Zuger Gefahrenkarte ist wieder ajour

Hier könnte es bei Unwettern brenzlig werden

Ein überschwemmtes Gebiet bei der Maschwander Allmend/beim Reussspitz nach heftigem Regen 2021. (Bild: Andreas Busslinger)

Der Kanton Zug hat seine Gefahrenkarte aktualisiert und ergänzt. Diese zeigt zuweilen Erstaunliches auf. Nicht nur Hochwasser ist ein potenzielles Problem für den Kanton.

Erdrutsche, Überschwemmungen, Felsstürze: Was heftiger Dauerregen und fiese Gewitter anstellen können, hat die Schweiz in den letzten Wochen zu spüren bekommen. Insbesondere das Wallis und Tessin wurden bei den Unwettern stark in Mitleidenschaft gezogen. Mehrere Menschen verloren bei den Unglücken ihr Leben, noch immer werden Personen vermisst.

Doch nicht nur Bergkantone sind gefährdet. Das weiss man nicht nur am Bodensee, wo es kürzlich zu zünftigen Überschwemmungen kam. Auch im Kanton Zug gibt es Stellen, wo man bei Gewitter besser nicht zu lange verweilt, und an denen man erst recht kein Haus bauen sollte.

Wo diese Stellen liegen, und was dort drohen könnte, lässt sich ziemlich genau auf der Gefahrenkarte des Kantons Zug erkennen. Diese wurde kürzlich im Auftrag des Regierungsrates aktualisiert und mit noch nicht kartierten Gebieten ergänzt.

Gefahrenstufe wurde eher herab- denn heraufgesetzt

Nora Kieselbach, die Verantwortliche der Abteilung Schutzwald, Waldbiodiversität und Naturgefahren, erklärt auf Anfrage: «Bei der Aktualisierung der bestehenden Gefahrenkarten wurde die bestehende Beurteilung überprüft und nur dort angepasst, wo sich in der Zwischenzeit die Situation deutlich geändert hat.»

Sei es durch das Ergreifen von Schutzmassnahmen, etwa dem Bau eines Geschiebesammlers oder dem Ausbau eines Gerinnes oder ähnliches. Oder aber durch die Eliminierung eines rutschgefährdeten Hanges durch eine neue Überbauung, stark geänderte Fliesswege wegen Bauarbeiten im Siedlungsgebiet, et cetera. «Durch die Neubeurteilung kam es daher tendenziell eher zu einer Herabstufung der Gefährdung, respektive einer Änderung in der Lage und oder der Grösse der gefährdeten Flächen.»

Über eine Gefahrenkarte zu verfügen und diese zu beachten, sei deshalb wichtig, «da aufgrund der Klimaveränderung Naturgefahrenprozesse häufiger und mit grösserer Intensität eintreten werden», schreibt der Kanton Zug in einer Medienmitteilung. «Gleichzeitig wird das Schadenspotenzial durch die wachsende Besiedlung und die Wertsteigerung der Infrastruktur stetig grösser.» Investitionen in die Schadensprävention würden sich lohnen und das Risiko reduzieren. «Angepasste Präventionsmassnahmen schützen Menschenleben und Infrastrukturen und verringern somit nicht nur das Leid, sondern auch die Kostenfolgen im Ereignisfall.»

Kieselbach weiter: «Die grössten Gefahrenquellen waren bereits vorher bekannt, deren Gefahrenpotential wurden in der ersten ‹Gefahrenkartierungsrunde› zwischen 2003 und 2005 schon beurteilt.» Vielerorts seien auch bereits Massnahmen ergriffen worden, sodass die Gefährdung in der revidierten Gefahrenkarte nun entweder herabgestuft wurde und/oder die betroffenen Flächen kleiner wurden.

Die Reuss als potenzielle Gefahr

Ein erster Blick auf die Zuger Gefahrenkarte stimmt tatsächlich vorsichtig positiv: Rot gefärbte Gebiete, an denen demnach eine erhebliche Gefährdung vorliegt, sind die Ausnahme. Dennoch gibt es sie.

Das grösste erheblich gefährdete Gebiet liegt ganz im Nordwesten des Kantons Zug. Es handelt sich um den Reussspitz. Ebenfalls rot eingezeichnet auf der Gefahrenkarte ist die gesamte Reuss, welche die westliche Grenze des Kantons Zug bildet.

Dass die an die Reuss grenzenden Gebiete in Hünenberg als mittelstark bis gering hochwassergefährdet gelten, dürfte kaum jemanden überraschen. Da dieses Gebiet zudem kaum bewohnt ist und vielmehr als Landwirtschaftsland genutzt wird, ist die Gefahr für die Bevölkerung wohl als mässig einzustufen.

Die Gefahr von Hochwassern ist im Gebiet rund um den Reussspitz teils gross. (Rot=erheblich, blau=mittel, gelb=mässig) (Bild: Zugmaps)

Auch besiedelte Gebiete könnten von Hochwasser betroffen sein

Unerwartetes offenbart hingegen der Blick nach Steinhausen. Hier bildet der Dorfbach, der zwar niedlich klingt, eine potenzielle Gefahrenquelle. Steigt er an, könnten ganze Quartiere unter Wasser gesetzt werden. So etwa das Gebiet rund um die Industriestrasse, an der Goldermattenstrasse bis mitten ins Zentrum oder die Bahnhofstrasse. An diesen Orten wird die Hochwassergefahr als mittel eingestuft.

