Erdrutsch- und Hochwassergefahr rund um Luzern

Diese Naturgefahren drohen in deiner Nachbarschaft

Die starken Regenfälle erhöhen das Risiko für Erdrutsche – wie hier in Bramboden im Dezember. (Bild: Archivbild: Gerhard Birrer)

Der regnerische Sommer hat Folgen für den Untergrund im Grossraum Luzern. Erdrutsche sind wahrscheinlicher und auch Hochwasser ist nicht auszuschliessen, sollte es länger regnen. So sieht die Lage in und um Luzern aus.

Unter der Woche Hitze und Sonne, an den Wochenenden die Sintflut: Die aktuellen Regenfälle in der Schweiz sorgen vielerorts für Naturkatastrophen. Nebst dem Wallis und dem Tessin sind auch in der Zentralschweiz Gemeinden betroffen. Insbesondere Vitznau hatte diesen Sommer einen schweren Stand (zentralplus berichtete). Auch vergangene Woche kam es in der Gemeinde am Fusse der Rigi zu erneuten Rutschungen (zentralplus berichtete).

Denkt man ans Luzerner Hochwasser aus dem Jahre 2005 zurück, drängt sich eine Frage auf: Wo könnte es in und um Luzern bei anhaltenden Regenfällen brenzlig werden? zentralplus hat die Gefahrenkarte des Kantons Luzern konsultiert und bei Viktor Schmidiger, dem Abteilungsleiter für Naturgefahren des Kantons, nachgefragt.

Schmidiger erklärt den Einfluss von Regenfällen so: «Erdrutsche werden meistens durch anhaltende Regenfälle und Starkregen ausgelöst. Die in letzter Zeit im Kanton Luzern aufgetretenen Rutschungen, wie beispielsweise jene in Vitznau, sind die Folge der nassen bis sehr nassen Witterung. Aufgrund dieser Ausgangslage sind die Hänge durchnässt und damit ist das Risiko, dass Rutschungen auftreten können, aktuell erhöht.»

Wo es in und um Luzern brenzlig werden könnte, hat zentralplus in einer Karte zusammengefasst. Mit Klick auf das Symbol links oben kannst du ausgewählte Gebiete genauer anschauen:

Die Karte zeigt ausgewählte Gefahrenzonen in und um Luzern. Sie ist nicht vollständig, deckt jedoch die akuten Gefahrenherde in bewohntem Gebiet im Grossraum Luzern ab. Die vollständige Gefahrenkarte des Kantons Luzern kann auf der entsprechenden Website eingesehen werden. Die rot eingefärbten Zonen beziehen sich auf Erdrutsche, während die gelben Zonen auf Hochwassergefahr hinweisen.

Erhöhte Erdrutschgefahr in Ebikon

Schmidiger bestätigt, dass aufgrund der momentanen Lage unter anderem für bewohnte Gebiete in Ebikon eine erhöhte Erdrutschgefahr gilt. Insbesondere betroffen seien Wohnhäuser an der Riedholzstrasse, am Sonnhalderain und am nordwestlichen Rand des Wydenwaldes.

Auch für Teile des Fluhmühle-Quartiers besteht zurzeit erhöhte Erdrutschgefahr, so Schmidiger. Der Untergrund im Zimmereggwald könnte bei weiteren starken Regenfällen ins Rutschen geraten. Vor allem Wohnhäuser in der Nähe des südlichen oder westlichen Waldrandes stehen in der Gefahrenzone.

Für Immobilien- oder Eigenheimbesitzer könnte es sich lohnen, mit der Gemeinde Schutzmassnahmen gegen Rutschungen zu prüfen. Oder zumindest sicherzustellen, dass die Gebäudeversicherung auch bei Erdrutschen greift. Denn: «Im Kanton Luzern sind aufgrund der kantonalen Gesetzgebung die Gemeinden sowie die Infrastrukturbetreiber für Schutzmassnahmen gegen Rutschungen verantwortlich. Für den Gebäudeschutz ist die Eigentümerin der Liegenschaft verantwortlich», so Schmidiger.

Bahnlinie im Gefahrengebiet

Die Gefahrenkarte des Kantons Luzern zeigt, dass beim Greterwald erhebliche Erdrutschgefahr besteht. Direkt am Fusse der Gefahrenzone verläuft eine Bahnlinie, auf der unter anderem der Interregio nach Zug und Zürich fährt. Zuständig für präventive Massnahmen sind als Infrastrukturbetreiberin die SBB.

«Wir sind uns der Gefahrensituation beim Greterwald bewusst», schreibt SBB-Mediensprecherin Sabrina Schellenberg auf Anfrage. Trotzdem nehmen die SBB die Situation gelassen: «Die Bahnlinie ist jedoch nur von mittlerer Gefährdung betroffen. Wir beurteilen in erster Linie die Risiken und die sind aufgrund unserer Gefahrenbeurteilung und der reduzierten Geschwindigkeit der Züge im Einfahrtsbereich des Bahnhofs Luzern nicht sehr gross.»

