Zuger Wahldeal wird kritisch betrachtet

Vroni Straub: «Stadtratssitz hätte der ALG gebührt»

Barbara Gysel (links) und Tabea Zimmermann Gibson wollten für die Zuger Linken in Stadt- und Kantonsregierung einziehen. (Bild: zvg)

Die CSP Zug stellt das Wahlabkommen zwischen ALG und SP auch im Nachhinein infrage. Bei der Leitung der Zuger Grünen setzte man wohl allzu sehr auf das Prinzip Hoffnung. Eine Analyse.

Die im Vorfeld der Zuger Wahlen zwischen der ALG und der SP geschlossene Vereinbarung gibt noch immer zu reden. ALG und SP einigten sich darauf, gemeinsam nur je eine Person zu den Regierungsrats- und den Zuger Stadtratswahlen antreten zu lassen: Die ALG kandidierte mit Tabea Zimmermann-Gibson für den Regierungsrat, die SP mit Barbara Gysel für den Zuger Stadtrat (zentralplus berichtete).

Kritisch zu diesem Abkommen äussert sich jetzt der Zuger CSP-Gemeinderat Martin Iten: «Es ist kein Geheimnis, dass wir von der CSP diesen Deal zwischen ALG und der SP kritisch sahen und ihn dementsprechend infrage stellten.» Angesichts des Stimmenanteils (rund ein Drittel) und der Gesamtkonstellation (Zweiervakanz), wäre es nach Itens Einschätzung richtig gewesen, in der Stadt mit einer weiteren Kandidatur anzutreten: «Für die CSP war immer klar, dass die ALG an der Reihe ist, um eine dieser Kandidaturen für den Stadtrat aufzustellen.»

Die ALG habe sich aber bekanntermassen für einen Verzicht entschieden. «Die CSP wird sich aber 2026 wieder um einen Stadtratssitz bewerben und freut sich, dass sowohl die ALG wie auch die SP uns bereits jetzt ihre Unterstützung verbindlich zugesagt haben», so Iten.

CSP wurde erst sehr spät einbezogen

Vroni Straub, Co-Präsidentin der CSP Zug und aktuell noch immer Zuger Stadträtin, erinnert an Folgendes: «Ein linker Stadtratssitz ist seit 16 Jahren in den Händen der CSP – und damit auch in den Händen unserer Bündnispartnerin Alternative-die Grünen.»

«Wir waren der Meinung, dass bei einem Stadtrat mit zwei Vakanzen durchaus auch zwei Personen von der linken Seite antreten dürften.»

Vroni Straub, Co-Präsidentin CSP Zug

Vor den diesjährigen Wahlen habe die ALG mit der SP eine Vereinbarung getroffen: Um ihre Kräfte zu bündeln, wollten beide Parteien zusammen bei den Exekutiven der Stadt und des Kantons jeweils nur mit einer einzigen Person antreten. «Die ALG hat uns sehr spät in diese Verhandlungen einbezogen, eigentlich erst dann, als eine Vereinbarung zwischen der SP und der ALG schon fixfertig auf dem Tisch lag», so Straub.

Die CSP habe sich fügen und diese Strategie mittragen müssen: «Obwohl wir eigentlich – vor allem, was die Stadt betrifft – eine andere Haltung vertraten. Wir waren der Meinung, dass bei einem Stadtrat mit zwei Vakanzen durchaus auch zwei Personen von der linken Seite hätten antreten dürfen. Dies wollten aber weder SP noch ALG.»

«Mein Stadtratssitz hätte eigentlich der ALG gebührt»

Gemäss Wähleranteil stünden der linken Seite zwei Sitze zu, erklärt Stadträtin Vroni Straub. Links habe sogar schon drei Sitze gehabt – auch wenn dies noch unter dem Proporz war.

«Die CSP hat dann der Sache zuliebe auf eine eigene Stadtratskandidatur verzichtet und mit der ALG gute Listenplätze ausgehandelt und eine Vereinbarung getroffen, dass wir in vier Jahren mit einer Kandidatur antreten dürfen. Ich persönlich war der Meinung, dass ‹mein› Stadtratssitz eigentlich der ALG gebührt; sie hat mich all die Jahre immer sehr unterstützt. Leider hat sich Tabea Zimmermann für die aussichtslose Regierungsratskandidatur entschieden.» So komme es nun, dass die ALG nun ausser in Steinhausen und in Oberägeri in der Exekutive nicht mehr vertreten sei. «Dies, obwohl sie mehr Wähleranteile hat als die SP», so Straub.

Skeptische Einschätzung bewahrheitete sich

Es gab schon lange vor dem Wahltermin vom Oktober Hinweise, dass der Regierungsratswahlkampf für die ALG sehr schwierig werden würde. Andreas Hürlimann war 2018 als Kandidat der ALG zu den Regierungsratswahlen angetreten. Im Sommer dieses Jahres – also lange vor den Wahlen im Oktober – sagte er gegenüber zentralplus in Bezug auf das Ergebnis der beiden damaligen linken Kandidaturen: «Der Abstand war klar und deutlich. Rund 2000 Stimmen Abstand sind im Kanton Zug eine ganze Menge.» Und fügte an: «Die Herausforderung für Links-Grün bleibt riesig.» Hürlimann sollte mit seiner Einschätzung recht behalten.

