Teil 1: Pyros sorgen für rote Köpfe

Wer schürt hier das Feuer? FCL-Fans und Polizei zanken sich

FCL-Fans zündeten vergangenen Samstag beim Heimspiel gegen Sion Dutzende Fackeln und Raketen. (Bild: fcl.fan-fotos.ch)

Die Luzerner Polizei wollte der kurvennahen FCL-Fanorganisation USL die Bewilligung für ihren Stand beim Stadion entziehen. Gegenüber zentralplus erklärt die Polizei, wieso. Doch die brennendste Frage lässt sie offen.

Auf der Luzerner Allmend hat es lichterloh gebrannt, als letzten Samstag die zweite Halbzeit des FCL-Heimspiels gegen die Gäste aus Sion angepfiffen wurde. Dutzende Fackeln und Raketen wurden gezündet und abgefeuert. Wie die Fans des FC Luzern dermassen viel Pyrotechnik ins Stadion schmuggeln konnten, ist unbekannt.

Für Aufsehen sorgte aber nicht nur das Feuerwerk, sondern auch eine kreative Aktion der USL. Auf ihrer Webseite kündigte die FCL-Fanorganisation für Kadermitglieder der Luzerner Polizei einen neuen «Spezial-Artikel» an (zentralplus berichtete). Anstelle der «Eskalationsspirale», an der Polizeikommandant Adi Achermann und seine Kollegen drehen würden, schmückten bunte Spiralfedern den USL-Stand beim Stadion.

Gemäss der USL vergiftet die Luzerner Polizei das Klima rund um die Fussballspiele – und dreht an der Eskalationsspirale. (Bild: zvg)

Jüngst habe die Luzerner Polizei bei FCL-Fans vermehrt willkürliche Personenkontrollen durchgeführt – und zwar auch ausserhalb des Matchtags, schreibt die USL in ihrer Stellungnahme zur Aktion. Zudem zeige sich die Polizei betreffend der Verschiebung der Fanmarschroute für Gästefans beratungsresistent. Weiter habe sie die zahlreichen Augenverletzungen durch Gummischrot nie öffentlich aufgearbeitet. Und schliesslich entzog sie der USL per Saisonbeginn die Bewilligung für ihren Stand – «weil dieser angeblich die Sicherheitskontrollen störe».

Luzerner Polizei weist Vorwürfe der USL von sich

Dass Gästefans auf dem Weg vom Bahnhof zur Swissporarena über den Bundesplatz und somit direkt am FCL-Fanlokal Zone 5 vorbeimarschieren, hat in der Vergangenheit tatsächlich immer wieder zu brenzligen Situation geführt. Doch die Route scheint alternativlos zu sein. «Uns ist keine Gästefanroute bekannt, die ‹besser› wäre als die heutige», sagt Christian Bertschi, Pressesprecher der Luzerner Polizei, auf Anfrage.

Die Gründe dafür sind bekannt (zentralplus berichtete). Und seitdem ein Sichtschutz verhindert, dass sich die beiden Fanlager sehen, hats am Bundesplatz auch nicht mehr geknallt.

Gummischrot erhitzt noch immer die Gemüter

Dass die Luzerner Polizei diverse Augenverletzungen durch Gummischrot nie wirklich öffentlich aufgearbeitet hat, dürfte auch dem Umstand geschuldet sein, dass ihr gewisse Fälle – etwa der des im Herbst 2023 einseitig erblindeten FCL-Fans David Z.* (zentralplus berichtete) – gar nicht erst bekannt sind. Denn nicht alle Betroffenen erstatten Anzeige. Und das Luzerner Kantonsspital darf die sensiblen Daten nicht herausgeben (zentralplus berichtete).

«Jede hätts chönne träffe»: FCL-Fans forderten nach der einseitigen Erblindung von David Z. ein Gummischrotverbot. (Bild: fcl.fan-fotos.ch)

Dient eine Gummischrotverletzung aber der Identifikation eines möglichen Gewalttäters, scheint die Polizei dennoch Zugriff auf die nötigen Informationen zu haben, wie aus dem jüngst abgeschlossenen Gerichtsprozess gegen einen Fan des FC St. Gallen hervorgeht (zentralplus berichtete).

