Bevorstehende Abstimmung

Transparenzinitiative Zug: Wie detailliert darfs sein?

Vor rund vier Jahren wurde die Transparenzinitiative lanciert – nun stimmen die Zuger darüber ab. (Bild: Archivbild: zvg)

Wer finanziert die Zuger Politiker, und wie sind diese verbandelt? Das will die Transparenzinitiative offenlegen. Die Zuger Bevölkerung kann zwischen Initiative, Gegenvorschlag und Status quo wählen. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Bei den Nationalrats- und Ständeratswahlen im Oktober 2023 erhielten Zuger erstmals einen groben Einblick in die Portemonnaies der Parteien (zentralplus berichtete). Was auf nationaler Ebene gilt, will ein Initiativkomitee um die Junge Alternative nun auch im Kanton etablieren (zentralplus berichtete). Ihre Transparenzinitiative kommt am 9. Juni an die Urne, samt eines Gegenvorschlags der Regierung und des Kantonsrats. zentralplus beantwortet die wichtigsten Fragen.

Was will die Transparenzinitiative?

Die Transparenzinitiative verlangt, dass Zuger Politikerinnen ihre Finanzen und Interessenbindungen offenlegen sollen. Dabei orientieren sich die Initianten am Nachbarkanton Schwyz, bei dem ein entsprechendes Gesetz im Sommer 2022 in Kraft getreten ist.

Neu müssten Personen und Organisationen, die sich an Zuger Wahlen oder Abstimmungen beteiligen, ihre Finanzen offenlegen. Jegliche Geld- oder Sachspenden müssten im Budget der Person oder der Partei aufgeführt sein. Ab bestimmten Beträgen müssten sie auch die Namen ihrer Spenderinnen offenlegen: bei Unternehmen ab Spenden von 1000 Franken pro Jahr, bei Privatpersonen ab 5000 Franken. Anonyme Spenden dürften sie nicht mehr entgegennehmen.

Weiter müssten alle Personen, die für ein öffentliches Amt im Kanton oder in der Gemeinde kandidieren, ihre Interessenbindungen ausweisen. Wer gewählt ist, müsste diese Liste jährlich aktualisieren. Der Kanton oder eine unabhängige Stelle soll die Angaben kontrollieren. Wer gegen diese Regeln verstösst, zahlt eine Busse.

Wo gibts solche Regeln schon?

Auf nationaler Ebene sind Transparenzregeln zur Politikfinanzierung seit Oktober 2022 in Kraft. Deutlich länger gibt es eine solche Regel im Kanton Tessin. Die Tessiner kennen seit 1998 eine Offenlegungspflicht für politische Spenden. Ein Jahr später kam der Kanton Genf hinzu. Deutlich später – 2014 – stiess der Kanton Neuenburg als dritter hinzu.

In jüngerer Zeit stimmten zudem die Schwyzerinnen, Fribourger und Schaffhauserinnen einer entsprechenden Initiative zu. Auch einzelne Gemeinden haben bereits Regeln eingeführt. So beispielsweise die Stadt Bern und seit Kurzem auch die Stadt Luzern (zentralplus berichtete).

Was sagen die Befürworter dazu?

Für die Initiative sind die Alternative – die Grünen, die SP, beide Jungparteien, die CSP, Parat, die EVP und die Gewerkschaft VPOD. Damit sich die Stimmbevölkerung eine fundierte Meinung bilden könne, müssten sie die Abhängigkeitsverhältnisse der Parteien und Kandidatinnen kennen, sind die Initianten überzeugt. National gebe es diese Regel schon – mit der Initiative könnten sie die Lücke auf Kantonsebene schliessen.

Dies sei insbesondere für den Kanton Zug relevant, da hier am meisten Geld pro stimmberechtigte Person ausgegeben werde (zentralplus berichtete). Wer mehr finanzielle Mittel habe, sei bei Wahlen und Abstimmungen im Vorteil und habe durch Werbung, Plakate und Co. mehr Möglichkeiten, dass die eigenen Anliegen gehört würden. Zudem erhöhe die Politik mit Transparenz das Vertrauen in der Zuger Bevölkerung.

Woher stammt das Geld für den Plakatwald vom vergangenen Herbst? (Bild: Andreas Busslinger)

Um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, veröffentlichen die Komiteemitglieder seither ihre Wahl- und Abstimmungsbudgets auf ihrer Website. Für die Abstimmung zur Transparenzinitiative wendet das Komitee beispielsweise 14’235 Franken auf. Davon stammen 1735 Franken von Spendern.

Was sagen die Gegner?

