Ein Verein will das Kafi Luz zum Kulturgut machen. Er glaubt: Das Getränk mit vermeintlichen Entlebucher Wurzeln ist eine der ältesten kulinarischen Traditionen des Kantons Luzern.
Nebelschwaden ranken sich um die Tannen vor dem Fenster. Irgendwo schmiegt sich ein Hund an einen Ofen. Aus dem Radio ertönt Ländler, und auf dem Tisch liegt ein grüner Teppich. «Gstoche!», gellt es durch die Stube – ein Jass wird gespielt.
In diese imaginäre Szene fügt sich der Kaffeeschnaps reibungslos. Und das habe seinen Grund, glaubt der Klub Luz. Der Verein unterstützt die Forschung zur Geschichte des Getränks und seiner kulturellen Bedeutung für den Kanton Luzern. Und er will das Kafi Luz nun zu einem von der Unesco anerkannten immateriellen Kulturerbe machen.
Vom Entlebuch in die weite Welt?
Der Verein ist zusammen mit dem Kulinarikforscher Dominik Flammer daran, die Geschichte des Getränks aufzuarbeiten. Eine viel beachtete These dabei ist, dass die Entlebucher die Ersten gewesen sein sollen, die ihrem Kaffee ein wenig «Schuss» beigefügt haben.
Laut dieser Theorie kam der Kaffee im 17. Jahrhundert in den Kanton. Die Stadt Luzern sei schweizweit die Erste gewesen, welche mit diesem gehandelt hätte, erklärt Sandro Bucher auf Anfrage. Er ist Leiter Tourismus und Mobilität der «Unesco Biosphäre Entlebuch», welche seit erster Stunde Mitglied des Klubs Luz ist.
Fortan sei der Schnaps, welcher seit der Pest im 14. Jahrhundert als Heilmittel angesehen worden sei, im Kanton nicht mehr mit Wasser oder Milch, sondern zunehmend mit Kaffee verdünnt worden. Denn auch diesem sagten die Menschen medizinische Eigenschaften nach.
«Es wird vermutet, dass die Entlebucher Bauern später die Alkoholsteuer (ab 1887 auf Kartoffelschnaps) sowie die Kontrollen durch die sogenannten Schnapsvögte umgehen und ihren Schnaps im Kaffee sozusagen ‹verstecken› wollten», sagt Bucher. Vom Entlebuch aus habe sich der Brauch dann verbreitet.
Auch wirtschaftliches Interesse
Der Verein will deshalb den «Entlebucher Schwarzen» beziehungsweise das daraus entstandene Kafi Luz als einen der ältesten kulinarischen Bräuche des Kantons etablieren und schützen. Gegründet wurde der Klub Luz 2023 durch vier Luzerner Destillerien.
Er ist auch für Privatpersonen sowie weitere Unternehmen zugänglich und erhält in seinem Streben Unterstützung durch die öffentliche Hand. Im Rahmen der Neuen Regionalpolitik (NRP) erhält er vom Bund und vom Kanton Luzern gar finanzielle Mittel.
Ganz ohne Eigeninteresse würden die Beteiligten das Unterfangen nicht verfolgen, wie Bucher ausführt. «Nebst dem kulturellen Aspekt hat der Verein natürlich auch ein wirtschaftliches Interesse», sagt er. Würde das Kafi Luz von der Unesco und dem Bund als Kulturerbe anerkannt, liesse sich die Marke besser schützen. Und daraus kann Kapital geschlagen werden. Von einer Schnapsidee kann also keine Rede sein.
Geschichte vermitteln
Im Weiteren will der Klub Luz auswärtigen Gästen die hiesige Kultur besser vermitteln können. «Gäste sollen verstehen, was an diesem Getränk speziell ist, weshalb es bei uns zu einem Jass dazugehört oder wieso wir es – nicht nur an Grossanlässen wie der Alpabfahrt in Schüpfheim – ausschenken», erklärt Bucher.
Dem Verein schwebt vor, die kulturelle Sphäre, in welche das Kafi Luz eingebettet ist, gezielt zu vermarkten und zu bewahren. Der Klub Luz möchte gemäss Bucher ebenfalls andere Gerichte, die traditionell zu einem Kafi Luz konsumiert werden, wie beispielsweise eine «Romooser Birewegge», in diese Vermarktung eingliedern. Die Erschaffung eines «Erlebnisland Luz» ist dabei die Vision der Verantwortlichen.
Und wer sich nun noch fragt: Ein Kafi Luz wird nebst Schnaps mit sehr dünnem Kaffee zubereitet – meist Filterkaffee. Ein «Entlebucher Schwarzer» hat hingegen dunkleren beziehungsweise stärkeren Kaffee drin.
Nathan Affentranger ist seit März 2024 Praktikant bei zentralplus. Er hat einen Entlebucher Dialekt, eine Antipathie für Beamtensprache und ein Masterdiplom in Philosophie. Am liebsten schreibt er über die kleinen Absurditäten des Alltags.