Gemäss dem Luzerner Juristen Tim Willmann ist es zudem unwahrscheinlich, dass die Luzerner Polizei – trotz der immer wieder auftretenden Augenverletzungen bei Fussballfans – in naher Zukunft auf Gummischrot verzichten wird (zentralplus berichtete). Ende letzter Saison bestätigte Sicherheitsvorsteherin Ylfete Fanaj (SP) dies im Interview mit zentralplus.

Darum wollte Luzerner Polizei den USL-Stand verschieben

Zu den angeblich willkürlichen Personenkontrollen sagt Christian Bertschi, dass die Luzerner Polizei diese gemäss den rechtlichen Vorgaben durchführe. «Willkür ist gemäss Bundesverfassung verboten», betont er. Von verschärften Massnahmen will er genauso wenig wissen wie vom Drehen an der Eskalationsspirale.

Dann erklärt er, wieso die Luzerner Polizei für den USL-Stand, der notabene seit der Eröffnung der Swissporarena vis-à-vis des Stadioneingangs zur Heimkurve platziert ist – keine Bewilligung mehr ausstellen wollte. Damit die Sicherheitskontrollen am Eingang nicht gestört würden, solle die USL ihren Stand neu ausserhalb der Stadionumzäunung aufstellen, so Bertschi. Denn dort sei nicht der FCL, sondern die Luzerner Polizei für die Sicherheit zuständig.

Welche Rolle spielt Pyrotechnik?

Ob die Luzerner Polizei die USL verdächtigt, nebst Kurvenjacken, Schals und «Spezial-Artikeln» auch pyrotechnisches Material über den Stand ins Stadion zu schmuggeln, ist im Austausch mit Christian Bertschi nicht in Erfahrung zu bringen. Der Pressesprecher beantwortet damit die brennendste Frage von zentralplus nicht.

Ob solche Fackeln Grund für die Massnahme der Luzerner Polizei waren? (Bild: fcl.fan-fotos.ch)

Unklar bleibt auch, wieso die Luzerner Polizei nach jahrelangem Dulden des USL-Stands innerhalb der Stadionumzäunung plötzlich festgestellt hat, dass dieser die Sicherheitskontrollen stört. Ebenfalls unbeantwortet bleibt die Frage, inwiefern der rund 50 Meter vom Stadioneingang entfernte USL-Stand die Sicherheitskontrolle bei den Heimspielen des FCL negativ beeinflusst.

Luzerner Polizei gibt sich kulant

Einigermassen klar ist hingegen, was nach dem Entzug der Bewilligung für den USL-Stand innerhalb der Stadioneinzäunung passiert ist. «Nach den Rückmeldungen des FC Luzern haben wir uns im Sinne der Verhältnismässigkeit gegen die Verlegung des Shops entschieden», erklärt Bertschi. Letzten Samstag, beim zweiten Heimspiel der Saison, fand sich die USL darum wieder am alten Standort beim Stadion ein.

Stefan Wolf, Präsident des FC Luzern, bestätigt gegenüber zentralplus, sich in mehreren Gesprächen für die USL eingesetzt zu haben. «Aus Sicht des FC Luzern besteht durch diesen Stand kein zusätzliches Sicherheitsrisiko», begründet Wolf seine Intervention.

USL kann sich keinen Pyroskandal leisten

Die USL schösse denn auch ein Eigengoal, würde sie als eine der etabliertesten FCL-Fanorganisationen dabei erwischt, Pyrotechnik ins Stadion zu schmuggeln. Denn für die Organisation der aufwendigen Choreos, der lautstarken Unterstützung im Stadion und der Extrazugfahrten bei Auswärtsspielen ist die USL auf das Vertrauen des FCL, der Sicherheitsbehörden und der SBB, für die Finanzierung zudem auf das Vertrauen der mehreren Hundert Vereinsmitglieder angewiesen. Diese stehen zu einem Grossteil in der Kurve, sind aber auch in allen anderen Ecken des Stadions anzutreffen.

Doch wie kommen die per Stadionordnung und Sprengstoffgesetz verbotenen Fackeln, Raketen und Rauchtöpfe denn sonst ins Stadion? Dieser Frage widmet sich Teil 2 dieses Artikels, der in den kommenden Tagen veröffentlicht wird.

*Name der Redaktion bekannt

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Christian Bertschi, Pressesprecher der Luzerner Polizei
  • Schriftlicher Austausch mit Stefan Wolf, Präsident des FC Luzern
  • Stellungnahme der FCL-Fanorganisation USL
0 Kommentare
Apple Store IconGoogle Play Store Icon