Gegen die Initiative sind Mitte, FDP, SVP, Regierung und die Mehrheit des Kantonsrats. Für sie schaffe die Initiative lediglich eine «Scheintransparenz». Die nackten Zahlen wie bei den eidgenössischen Wahlen hätten den Wählerinnen nur wenig neue Erkenntnisse gebracht, argumentieren die Gegner. Auf der anderen Seite führe das nur zu viel Bürokratie und Aufwand für Parteien wie Verwaltung.

Auch kritisieren die Gegnerinnen, würden Politiker durch die Initiative unter Generalverdacht gestellt, korrupt zu sein. Zudem sei der Wert der Freiwilligenarbeit zigfach wertvoller als die gespendeten Beträge. Auch plädieren sie für ein Recht auf Persönlichkeitsschutz, gerade in Zeiten von «Cancel Culture», wo sich Leute kaum mehr getrauten, ihre Meinung nach aussen zu tragen.

Stark kritisieren sie auch einen «Formfehler»: Der Initiativtext sei viel zu detailliert für die Verfassung. Die Forderung gehöre zwar in die Verfassung, Details zur Umsetzung – wie die Schwellenwerte – würden aber in ein Gesetz gehören. So handhabt das auch der Kanton Schwyz.

Inwiefern unterscheidet sich der Gegenvorschlag?

Eigentlich wollte die Zuger Regierung die Initiative erst komplett ohne Gegenvorschlag ablehnen (zentralplus berichtete). Der Kantonsrat rang sich jedoch trotzdem zu einem durch, diesen hat er mit 55 zu 20 Stimmen empfohlen. Im Gegenvorschlag nehmen die Gegner ihre Formkritik auf: Dieser beinhaltet lediglich die zentrale Forderung, dass die Parteien ihre Finanzierung offenlegen. Alles Weitere würde in einem dazugehörigen Gesetz geregelt.

Genau diesen Punkt kritisieren die Initianten: Die Erfahrung aus anderen Kantonen zeige, dass die Initiativen bei der konkreten Ausgestaltung im Gesetz verwässert würden. Zumal die Mehrheit im Kantonsrat aus Gegnern der Initiative besteht. Ein wichtiger Unterschied zum Initiativtext ist zudem der Geltungsbereich: Im Gegenvorschlag werden die Gemeinden ausgeklammert.

Spannend dazu: Während sich die bürgerlichen Parteien im Parlament hinter den Gegenvorschlag stellten, lehnen die SVP und FDP in den Parolen sowohl Initiative als auch Gegenvorschlag ab. In der entsprechenden Medienmitteilung der Mitte ist hingegen nicht ersichtlich, was sie vom Gegenvorschlag hält – die Initiative lehnt sie aber ab.

Ist die Transparenzinitiative lückenlos?

Die Initianten bezeichnen den Gegenvorschlag als «verwässert», wasserdicht ist aber auch die Initiative nicht. Nur schon, weil die Angaben auf Selbstdeklaration der Politiker beruhen. Zudem lassen sich die Limits leicht umgehen, indem Spender die Schwelle knapp unterschreiten. Passiert ist das etwa in Bern: Dort erhielt ein bürgerliches Abstimmungskomitee mehrere Spenden in der Höhe von 4999.50 Franken – 50 Rappen unter dem Limit. Verschleiern können die Spenderinnen ihre Identität auch, indem sie die Spende über Vereine oder Stiftungen abwickeln.

Wie geht es weiter?

Nehmen die Zuger die Transparenzinitiative an, müsste die Zuger Regierung ein geeignetes Meldetool für die Deklarationen entwickeln. In seinem Bericht erwähnte der Regierungsrat, dass Zug wohl die Software von Schwyz übernehmen könnte. Dies würde mit 150’000 Franken zu Buche schlagen. Hinzu kämen jährliche Betriebskosten von 50’000 Franken plus einer zusätzlichen Vollzeitstelle in der Finanzkontrolle.

Nehmen die Zugerinnen jedoch den Gegenvorschlag an, müssten die Regierung und das Parlament zuerst eine Teilrevision des Wahl- und Abstimmungsgesetzes oder ein separates Transparenzgesetz entwerfen. Je nach Ausgestaltung kämen auch hier beispielsweise Zusatzkosten für ein Meldetool oder eine Kontrollstelle hinzu. Die Realisierung würde jedoch deutlich länger dauern.

Lehnen die Zuger beide ab, ändert sich vorläufig nichts. Einblicke ins Portemonnaie der Zuger Politik gibt es nur, wenn sie sich bei nationalen Abstimmungen beteiligt. Oder 2027 zu den nächsten eidgenössischen Wahlen.

Verwendete Quellen
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