsrats, den ÖV in Randregionen auszubauen, aus Kostengründen abgelehnt (zentralplus berichtete).

Weiter verweist die Regierung darauf, dass allein das Alter keinen Rückschluss darauf gebe, wie sich das Kind im Verkehr verhält. Unter anderem betont die Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU), dass sich Kinder und Jugendliche physisch und psychisch sehr unterschiedlich entwickeln. Diese Unterschiede müssten deshalb bei der Senkung des Mindestalters berücksichtigt werden, mahnt die Regierung.

Zuletzt führt die kantonale Exekutive auch Sicherheitsbedenken an: Gemäss Zahlen der BFU nehmen Unfälle mit Velos, E-Bikes und Töffli im Alter von 13 bis 14 Jahren markant zu. Mit einem Führerschein der Kategorie M könnten 12-Jährige auch schnelle E-Bikes mit einer Geschwindigkeit von 45 Kilometern pro Stunde fahren.

Regierung sagt Ja, aber ...

Trotz all dieser Vorbehalte empfiehlt die Regierung, das Postulat anzunehmen. Letztlich müssten die Eltern beurteilen, ob ihr Kind bereit sei, mit dem E-Bike oder Töffli zur Schule zu fahren. Ganz aus der Verantwortung nimmt sich der Regierungsrat trotzdem nicht. Schnelle E-Bikes sollen die 12-Jährigen auch mit Führerschein M nicht fahren können.

Geht es nach der Regierung, dürften sie maximal Töffli oder E-Bikes mit einer Geschwindigkeit von 25 Kilometer pro Stunde fahren. So handhaben es beispielsweise auch die Kantone Zug und Schwyz, die das Mindestalter bereits auf 12 Jahre gesenkt haben. Ob es in Luzern auch so weit kommt, entscheidet dereinst der Kantonsrat.

Verwendete Quellen
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