Die mittlere Gefährdung (blaues Gefahrengebiet) ergebe sich gemäss Kieselbach daher, dass schon ein 30-jährliches Ereignis zum Problem werden könne. Sprich: Bei einem Ereignis, das statistisch gesehen alle 30 Jahre vorkomme, könne ein kleiner Teil des Abflusses bei der Eindolung des Dorfbachs Steinhausen oben bei der Bannstrasse nicht geschluckt werden.

«Das Wasser fliesst dann mit geringen Fliesstiefen mit weniger als 25 Zentimetern entlang der Strassen durch das Zentrum, bis es unterhalb der Industriestrasse in das ab dort wieder offene Gerinne zurückfindet», so die Fachfrau. Bis anhin sei für den Dorfbach Steinhausen keine Gefahrenbeurteilung vorgelegen. Es handle sich somit um eine «Ersteinstufung».

Obacht beim Ägerisee-Ufer

Ein Autobahn-Teilstück nordöstlich der Städtler Allmend ist sogar erheblich hochwassergefährdet. Als erheblich gefährdet gilt auch die Lorze zwischen Zugersee bis hin zum Lorzendamm in Baar. Für die Baarer Bevölkerung ist die Gefahr höchstens gering. Das dürfte dem kleinen Damm zu verdanken sein, der die Lorze etwa vom stark besiedelten Gebiet Schutzengel trennt.

Brenzliger könnte es in den Berggemeinden werden. Rund um den Ägerisee sieht der Kanton eine erhebliche Gefahr von Hochwasser. Für die bewohnten Gebiete in Unter- und Oberägeri gilt eine geringe bis punktuell mittlere Gefahr.

Anders sieht es am Ufer des Zugersees aus. Dort gilt maximal mittlere Hochwassergefahr, und dies insbesondere im unbewohnten Gebiet, etwa beim Dersbach in Hünenberg. Apropos Dersbach: An diesem beschaulichen Bächlein ist auch mal der Biber für drohende Überschwemmungen verantwortlich (zentralplus berichtete).

Kleiner Weiher, plötzlich ganz gross

In Risch-Rotkreuz geht insbesondere vom Binzmühliweiher eine erhebliche Hochwassergefahr aus. Eine mittlere Gefahr gilt hingegen auf verschiedenen Strassenabschnitten im Dorfzentrum Rotkreuz. Fun fact: Während auf der Laufbahn des Sportplatzes eine mittlere Hochwassergefahr droht, ist sie innerhalb des Sportplatz-Ovals nur mässig. Der FC Rotkreuz kann also dann noch trainieren, wenn Hobbyleichtathleten forfait geben müssen. Nur um überhaupt auf den Tschuttiplatz zu gelangen, braucht es Gummistiefel.

Auch wenn die Tartanbahn längst unter Wasser ist, kann man womöglich auf dem Rotkreuzer Fussballplatz noch trainieren. (Bild: zvg Zugmaps)

Der Burgbach, eine unscheinbare Gefahrenquelle

Auch in der Stadt Zug weist die Gefahrenkarte an den meisten Stellen maximal eine geringe Hochwassergefahr auf. Dies, obwohl die Gemeinde direkt am Zugersee liegt. Eine mittlere Gefahr gilt hingegen für den Landsgemeindeplatz und den Kolinplatz. Das dürfte mit dem Burgbach zusammenhängen, der an der Burg Zug vorbeiplätschert, oder strömt, je nach Wetterlage. Eine erhebliche Hochwassergefahr macht der Kanton denn auch beim gleichnamigen Schulhaus aus.

Etwas oberhalb der Stadt, nördlich der Maria Opferung, sehen die Behörden noch eine weitere potenzielle Gefahr: Sie stufen die Gefahr, dass das Gebiet rund um den Bohlbach ins Rutschen gerät, als mittel ein. Eine erhebliche Rutschungsgefährdung besteht ausserdem beim Friedbachtobel, oberhalb des gleichnamigen Zuger Ortsteils.

Am Ostufer des Zugersees drohen teils Hangrutsche und Felsstürze

Beim Brunnenbach oberhalb Oberwil sieht der Kanton eine erhebliche Rutschungs- und zudem eine mittlere Sturz-Gefahr. Im Gebiet Räbmatt bei Oberwil hatten die Zuger letztes Jahr überdies grosses Glück. Mehrere Felsblöcke lösten sich aus einem Felsband oberhalb der Siedlung. Der Felssturz wurde durch Baumstämme abgebremst, sodass Schlimmeres verhindert werden konnte.

Der grösste Felsbrocken kam erst nach dem Wald in Oberwil zum Liegen. (Bild: zvg)

Zwischen Oberwil und Walchwil liegen zwar nur wenige bewohnte Gebiete, dennoch könnten Unwetterschäden dort erheblichen Schaden anrichten. Dies, da das Ostufer des Zugersees zur Nord-Süd-Achse des Zugverkehrs gehört.

Dass also das Gebiet oberhalb von Steinibach zwischen Räbmatt und Murpfli erheblich rutschungs- und sturzgefährdet ist, ist also durchaus von Bedeutung. Deutlich prekärer sieht die Situation übrigens auf der Bahnstrecke zwischen Walchwil und Arth-Goldau aus. Dort fährt der Zug auf rund 1,5 Kilometern durch ein Gebiet, das erheblich sturz- und rutschungsgefährdet ist. Erst vor rund drei Monaten sorgte ein Steinschlag für kurzzeitige Zugsausfälle (zentralplus berichtete).

Verwendete Quellen
  • Info zum Felssturz bei Oberwil
  • Gefahrenkarte des Kantons Zug
  • Medienmitteilung des Kantons
  • Schriftlicher Austausch mit Nora Kieselbach, Verantwortliche für Naturgefahren im Kanton Zug
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