Erste Wildwarnanlage des Kantons

Taucht ein Reh auf, werden Zuger Autofahrer jetzt gewarnt

Rehe und Hirsche auf der Strasse bringen nicht nur sich, sondern auch Autofahrer in Gefahr. (Bild: Symbolbild Adobe Stock)

Wildtierunfälle sind für alle Beteiligten unerfreulich: für Autofahrerinnen, Wildhüter, die ausrücken müssen, und vor allem für die betroffenen Tiere. Deswegen testet der Kanton jetzt an einem besonders brenzligen Ort eine Wildwarnanlage.

Rund 150 Wildtiere sterben jährlich auf Zuger Strassen. Zu viele, wie der Kanton findet. Nun lanciert er in Oberägeri eine erste Wildwarnanlage. Der voraussichtlich dreijährige Testversuch wird auf einen Abschnitt der Ratenstrasse zwischen Wyssenbach und Gutsch beschränkt. Hier kommt es jährlich gemäss Behörden durchschnittlich zu vier bis fünf Verkehrsunfällen.

Initiiert wurde das Unterfangen vor drei Jahren von der FDP-Fraktion, welche das Amt für Wald und Wild damit beauftragte, jene Strassenabschnitte zu evaluieren, auf denen es besonders oft zu Wildtierunfällen kommt.

Christof Nussbaumer, Projektleiter Fischerei und Jagd beim Kanton Zug, erläutert auf Anfrage: «Es handelt sich um ein neuartiges System namens Animot, mit dem andere Länder und Kantone bereits gute Erfahrungen gemacht haben.» So funktioniert dieses: Über Erkennungssensoren an den Strassenleitpfosten werden Blinklichter ausgelöst. Sobald sich ein Wildtier den Sensoren nähert und erkannt wird, beginnen die Lichter zu blinken und machen Fahrzeuglenkerinnen auf das Tier aufmerksam.

«Wir gehen davon aus, dass die Dunkelziffer bei Wildtierunfällen hoch ist.»

Christof Nussbaumer, Projektleiter Fischerei und Jagd, Kanton Zug

Nussbaumer sagt: «Auf dem Streckenabschnitt, auf dem das System getestet wird, verzeichnen wir jährlich durchschnittlich zwischen vier bis fünf Unfälle pro Jahr.» Soweit die offiziellen Zahlen.

Das betroffene Gebiet befindet sich an der Schwyzer Grenze, «ännet» des Raten. (Bild: Screenshot Google Maps)

Der Fachmann gibt zu bedenken: «Wir gehen davon aus, dass die Dunkelziffer bei Wildtierunfällen hoch ist. Denn längst nicht alle melden einen solchen, ausserdem werden nicht alle angefahrenen Tiere bei der Nachsuche von den Schweisshunden aufgespürt. Diese werden demnach nicht mitgezählt.» Nussbaumer hofft, dass sich die Situation dank der Wildwarnanlage künftig verbessert. Die Chancen dafür scheinen gut zu stehen, wie ein Beispiel aus dem Kanton Schwyz zeigt.

Massive Verbesserung im Kanton Schwyz dank Wildwarnanlage

Dass Manuel Wyss, der Abteilungsleiter Jagd des Kantons Schwyz, schwer begeistert ist vom System Animot, ist am Telefon nicht zu überhören. «Ich kann Ihnen sagen, wir haben sehr gute Erfahrungen gemacht mit dem System. Dies besonders auch auf Strecken mit grossen Tieren, insbesondere dem Hirsch. Denn derartige Kollisionen sind nicht nur für die Tiere, sondern oft auch für den Menschen gefährlich.»

Eine vom Kanton in Auftrag gegebene Evaluation des Unternehmens Wildlife Solutions ergab, dass das Problem auf der Strecke Under Gibel, am Ortsende von Schwyz in Richtung Muotathal, besonders gross ist. Der Kanton Schwyz reagierte 2021 mit der besagten Wildwarnanlage. «Zusätzlich dazu wurde das Gebiet anfangs mittels Wärmebildkamera überwacht, um festzuhalten, wie sich die Tiere bewegen.»

