Höhere Mehrwertsteuer: Bund will mehr Geld von Hotels
Seit rund dreissig Jahren gilt für Hotels ein tieferer Mehrwertsteuersatz. Der Bund will diesen nun aufheben. Das hätte Folgen – auch in der Zentralschweiz.
In Luzern hat sich der Tourismus nach der Pandemie wieder erholt und die Hotellerie verzeichnet Höchstwerte, die jene vor der Corona-Zeit erreichen (zentralplus berichtete). Kann die Zentralschweizer Hotellerie also die Korken knallen lassen? Eigentlich schon. Wäre da nicht ein Plan des Bundes am Horizont, der die Stimmung in der Branche ordentlich dämpft.
Der Grund: die Mehrwertsteuer. Während beispielsweise Restaurants heute den normalen Satz von 8,1 Prozent zahlen, fällt für Beherbergungsbetriebe ein tieferer Satz mit 3,8 Prozent an. Diese Sonderregelung gilt seit 1996 für Beherbergungsbetriebe. Zum Einsatz kam dieser Sondersatz, um die Branche während der damaligen Wirtschaftskrise zu unterstützen. Seither wurde er sechsmal verlängert und ist aktuell bis Ende 2027 in Kraft.
Bund will Sonderregelung versenken
Nun gab der Bund bekannt, diese Sonderregelung nicht mehr weiter zu verlängern. Zum einen, weil sich die Tourismusbranche erholt habe. Mit schweizweit fast 42 Millionen Übernachtungen im Jahr 2023 seien die Zahlen 35 Prozent höher als bei der Einführung des Sondersatzes im 1996. Und 5,6 Prozent höher als 2019, schreibt der Bund in einer Stellungnahme Ende August.
Er kommt zum Schluss: «Die heutige Lage der Branche kann somit nicht mehr mit der Ausgangslage bei Einführung des Sondersatzes verglichen werden.» Wohl aber soll die Regelung auch fallen, weil dem Bund ordentlich viel Geld durch die Lappen geht. Wegen der Sonderregelung fehlen jährlich rund 270 Millionen Franken in der Staatskasse.
Hotellerie ist besorgt
Geht es nach dem Bund, soll die Schweizer Hotellerie ab 2028 wieder den regulären Mehrwertsteuersatz von 8,1 Prozent berappen. Das löst in der Branche Unmut aus. «Eine Rückkehr zum regulären Mehrwertsteuersatz würde die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Hotellerie erheblich beeinträchtigen», schreibt Vinzenz van den Berg, Sprecher von Hotellerie Suisse, auf Anfrage.
Die Beherbergungsbranche sei mit 55 Prozent ausländischen Gästen stark exportorientiert. In Luzern beispielsweise machen Gäste aus den USA und Deutschland den Löwenanteil der Besucher aus (zentralplus berichtete). Anders als andere Exportbranchen könne die Hotellerie ihre Leistungen jedoch nicht ins Ausland verlagern, schreibt van den Berg und weist darauf hin, dass eine Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes zwangsläufig zu höheren Preisen führen würde. Was die Attraktivität des Landes als Reiseziel schwächt – und damit auch die Zentralschweiz als einen der wichtigsten Tourismusorte der Schweiz.
Zwar hat sich der Tourismus erholt, Herausforderungen würden aber über das Jahr 2027 hinaus bestehen bleiben, erklärt van den Berg. Dazu gehören besonders die hohen Kosten in der Schweiz und die Preissensibilität internationaler Gäste. Während Reisende aus weiter entfernten Ländern weniger preissensibel reagieren – diese würden die Reisen früher planen und kämen ganz bewusst in die Schweiz – würden Gäste aus Nachbarländern wie Deutschland oder Italien deutlich empfindlicher auf Preisänderungen reagieren.
Das habe beispielsweise der Frankenschock von 2015 gezeigt. Vor der Aufwertung des Schweizer Frankens verzeichnete die Schweiz jährlich über 4,3 Millionen Logiernächte aus Deutschland und 1 Million aus Italien. Mit dem stärkeren Franken und den damit verbundenen höheren Preisen sank die Nachfrage aus diesen Märkten um 14 Prozent, erklärt er. Von dieser Entwicklung habe sich die Branche bis heute nicht erholt.
Sonderbehandlung ist in anderen Ländern üblich
Hebt der Bundesrat die Mehrwertsteuer also an, könnte dies gemäss Vinzenz van den Berg dazu führen, dass sich diese Märkte erneut zurückziehen könnten. «Dies hätte langfristig negative Auswirkungen auf die gesamte touristische Wertschöpfungskette.»
Dazu argumentiert der Verband, dass in vielen europäischen Ländern, mit denen die Schweiz im Tourismus konkurriert, reduzierte Mehrwertsteuersätze für Beherbergungsleistungen gelten. Dies würde den Nachteil der Schweizer Beherbergungsbranche weiter verstärken. In Österreich gilt etwa der reduzierte Steuersatz von 10 Prozent statt der üblichen 20 Prozent. In Italien sind es ebenfalls 10 Prozent statt 22 Prozent.
Höhere Mehrwertsteuer = höhere Preise?
Die Beherbergungsbranche ist laut Vinzenz van den Berg eine «preisintensive Branche». Setzt sich der Bund mit seinem Vorhaben durch, müssten hiesige Hotelbetriebe noch einmal über die Bücher. «Eine höhere Steuerlast würde die Preise für Übernachtungen in der Schweiz erhöhen.» Zwar könnten Betriebe versuchen, ihre Kostenstruktur und Betriebsabläufe zu optimieren, was aber in einer «ohnehin stark kostengetriebenen Branche mit tiefen Margen» herausfordernd sei.
Nebst den Hotellerie- und Gastroverbänden setzt sich auch die Politik in Bundesbern mit dem Thema auseinander. Um die Fortsetzung des Sondersatzes sicherzustellen, haben Ständerätin Esther Friedli (SVP) und Nationalrat Philipp Bregy (Mitte) in der Frühlingssession zwei gleichlautende Motionen eingereicht. Die beiden Parlamentarier möchten damit auch Planungssicherheit für den gesamten Tourismus der Schweiz schaffen. Der Ständerat hat die Motion von Esther Friedli an die Kommission zugewiesen.
Arbeitet seit 2020 bei zentralplus und betreut den Bereich Gastronomie.
In Luzern und Zug aufgewachsen und schon seit bald 20 Jahren als Texter und Autor unterwegs. Steht privat gerne am Herd und war während mehreren Jahren als Assistenz einer Luzerner Störköchin tätig.