So war das Zuger Honigjahr

Am «Betonhonig» beissen sich Zuger Imker die Zähne aus

«Betonhonig» macht den Zuger Imkern zu schaffen. (Bild: Fotolia/Pakhnyushchyy)

Schlechtes Wetter und ein Phänomen, das Imker im Kanton Zug und der gesamten Schweiz ratlos zurücklässt: Das Honigjahr 2024 war durchzogen. Teurer dürfte der Honig für Kunden dennoch nicht werden.

Honig fliesst, ist geschmeidig, zart in seiner Konsistenz. Das jedenfalls erhoffen sich nicht nur Kundinnen, sondern auch Imker, wenn diese in ihre Bienenkästen blicken. Um Honig zu gewinnen, nehmen sie die vollen Waben aus den Kästen und schleudern ihn in einer grossen Trommel. Normalerweise.

Dieses Jahr ist die Situation für einige Imker im Kanton Zug anders. Cyrill Arnet, der Präsident des Zuger Imkervereins, sagt: «Das Phänomen, mit dem wir uns heuer beschäftigen mussten, heisst Melezitosehonig. Dieser ist auch unter dem Begriff Betonhonig bekannt.» Klingt nicht gut. «Das ist es auch nicht. Der Honig in der Bienenwabe wird steinpickelhart. Es ist unmöglich, ihn zu schleudern», erklärt er.

Arnet weiter: «Hundert Prozent erforscht ist das Phänomen noch nicht. Doch geht man davon aus, dass eine bestimmte Lausart auf der Rottanne dafür verantwortlich ist, dass sich ein Dreifachzucker bildet, der den Honig erhärten lässt.»

Der harte Honig bekommt auch den Bienen nicht gut

Auch den Bienen dient der Melezitosehonig laut dem Experten nicht. «Es handelt sich um absolut ungeeignetes Winterfutter, da das Volk sehr viel Energie braucht, um den steinharten Honig aufzulösen, um ihn als Nahrung zu nutzen.»

Die Ernte dieses Betonhonigs ist nur mit grosser Anstrengung möglich. «Oder aber mit grosser Hitze.» In der Schweiz schleudern Imkerinnen ihren Honig mit maximal 35 Grad. «Erhitzt man ihn, verändert sich die Qualität und der Geschmack. Er taugt dann nur noch als Backhonig», so der Imker, der selbst betroffen ist.

«Ich habe im Ägerital zwei Stände. Und gerade dort, in den Zuger Bergregionen, haben die Imker dieses Jahr besonders mit dem Melezitosehonig zu kämpfen. Alle Gemeinden sind betroffen: Menzingen, das Ägerital, Neuheim, der Walchwilerberg. Aber auch im Frauentalerwald ist das Phänomen dieses Jahr aufgetaucht.»

«Man hat sehr viel Arbeit und keinen Ertrag. Das macht die Imkerei nicht sonderlich lustig.»

Cyrill Arnet, Präsident des Zuger Imkervereins

Für Bienenzüchter sei das sehr frustrierend, sagt Arnet. «Man hat sehr viel Arbeit und keinen Ertrag. Das macht die Imkerei nicht sonderlich lustig.» Der Betonhonig ist kein neues Phänomen. «Normalerweise trifft es alle vier bis fünf Jahre ein. Doch meist liess sich in der Vergangenheit immer noch ein Teil des Honigs schleudern. Ausserdem scheint es, als würde das Problem immer häufiger auftauchen.»

Feuchtes Wetter begünstigte die Lauspopulation

Er vermutet den Grund darin in der Klimaerwärmung. «Ausserdem hatten wir heuer lange feuchtes Wetter, was die Lauspopulation während der entscheidenden Phase begünstigte.» Auch abgesehen vom pickelharten Honig sei die Honigernte im Kanton Zug «maximal durchschnittlich» gewesen. Dies aufgrund des nassen Frühlings und Frühsommers. «Insbesondere die zweiwöchige Kälteperiode im April, als alles schon blühte, war sehr ungünstig.» Zusammenfassend für die Saison kann man sagen: «Viel Honig in den Völkern, aber wenig im Kessel.»

