Deponien und Kläranlagen im Fokus

So viel Schadstoff entsteht bei Zuger Abfallfirmen

Auf der Deponie Tännlimoos in Baar wird Bauschutt abgelagert. (Bild: wia)

Ein internationales Register zu Schadstoffen listet zwei Zuger Firmen auf. Eine von ihnen ist die Deponie Tännlimoos. Dort sind die Methanemissionen zuletzt um die Hälfte gestiegen.

Die Abfallwirtschaft gehört zu den grössten Klimaschädigern der Schweiz. Jede zweite industrielle Tonne Treibhausgas stammt von Deponien, Kehrichtverbrennungsanlagen (KVA) und der Abwasserreinigung. Das zeigen Daten, die zentralplus in Kooperation mit «Correctiv.Europe» ausgewertet hat.

Die Zahlen stammen aus einem Register der Europäischen Umweltagentur (EUA). Dort sind 251 Schweizer Firmen erfasst, die aufgrund ihrer Grösse ihren Ausstoss an bestimmten Schadstoffen melden müssen. Luzern ist mit der KVA Renergia Zentralschweiz vertreten, der grössten KVA des Landes (zentralplus berichtete).

Auch Zuger Firmen sind im Register erfasst, zum Beispiel der international tätige Baustoffkonzern und Zementproduzent Holcim mit Sitz in Zug. Er führt die Liste der Schweizer Emittenten an. Ebenfalls auf der Liste sind zwei bekannte Abfallfirmen.

Alter Abfall auf Deponie verursacht Methanausstoss

Zum Beispiel die Deponie Tännlimoos oberhalb von Sihlbrugg in Baar. Zwischen 2018 und 2021 ist der Methanausstoss von 19 Tonnen auf 28 Tonnen jährlich gestiegen, wie Daten der EUA zeigen. Die private Deponie für Baustoffabfall gehört der Jura Management AG und wird von der Risi AG geführt. Sie soll noch 50 Jahre betrieben werden (zentralplus berichtete).

Mario Engi von der Risi AG vor der Deponie. (Bild: wia)

Methan ist ein Treibhausgas, das etwa 28-mal so klimaschädlich ist wie CO2₂. Auf die steigenden Methanemissionen angesprochen, bestätigt eine Sprecherin die Zahlen. Sie erklärt: «Ältere Ablagerungen, wie sie bei der Deponie Tännlimoos noch bestehen, enthalten teilweise erheblich höhere organische Anteile als das heutige Deponiematerial.» Organische Stoffe wie Gartenabfälle, Papier, Pappe und Holz abzubauen, verursache Methanemissionen.

Information zur Recherche

Diese Untersuchung ist Teil einer Kooperation von zentralplus mit «Correctiv.Europe», einem Netzwerk für Lokaljournalismus, das gemeinsam mit lokalen Redaktionen in ganz Europa datenbasierte und investigative Recherchen umsetzt. «Correctiv.Europe» ist Teil des gemeinnützigen investigativen «Newsrooms Correctiv», der durch Spenden finanziert wird. Mehr dazu unter diesem Link.

Aktuell saniere die Deponie diese alten Bauabfälle. «Während des Aushubs fallen durch die Vergrösserung der Gasaustrittsfläche etwas höhere Emissionen an, was sich in den Jahreszahlen niederschlägt.» Zum Vergleich: Eine Kuh produziert im Jahr 70 bis 120 Kilogramm Methan. Der Anstieg von 9 Tonnen Methan jährlich bei der Deponie Tännlimoos entspricht somit dem Ausstoss von etwa 90 Kühen. Methanmessungen könnten zudem je nach Stichtag variieren, so die Sprecherin.

Insgesamt gibt sich die Deponie gute Noten. «Generell ist die emittierte Gasmenge der Deponie Tännlimoos seit der ersten systematischen Messung 1995 stark zurückgegangen.» Wenn Baufirmen mit ihren Lastwagen kommen, achte die Deponie heute darauf, dass der organische Anteil des Bauschutts fünf Prozent nicht überschreite. Ausserdem seien Teile der Deponie bepflanzt worden.

Kläranlage kämpft mit Ausstoss von Methan und Lachgas

Ebenfalls mit Methan zu kämpfen hat die ARA Schönau in Cham. Auch sie kommt im Register der Europäischen Umweltagentur vor. Die Kläranlage reinigt das Abwasser der Region Zug und produziert aus dem Klärschlamm Biogas, das ins Gasnetz eingespeist wird. Dabei können auch krankheitserregende Bakterien in die Lorze gelangen, wie kürzlich bekannt wurde (zentralplus berichtete).

Die Abwasserreinigungsanlage (ARA) Schönau aus der Luft. (Bild: GVRZ)

Das Klärgas, ein Vorprodukt, bestehe hauptsächlich aus Methan und CO₂ – das Biogas fast ausschliesslich aus Methan, schreibt Fabrice Bachmann, Geschäftsführer des Zuger Gewässerschutzverbands GVRZ. «Damit Methan nicht unkontrolliert in die Umwelt gelangt, untersuchen die Mitarbeitenden des GVRZ mit einem sogenannten Gasschnüffler in regelmässigen Abständen die eigenen Gasleitungen und -behälter auf deren Dichtigkeit.»

Mehr Sorge bereitet Bachmann allerdings Lachgas. Während der biologischen Reinigungsstufe könne N₂O entstehen, ein ⁠Treibhausgas⁠, das rund 265-mal so klimaschädlich ist wie CO₂. «Wir überprüfen unsere Prozesse laufend, sodass möglichst wenig Lachgas produziert wird.» Zu 100 Prozent vermeiden liesse sich der Ausstoss aber nicht – auch wenn Studien der Anlage gute Noten geben würden.

CO₂-Emissionen der Kläranlage zählt nicht in Ausstossbilanz

Beim CO₂ gelte die Kläranlage dagegen als neutral, sagt Bachmann. «Bei uns wird der Klärschlamm aus dem Abwasser in Energie umgewandelt. Der damit verbundene CO₂-Ausstoss ist somit biogen.» Denn Treibhausgase, die bei der Umwandlung von Fäkalien freiwerden, zählen nicht als Ausstoss. So schreibt auch das Bundesamt für Umwelt (Bafu) in einem Faktenblatt, dass für die Bilanzierung der Treibhausgase nur der fossile Anteil zähle.

Der Überblick zeigt: Die Verwertung von Abfällen, sei es in Kläranlagen oder Abfalldeponien, ist bis heute eine gigantische Herausforderung. Trotz technischer Massnahmen lassen sich natürliche Prozesse wie die Entstehung von Lachgas nicht verhindern. Die Herausforderungen zu lösen, ist die Aufgabe von Experten – den Abfall produzieren können alle.

Verwendete Quellen
  • Website der Kanton Zug zur GVRZ
  • Schriftlicher Austausch mit einer Sprecherin der Jura Management AG
  • Website des Umweltbundesamts von Deutschland
  • Website des Bundes zum Treibhausgasinventar
  • Schriftlicher Austausch mit Fabrice Bachmann, Geschäftsführer des Zuger Gewässerschutzverbands GVRZ
  • Website von Jura Management AG zum Landschaftsschutz bei der Deponie Tännlimoos
  • Datensatz von «Correctiv.Europe»
  • Website von Agroscope zu Methan und Lachgas
  • Faktenblatt des Bundesamt für Umwelt (Bafu)
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