Wyss dazu: «Gerade im Winter, wenn sich Hirsche in tieferen Gefilden aufhalten und die Hauptstrasse queren, um auf den unteren Grünflächen zu äsen, besteht die Gefahr vor Kollisionen. Dazu kommt, dass viele Autofahrer die 80er-Tafel eher als Verhaltensempfehlung denn als Pflicht sehen. Aber das ist ein anderes Thema.»

Ein weiterer Vorteil, den Wyss betont: Das System sei verhältnismässig günstig. «Im Gebiet Selgis im Muotathal verfügen wir über eine Calstrom-Anlage, also ein stationäres Signal mit Wechselschild, das vor konkreten Wildwechseln warnt. Dieses kostete rund 180’000 Franken.» Ein solches System ergebe dort Sinn, wo ein Hauptwildwechsel durchführe respektive wo die Tiere aufgrund der topografischen Begebenheiten die Strasse nur an einer Stelle queren könnten.

Wenns blinkt, gilt es, aufmerksam zu sein

Dank der Wildwarnanlage, die im betreffenden Strassenabschnitt zu blinken beginnt, wenn ein Wildtier in der Nähe ist, werden Autofahrerinnen heute gewarnt. «Die Anlage ist ein durchschlagender Erfolg. Die Unfallzahlen sind effektiv auf null gesunken, nachdem die Verkehrsteilnehmer gelernt hatten, wie das Blinken zu deuten ist», sagt Wyss.

Das System Animot weist dagegen einen deutlich geringeren Preis auf. Ein einzelnes Gerät, das an einem Strassenleitpfosten montiert wird, schlägt mit 250 Franken zu Buche. Die Geräte werden bei gefährdeten Stellen ungefähr alle 50 Meter montiert. Dazu kämen Installations- und Kalibrierungsaufwände. «Die richtige Kalibrierung ist vonnöten, damit die Anlage nicht etwa bei jeder Erschütterung zu blinken beginnt», sagt der Abteilungsleiter Jagd. Im Falle der Strecke Under Gibel kostete die gesamte Umsetzung des Animot-Systems rund 4150 Franken.

«Es gab Jahre, in denen 450 Tiere nicht vom Jäger, sondern von BMW und Golf getötet wurden.»

Manuel Wyss, Abteilungsleiter Jagd, Kanton Schwyz

Er erklärt weiter: «Zur Veranschaulichung: Die Zahl der freigegebenen Rehe lag lange Zeit bei jährlich 740 und 800. Es gab Jahre, in denen 450 Tiere nicht vom Jäger, sondern von BMW und Golf getötet wurden. Da ist es doch deutlich besser, wenn das Wild kontrolliert erlegt und verwertet werden kann.»

Zuger Anlage wird im August montiert

An der Ratenstrasse im Kanton Zug soll das automatische Wildwarnsystem noch diesen August installiert werden. «Wir hoffen, durch die elektronische Wildwarnanlage Unfälle mit Wildtieren nachhaltig reduzieren zu können. Dies auch zur Sicherheit der Verkehrsteilnehmenden», erklärt der Leiter des Amts für Wald und Wild, Martin Ziegler. Das System wird während drei Jahren getestet. Bei positiven Erfahrungen will der Kanton prüfen, ob die Wildwarnanlage auch auf anderen Strassenabschnitten im Kanton zum Einsatz kommt.

Verwendete Quellen
  • Medienmitteilung des Kantons Zug
  • Telefonat mit Christof Nussbaumer, Projektleiter Fischerei und Jagd, Kanton Zug
  • Telefonat mit Manuel Wyss, Abteilungsleiter Jagd, Kanton Schwyz
  • Evaluation zu Animot-Geräten zwischen Schwyz und Muotathal
  • Rechnung des Animot-Systems Under Gibel, Schwyz
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