Massnahmen gegen das Problem des Melezitosehonigs seien schwierig zu ergreifen. «Es hilft, wenn die Biene den Betonhonig einmal umträgt, also von einem Ort im Bienenstock zum nächsten transportiert. Die Tiere brauchen dafür jedoch sehr viel Energie, denn sie müssen ihn dafür wieder auflösen. Dabei geht die Hälfte der Honigsumme verloren.» Ausserdem eigne sich nicht jede Art von Bienenstock für diese Massnahme.

Wer einen Wanderwagen besitze, könne seine Völker an einem Ort platzieren, wo das Problem mit der Rottanne nicht besteht. «Ich selbst besitze zwei solcher mobilen Wagen im Ägerital. Ich beliess sie an Ort und Stelle, denn ich hoffte, dass sich die Situation verbessert, sobald die Weisstanne etwas später blüht.» Dieser Honig sei jedoch nicht gekommen.

Arnet abschliessend: «Positiv ist für mich persönlich jedoch: Meine Völker sind gesund. Und wenn Honig reinkommt, ist die Stimmung in den Bienenstöcken grundsätzlich gut.»

Gesamtschweizer Bilanz ist noch nicht gezogen

Martin Schwegler, Zentralpräsident von Bienen Schweiz, kann noch keine Bilanz zum diesjährigen Honigertrag auf nationaler Ebene ziehen. «Jedes Jahr machen wir eine freiwillige, nicht wissenschaftliche Honigertragsumfrage. Die Umfrage läuft gerade, somit kennen wir die Resultate noch nicht.»

Er ergänzt: «In der Schweiz verzeichnen wir regional immer sehr grosse Unterschiede. Was immer einen grossen Einfluss hat, ist das Wetter.» Doch auch diesbezüglich sei es schwierig, eine übergreifende Bilanz zu ziehen. «Gibt es im Frühling ein Zeitfenster von 14 schönen Tagen, während denen auch gerade die Obstbäume und der Löwenzahn in voller Blüte sind, erzielt man eine gute Ernte, obwohl es insgesamt ein regnerischer Frühling war.»

Doch auch dann könne es vorkommen, dass sich die Ernte des Kollegen, der bloss vier Kilometer entfernt, jedoch 300 Meter höher oben wohne, markant davon unterscheide. Dies, da die Blütezeit bei ihm nicht während dieses sonnigen Zeitfensters stattfand.

Eines sei jedoch klar: Der Betonhonig mache nicht nur Imkern im Kanton Zug, sondern schweizweit zu schaffen. Schwegler stellt fest: «Normal tritt die Melezitose stets lokal auf, heuer ist sie flächendeckend beobachtbar.»

Der Honig wird eher zu günstig verkauft

Auf den Honigpreis dürfte sich die durchzogene Ernte übrigens nicht unbedingt auswirken. Arnet sagt dazu: «Der Richtpreis für Goldsiegel-Honig ist zwar letztes Jahr von 15 auf 17 Franken pro Pfund gestiegen, doch dieser orientiert sich im Grunde nicht am Markt.»

Schwegler ergänzt: «Schweizer Imker könnten deutlich mehr verlangen, ohne auf dem Honig sitzenzubleiben. Anders als in Österreich oder Deutschland ist die Kundschaft in der Schweiz nicht sonderlich preissensibel. Doch weil es sich für die meisten Bienenzüchter um ein Hobby und nicht um einen Beruf handelt, kommt es den meisten auf die paar Franken, die sie mehr verdienen könnten, nicht an.»

Verwendete Quellen
  • Telefongespräch mit Cyrill Arnet
  • Telefongespräch mit Martin Schwegler
  • Website Bienen Schweiz
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