Es hätte ein normaler, nächtlicher Bootsausflug werden sollen. Ein Leserreporter berichtet, er sei vor einigen Tagen als Begleitung mit einem Fischerboot auf den Zugersee gefahren. In der Nähe des Brüggli bei Zug sei etwas auf dem Sonar aufgetaucht. Ein Fisch soll es gewesen sein – ein ungewöhnlich grosser. Das Tier musste rund zwei Meter lang gewesen sein, ist der Lesereporter überzeugt. Die Sonaraufnahme soll ein Gerücht bestätigen, das in Zug schon länger die Runde macht.
Dieses besagt, dass im Zugersee ein Riesenwels lebt, der auch mal ein Stück weit die Lorze hochschwimmt. «Das Gerücht ist dem Amt für Wald und Wild bekannt», schreibt Roman Keller, Projektleiter Jagd und Fischerei beim Kanton Zug, auf Anfrage. Bislang gibt es jedoch keine stichhaltigen Beweise für die Existenz des Riesenfischs. Auch seitens des Leserreporters gibt es kein Bild, das die Sichtung belegen könnte.
Welse sind im Zugersee nicht heimisch
Welse sind im Zugersee zwar nicht heimisch, kleine Welse sind seit einigen Jahren aber bestätigt. Die ersten gesicherten Nachweise stammen laut Roman Keller aus dem Jahr 2020. So schreibt Philipp Helfenstein, Präsident des Kantonalen Fischerei-Verbands, dass fünf Stück nachgewiesen wurden. «Drei davon habe ich via Amt für Wald und Wild gefangen», schreibt er. Zwei weitere seien von Fischerinnen gesichtet worden.
In den kommenden Jahren dürften weitere Wels-Sichtungen folgen, weil sich die Art seit Jahren in Schweizer Gewässern ausbreitet. «Sie profitieren von den wärmeren Wassertemperaturen und können neue Standorte besiedeln, in welchen sie bisher nicht vorgekommen sind», erklärt Roman Keller.
Existenz ist durchaus möglich
Auch wenn es bislang keinen Beweis für den Riesenwels gibt, ist seine Existenz nicht ausgeschlossen. So schreibt auch Philipp Helfenstein: «Ich kann nicht bestätigen, dass ein Wels in dieser Grösse im Zugersee lebt, aber es kann durchaus möglich sein.»
Welse in dieser Grössenordnung sind keine Seltenheit. Der in Europa weit verbreitete Süsswasserfisch erreicht laut dem europäischen Fischlexikon normalerweise eine Länge von einem bis eineinhalb Metern. Da Welse ihr Leben lang wachsen, wurden bereits Exemplare von fast drei Metern Länge gesichtet. Im Juni 2023 hat ein italienischer Fischer einen Wels aus dem Fluss Po gezogen, der 2,85 Meter lang war. Und im Greifensee bei Zürich hat 2021 ein Camperpaar einen angespülten Wels entdeckt, der ebenfalls über zwei Meter lang war.
Der Raubfisch ist für Menschen harmlos
Und, bevor sich eine «Weisse Hai»-Sorge breit macht, hier gleich die Entwarnung. Für den Menschen sind Welse ungefährlich. Auch wenn sie zwei Meter gross sein sollten. Welse sind friedliche Fische, «die sich vor allem von Pflanzen, Insekten und kleineren Fischen ernähren», schreibt Helfenstein vom Kantonalen Fischerei-Verband.
Ob Fakt oder Fiktion, Berichte über ungewöhnliche Tiere in Schweizer Gewässern reichen von der jüngeren Vergangenheit bis ins späte Mittelalter zurück. Im Rotsee in Luzern soll Ende des 16. Jahrhunderts eine Riesenschlange gelebt haben (zentralplus berichtete). Im Hallwilersee sichtete 2019 ein Fischer einen angeblichen Kaiman (zentralplus berichtete) und im Zugersee sorgen Schlangen für irritierte Badegäste – obwohl die gesichtete Ringelnatter für Menschen harmlos ist (zentralplus berichtete).
Arbeitet seit 2020 bei zentralplus und betreut den Bereich Gastronomie.
In Luzern und Zug aufgewachsen und schon seit bald 20 Jahren als Texter und Autor unterwegs. Steht privat gerne am Herd und war während mehreren Jahren als Assistenz einer Luzerner Störköchin tätig.