«Deutlicher Mehraufwand»

Das bedeutet der Fund der Quagga-Muschel für Segler

Jens Geisel vom Yacht Club Zug meint: «Die Nachricht vom Nachweis der Quagga-Muschel im Zugersee hat uns nicht wirklich überrascht.» (Bild: Andreas Busslinger/zvg)

Die invasive Quagga-Muschel macht keinen Halt vor Zentralschweizer Gewässern. Was bedeuten der Fund und die zusätzlichen Massnahmen für den Segelsport? zentralplus hat bei den Clubs nachgefragt.

Der Sommer ist da. Mit ihm kommt auch die Hauptsaison für alle Segler. Hiesige Yachtclubs wollen an Regatten in der ganzen Schweiz teilnehmen. Machen ihnen die Quagga-Muscheln nun einen Strich durch die Rechnung?

Vor einer Woche erreichte die Zentralschweiz eine erschreckende, wenn auch nicht ganz so überraschende Nachricht: Die invasive Quagga-Muschel ist in der Zentralschweiz angekommen. Taucher haben die gebietsfremde Art im Alpnachersee sowie an zwei Stellen im Zugersee entdeckt (zentralplus berichtete).

Zum Schutz der Gewässer vor dieser Muschel, aber auch vor anderen unerwünschten gebietsfremden Arten, führt die Zentralschweiz per August die Melde- und Reinigungspflicht für immatrikulierte Schiffe ein. Sie folgt damit dem Kanton Zug. Dort gilt die Regel bereits seit vergangenem Oktober.

Reinigung kann mehrere Stunden dauern

Die neue Regelung soll die Gewässer schützen. Für Personen, die ihr Boot an einem anderen Ort einwässern wollen, führt die Befolgung der Massnahmen jedoch auch zu einem grossen Zeitaufwand. Bevor das Schiff in einen Zentralschweizer See darf, muss es auf einer neu dafür geschaffenen Plattform gemeldet werden. Danach muss das Schiff von einer autorisierten Reinigungsstelle gründlich geputzt werden. Die Verantwortlichen der Reinigungsstelle müssen die Reinigung auf der Meldeplattform dokumentieren. Anschliessend erhält man eine Einwasserungsbewilligung. So erklärt die Aufsichtskommission Vierwaldstättersee das Vorgehen in der Mitteilung von vergangener Woche.

Der Mediensprecher des Yacht Clubs Zug, Jens Geisel, bestätigt diesen Mehraufwand auf Anfrage. Der Verein nimmt an auswärtigen Regatten teil und muss die Boote nach jeder Rückkehr entsprechend reinigen, um sie wieder auf dem Zugersee einzusetzen.

Jeder Bootsführer sei selbständig für die Reinigung verantwortlich, erklärt Geisel. Dazu gehöre auch das Ablassen vom Kühlwasser des Motors sowie das Spülen des Kühlkreislaufs. Das Prozedere sei kompliziert und könne je nach Boot mehrere Stunden in Anspruch nehmen.

Boote in Quarantäne

Laut Geisel kommt hinzu, dass das Boot trocknen muss, bevor es wieder eingewassert werden kann. Clubeigene Boote, die auf fremden Gewässern im Einsatz waren, werde der Yacht Club nach der Reinigung fünf Tage in Quarantäne nehmen. Die Boote würden in dieser Zeit somit nicht zur Verfügung stehen.

Jens Geisel betont jedoch, dass der Club den Zusatzaufwand gerne in Kauf nehme. Die Mitglieder des Vereins würden «aus Überzeugung Sorge zu unserem See tragen».

Quaggamuschel
Breiten sich in der Schweiz aufgrund fehlender Fressfeinde schnell aus: die Quagga-Muscheln. (Bild: J. N. Stuart / Flickr)

Dass die Quagga-Muschel im Zugersee gesichtet worden sei, habe den Club nicht wirklich überrascht. «Wir haben uns clubintern seit etwa einem Jahr intensiv mit der Materie befasst, sogar eine Arbeitsgruppe gegründet», schreibt Geisel. Trotz aller Abwehrmassnahmen gebe es aber keinen absoluten Schutz gegen die Einschleppung der Quagga-Muschel.

«Wir müssen so gut es geht mit der Situation umgehen»

Versöhnt mit den Regelungen zeigt sich auch der Yacht-Club Luzern. Bezüglich der Massnahmen hätten sie intensiv mit den Behörden zusammengearbeitet, sagt Präsident Jürg Schneider. «Uns war immer wichtig, dass der Segelsport weiterhin möglich ist. Nun haben wir eine Lösung gefunden, die den Schutz sicherstellt und das Segeln nicht zu stark einschränkt», so Schneider.

Der Yacht-Club Luzern führt selbst Regatten durch: «Für uns als Veranstalter bedeutet das ganze Kontrollieren einen deutlichen Mehraufwand. Aber da kann niemand etwas dafür. Nun ist es halt so, und wir müssen so gut es geht mit der Situation umgehen.»

Ausbreitung im Vierwaldstättersee ist eine Frage der Zeit

Nach dem Fund der Muschel in hiesigen Seen könnte für den Laien eine flächendeckende Suche nach Quagga-Muscheln in Zentralschweizer Gewässern als sinnvoll erscheinen. zentralplus hat bei Piet Spaak – der beim Eawag zu aquatischer Ökologie forscht – nachgefragt. Dieser hält fest: «Meines Erachtens ist eine flächendeckende Untersuchung des Vierwaldstättersees aus wissenschaftlicher Sicht interessant. Es ist völlig klar, dass sich die Quagga-Muschel weiter im See ausbreiten und in diesem bald überall vorkommen wird.»

Er präzisiert: «Von Interesse sind hierbei vor allem Verbreitungsmuster und Verbreitungsgeschwindigkeit der invasiven Art, die für Prognosen notwendig sind.» Für die Verhinderung der weiteren Verschleppung sei eine flächendeckende Untersuchung jedoch kein Muss, so der Wissenschaftler.

Auch für Philip Baruffa, der Geschäftsleiter der Aufsichtskommission Vierwaldstättersee, ist der Fall klar, wie er gegenüber zentralplus mitteilt: «Beachtet man die Uferlänge des Vierwaldstättersees von rund 140 Kilometern, ist eine flächendeckende Betauchung beziehungsweise Suche extrem aufwendig und nicht innert zweckmässiger Frist realisierbar. Davon abgesehen, würde der finanzielle Aufwand wohl in keinem Verhältnis stehen.»

Er schliesst sich Spaaks Einschätzung an: «Aufgrund der unschönen Tatsache, dass die Quagga-Muschel im Alpnachersee und somit im Wasserkörper des Vierwaldstättersees vorkommt, ist es eine Frage der Zeit, bis an allen Stellen des Vierwaldstättersees diese Muscheln gefunden werden können.»

Höchste Priorität habe für Baruffa zurzeit nicht der Vierwaldstättersee, sondern die Quagga-freien Seen. Diese sollen möglichst umfassend vor einer Einschleppung geschützt werden.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Jens Geisel, Medienverantwortlicher des Yacht Clubs Zug
  • Telefonat mit Jürg Schneider, Präsident des Yacht-Clubs Luzern
  • Mitteilung der Aufsichtskommission Vierwaldstättersee vom 16. Juli 2024
  • Telefonat mit Piet Spaak, wissenschaftlicher Forscher beim Eawag
  • Schriftlicher Austausch mit Philip Baruffa, Geschäftsleiter der Aufsichtskommission Vierwaldstättersee
0 Kommentare
Apple Store IconGoogle Play Store Icon