Im Fokus der SBB stünde im Gebiet der Stadt Luzern vor allem Erdrutsch-Gefahrenstellen entlang der Linie 660 am Ufer des Rotsees sowie ein kurzer Abschnitt unter dem Gütsch in der Einfahrt zum Bahnhof Luzern, so Schellenberg. Zudem bestünden Wassergefahren beim Gebiet Kriens-Obernau, erklärt sie weiter. Diese sorgen bei den SBB jedoch für keine Kopfschmerzen: «Die Wassergefahren sind für die SBB nicht risikorelevant und werden im Rahmen des Hochwasserschutzes des Kantons gemanagt», teilt die Mediensprecherin mit.

Sollte trotzdem ein unvorhergesehenes Naturereignis eintreffen, haben die SBB Bewältigungsstrategien. Die Bahnbetreiberin organisiere sich im Falle eines Erdrutsches oder eines Wasserproblems durch die Abteilung Intervention und ein Notfallpiquet, heisst es seitens Schellenberg.

Was das Gefahrengebiet bei der Neustadt bedeutet

Wer mit Blick auf Hochwasser die Gefahrenkarte des Kantons Luzern studiert, dem rutscht im ersten Moment das Herz in die Hose: Weite Teile Luzerns und anliegender Gemeinden sind durchs Wasser gefährdet. Bei genauerem Hinsehen wird klar, dass bloss geringe oder mittlere Wassergefährdung herrscht.

Schmidiger klärt auf, was diese schwammigen Begriffe bedeuten: «Die Fliesstiefen zeigen auf, dass in Wohngegenden der Gebiete Luzerner Neustadt, Kriens, Horw, Emmen, Littau und Inwil mit Überflutungen kleiner als 25 Zentimeter zu rechnen ist.» Die Lage in und um Luzern ist zumindest bezüglich Wassergefahren weniger beunruhigend, als die Gefahrenkarte des Kantons suggeriert.

Vorsicht ist besser als Nachsicht

Trotzdem sei es sinnvoll, vorbereitet zu sein. Beispielsweise, indem du wassergefährdende und leicht entzündbare Stoffe – wie zum Beispiel Chemikalien, Dünger, Schmier- und Treibstoffe oder Farben – in höher gelegene Regale stellst. Zudem solle man sich informieren, wer in der eigenen Gemeinde wo Sandsäcke abgibt, so Schmidiger.

Sinnvoll sei auch, ab und an einen Blick in die Gefahrenkarte des Kantons Luzern zu werfen. Diese befinde sich stets auf dem aktuellen Stand: «Treten bei Naturereignissen neue Erkenntnisse auf, werden diese umgehend analysiert und mithilfe einer Revision der Gefahrenkarte in diese überführt», so Schmidiger.

Das empfiehlt Schmidiger bei drohender Gefahr

Fällt weiter fleissig Regen vom Himmel, rät Schmidiger den Menschen, die in Gefahrenzonen leben, ihr Verhalten aktiv anzupassen. Wer in einer Gefahrenzone für Erdrutsche wohnt, sollte sich bei erneuten Starkniederschlägen:

  • nicht in gefährdeten Hängen oder ausserhalb von Gebäuden aufhalten.
  • nicht in Gebäuden aufhalten, die wenig robust sind (beispielsweise in einer Scheune).
  • in hangabwärts gelegene Räume begeben.
  • bei einer Evakuierung an die Anweisungen der Einsatzkräfte vor Ort halten.
  • nicht aus der Ruhe bringen lassen.

Zudem erklärt Schmidiger auch, was zu tun ist, wenn sich ein Hochwasser ankündigt. Betroffene Personen sollen:

  • die aktuellen Wettermeldungen und -warnungen über Radio, Fernsehen und Internet verfolgen.
  • mobile Dinge wie Auto, Wohnwagen, Möbel und ähnliches an einen sicheren Ort bringen.
  • in gefährdeten Räumen Strom- und Gaszufuhr unterbrechen.
  • Leitungen, Fenster und Türen abdichten, ohne sich dabei unnötig in Gefahr zu bringen.
  • hilfsbedürftigen Personen und Nachbarinnen Hilfe anbieten.

Steht einem das Wasser bereits um die Knöchel oder noch höher, gibt Schmidiger folgende Tipps:

  • Ruhe bewahren und sich nicht unnötig in Gefahr bringen.
  • Das gefährdete Gebiet sofort verlassen.
  • Auf keinen Fall Keller oder Tiefgaragen betreten.
  • Radio hören und Anweisungen der Einsatzkräfte befolgen.
Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Viktor Schmidiger, Abteilungsleiter für Naturgefahren des Kantons Luzern
  • Schriftlicher Austausch mit Sabrina Schellenberg, Mediensprecherin der SBB
  • Gefahrenkarte des Kantons Luzern
  • Medienarchiv zentralplus
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