Ein Blick auf die vergangenen Wahlergebnisse liefert Hinweise, dass die ALG/CSP aber reelle Chancen auf ein Stadtratsmandat gehabt hätte. Dies vor allem, wenn sie wie heuer die SP als einzige linke Partei hätte antreten können. Das zeigen zum Beispiel die guten persönlichen Ergebnisse diverser ALG/CSP-Vertreter bei den diesjährigen Parlamentswahlen sowohl auf der Ebene der Stadt als auch auf der Ebene des Kantons.

Die Strategie des erneuten Antretens

Zudem hatte Astrid Estermann als ALG-Kandidatin 2018 bei den Stadtratswahlen den sechsten Platz erzielt, obwohl damals auch Vroni Straub von der ALG/CSP mit im Rennen war. Ein wiederholtes Antreten kann unter Umständen zum Erfolg führen. Dies bewies beispielsweise der amtierende Mitte-Regierungsrat Martin Pfister. 2014 glückte ihm der Sprung in die Regierung nicht. In der Ersatzwahl von 2016 wurde Pfister zum Regierungsrat gewählt. Bei der Gesamterneuerungswahl von 2018 glückte ihm gar das beste Resultat aller Gewählten.

2022 hätte die ALG/CSP, wenn sie alleine angetreten wäre, das Ergebnis der GLP-Kandidatin übertreffen müssen. Das kann als klar machbares Szenario bezeichnet werden: Astrid Estermann lag 2018 jedenfalls vor dem damaligen GLP-Kandidaten. Und dies – einfach zur Erinnerung – sogar als zweite Kandidatin der ALG/CSP.

ALG ist sowohl im Kanton als auch in der Stadt grösser

Dass ein Mandat in der Stadtzuger Exekutive für die Linke viel einfacher zu erreichen ist als ein Regierungsratssitz mag auch der Umstand verdeutlichen, dass die als Regierungsrätin nicht gewählte Tabea Zimmermann mit 3188 persönlichen Stimmen bei den diesjährigen Kantonsratswahlen recht deutlich vor der nun gewählten Stadträtin Barbara Gysel (2772 persönliche Stimmen) lag (zentralplus berichtete). Wahlen in die Legislative und in die Exekutive lassen sich nicht im Massstab 1:1 miteinander vergleichen. Einen bestimmten Hinweis liefern die genannten Zahlen aber allemal.

«Die bürgerliche Koalition trägt in Zug sichtbar und ungebrochen.»

Urs Bieri, Politologe GFS Bern

Fazit: Hätte die ALG gleich wie die SP alleine zu den Stadtratswahlen antreten können, wäre die Chance auf einen Erfolg sehr gross gewesen. Und bei einer doppelten linken Kandidatur hätte sich die entsprechende Kandidatin zumindest für die Wahlen 26 in Position bringen können. Und, ganz entscheidend: Die ALG ist sowohl auf Kantons- wie auch auf Stadtebene die stärkere Partei als die SP. Bei den Wahlen 2022 überliess die ALG aber dem kleineren Partner freiwillig und ohne Not die besseren Karten.

Modellierungen hätten vielleicht helfen können

Vielleicht setzte man im Vorfeld der 2022er-Wahlen bei der ALG-Leitung etwas gar stark auf das Prinzip Hoffnung. Ein Aspekt war, dass nach 2018 unklar war, inwiefern die Doppelkandidatur der Linken die linken Stimmen aufgesplittet hatte. Wie das 2022er-Resultat nun zeigt, war dies wohl in eher geringem Ausmass der Fall.

Möglicherweise hätte im Nachgang zu den Wahlen vor vier Jahren eine WählerInnenumfrage etwas Klarheit schaffen können. «Die Frage, ob bei den Wahlen 2018 das erwartete Splitting stattgefunden hat, hätte man eventuell mit Modellierungen berechnen können», erklärt Urs Bieri, Politologe beim Forschungsinstitut GfS Bern.

Ein zu wenig beachteter Aspekt

Dass Laura Dittli viele Stimmen machen würde, war aufgrund ihrer Vernetzung, ihrer medialen Präsenz und der Einbindung in das Dreierticket der Mitte zu erwarten. Wenig oder kaum thematisiert wurde im Vorfeld aber, dass 2018 die am schlechtesten gewählten Regierungsräte (Plätze 5, 6 und 7) allesamt neu angetreten waren.

Es war naheliegend, dass diese 2022 als Bisherige klar besser abschneiden würden als vier Jahre zuvor. Was dann auch deutlich so eintraf. Politologe Urs Bieri sieht in diesem Umstand ebenfalls eine wichtige Begründung für das Wahlergebnis. Bieri fügt an: «Was man sicher sagen kann, die bürgerliche Koalition trägt in Zug sichtbar und ungebrochen.»

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