Bähnlimann Sepp Renggli geht in Pension

Er ist 6000-mal auf den Krienser Sonnenberg gefahren

Mit 70 ist bei den Bähnlimannen Schluss, so will es das Gesetz. (Bild: Jan Rucki)

Rund 6000 Fahrten hat Sepp Renggli auf dem Buckel. Der bald 70-Jährige ist seit fünf Jahren Bähnlimann bei der Sonnenbergbahn in Kriens. Diesen Sonntag fährt er zum letzten Mal im Führerstand den Luzerner Haushügel hoch und runter.

Seine letzte Fahrt als Bähnlimann wird Sepp Renggli diesen Sonntag absolvieren. Seit 2018 war er während rund 6000 Fahrten für das Wohl seiner Fahrgäste verantwortlich. Am Mittwoch vor seiner letzten Fahrt trifft zentralplus den 69-Jährigen in der Talstation der Krienser Sonnenbergbahn.

«Ich werde am Sonntag zum zweiten Mal pensioniert!», erklärt der wache Mann an diesem kühlen Herbstvormittag. Die Herbstsonne setzt die nostalgische Bahnstation, die er betritt, in ein besonderes Licht. Mit einem sichtbaren kalten Hauch vor dem Mund setzt er sich in die winzige Billettverkaufskabine.

War Bähnlimann – mit Herzblut. (Bild: Jan Rucki)

Aus einer Fremde wurde grosse Leidenschaft

Früher war Renggli beim Zivilschutz angestellt. «Da hatte ich immer viel zu tun und war immer rund um Menschen», erzählt er. «Als ich vor einigen Jahren pensioniert wurde, war für mich klar: Ich kann nicht einfach nichts mehr machen!» Also hat ein Bekannter Rengglis ihn auf die Sonnenbergbahnen hingewiesen, die ständig nach neuem Personal suchten.

«Ich kannte die Bahn nicht gut, aber ich war von Tag eins an wie angefressen.»

Sepp Renggli

«Dieser Job ist etwas für Menschen, die nach der Pension ein Hobby ausüben möchten, das man nicht nur für sich selbst macht», so Renggli. Schliesslich verdiene man nicht genug, um sich einen Lebensunterhalt damit leisten zu können. «Wer hier beginnt, muss dies mit Herzblut und Überzeugung tun.»

Und das tat Renggli auch, als er 2018 als Bähnlimann bei der Krienser Bahn zu arbeiten begonnen hat. Und dies, obwohl der gebürtige Werthensteiner vor seinem Stellenantritt erst zweimal mit der Sonnenbergbahn gefahren ist. «Ich kannte die Bahn nicht gut, aber ich war von Tag eins an wie angefressen.»

Mit dem „blauen Bähnli“ gelangt man zur Aussichtsplattform Sonnenberg
Mit dem «blauen Bähnli» gelangt man zur Aussichtsplattform Sonnenberg. (Bild: Emanuel Ammon / AURA)

Platzangst in der Holzkabine

Nun geht seine Ära am Krienser Haushügel zu Ende – bald steht Renggli zum letzten Mal im Führerstand der Bahn, denn: Mit 70 ist Schluss, so will es das Gesetz. «Ich bin nicht so traurig. Es war eine wundervolle Zeit, die ich niemals missen möchte. Ich hatte unglaublich schöne Erlebnisse. Doch jetzt soll es auch gut sein, ich habe noch andere Dinge, denen ich mich gerne widmen will.»

Zehntausende Gäste hat der Bähnlimann während seiner Zeit bei der Sonnenbergbahn hoch- und runtergefahren. «Und keine einzige Person davon hätte ich nicht gerne hier gehabt. Nie gab es Streit oder unangenehme Situationen, es war immer schön.» So blieb dem abtretenden Bähnlimann besonders die eine Geschichte im Kopf, als er eine Frau als Fahrgast hatte, die unter einer starken Platzangst litt.

«Die Frau hat beim Einsteigen alle Fenster geöffnet und klopfte bei mir an die Scheibe, als ich losfuhr. Also sind wir nochmals retour in die Station gefahren, damit die Frau aussteigen konnte. Sie beruhigte sich und hat es im zweiten Anlauf bis ins Tal geschafft. Das sind die kleinen Erfolgserlebnisse, die wir alle gemeinsam teilen und die unseren Job so schön machen.»

Twint und mehr Genauigkeit

An Schwierigkeiten oder gar Unfälle kann sich Renggli nicht erinnern. «Alles hat immer funktioniert, auch wenn es manchmal knapp wurde.» Mit ernster Miene erzählt er vom Kollegen, den es mal beinahe vom Führerstand gejasst habe. Momente, die er nicht vergessen wird. «Der Job als Bähnlimann ist einer mit viel Verantwortung. Die Sicherheit der Gäste ist oberstes Gebot. Dass Fehler passieren, ist normal. Doch jeder Fehler hat seine Konsequenzen. Man muss also achtsam sein.»

«Ja, bisher haben hier nur Männer gearbeitet.»

Sepp Renggli

Der Job als Bähnlimann habe sich in den letzten Jahren nicht gross verändert. «Klar, wir haben neuere Technologien und seit ein paar Jahren müssen wir noch genauer notieren, wer hoch- und runterfährt – für die Statistik», meint Renggli. «Ach ja, und seit ein paar Jahren kann man auch mit Twint und Karte bezahlen bei uns!», schliesst er lachend ab.

Stadt Kriens sucht neue Bähnlimannen und -frauen

Nun sucht die Stadt Kriens nach neuen Bähnlimannen oder -frauen. Letztere werden sogar von der Stadt förmlich erwünscht. «Ja, bisher haben hier nur Männer gearbeitet. Ich würde es aber auch gut finden, wenn hier mehr und mehr auch Frauen arbeiten würden. Das macht ja keinen Unterschied, oder?», meint Renggli. «So oder so: Ich hoffe, dass die Bahn noch jahrelang bestehen bleiben kann, denn die über 100 Jahre alte Bahn hat einen hohen historischen Wert.»

Apropos historischer Wert: Renggli hat sich blaue Turnschuhe gekauft, als er bei der Bahn angefangen hat. Die trug er jedes Mal, wenn er im Dienst war. Aber nur dann. «Mit meinem Dienstende sind nun auch sie durchgelatscht. Am Sonntagabend werde ich diese dann entsorgen.»

«Alles hat immer funktioniert, auch wenn es manchmal knapp wurde», sagt Renggli. (Bild: Jan Rucki)
Verwendete Quellen
  • Persönliches Gespräch mit Sepp Renggli
  • Mitteilung der Stadt Kriens
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