Nach Zuger Abstimmungsdebakel

Transparenz-Abstimmung: Partei bleibt auf Kosten sitzen

Am 22. September wird die Transparenz-Abstimmung wiederholt. So war das nicht geplant. (Bild: wia/zvg)

Am 22. September wird in Zug erneut über mehr Transparenz in der Politikfinanzierung abgestimmt. Dies, weil die erste Abstimmung ungültig erklärt wurde. Um den Abstimmungskampf bestreiten zu können, ist das Initiativkomitee auf Unterstützung von aussen angewiesen.

Sie wollten mehr Transparenz, jetzt haben sie den Salat. Die Junge Alternative Zug brachte im vergangenen Juni die Transparenz-Initiative vors Volk. Ihr Ziel: Zuger Politikerinnen, die sich an Wahlen und Abstimmungen beteiligen, sollen künftig ihre Finanzen und Interessenbindungen offenlegen müssen.

Neben dem Anliegen der linken Partei wurde der Stimmbevölkerung auch ein Gegenvorschlag unterbreitet, welcher, anders als der Initiativtext, die Gemeindeebene ausklammert.

So weit, so gut, am 9. Juni wurde abgestimmt. Doch noch am Abstimmungssonntag wurde klar, dass da etwas faul ist. Die Verkündung der Resultate wurde mehrmals herausgezögert, bis letztlich bekannt gegeben wurde: Die Abstimmung sei ungültig zu erklären. Der Grund: Zum Teil würden in verschiedenen Gemeinden ungültige Stimmzettel mitgezählt, was das Resultat der Abstimmung verfälscht habe (zentralplus berichtete).

«Aus demokratischer Sicht ist es schlimm, was passiert ist.»

Delia Meier, Gemeinderätin der Jungen Alternative Zug

Nachzählen sei nicht möglich, verkündete die zuständige Direktion wenig später. Die Transparenz-Abstimmung müsse wiederholt werden. Bei der Jungen Alternative sowie der Mutterpartei ALG war man entsprechend erzürnt. Dies insbesondere, da die Initiantinnen keine Schuld traf. «Entsprechend spürten wir bereits am Abstimmungssonntag auch von anderen Parteien eine grosse Solidarität. Aus demokratischer Sicht ist es schlimm, was passiert ist», äussert sich Delia Meier vom Initiativkomitee gegenüber zentralplus.

Die verwirrende Perforation

Fehler passierten vielmehr in der Ausgestaltung der Vorlage respektive in den Abstimmungsbüros. Die betreffende Vorlage wurde auf drei Zettel gedruckt, welche mittels Perforation verbunden waren. Wer nur einen oder zwei der drei Zettel ins Couvert schmiss, stimmte automatisch ungültig ab. Auf dem Anleitungsblatt stand denn auch relativ klein vermerkt, dass die einzelnen Stimmzettel nicht voneinander abzutrennen seien.

Die ALG-Fraktion gelangte nur einen Tag nach der Abstimmung mit einer Kleinen Anfrage an die Zuger Regierung. Nun liegen die Antworten vor. Auch auf die Frage, weshalb die Direktion des Innern (DI) die Stimmzettel überhaupt perforiert habe. Der Grund sei bei der Einwohnergemeinde Baar zu finden. Sie habe das Anliegen geäussert, «der Stimmzettelbogen sei zu perforieren, insbesondere im Hinblick auf die einzelnen Fragen der zweiten Vorlage», also jener der Transparenz-Initiative.

«Begründet wurde das Anliegen damit, dass andernfalls der Aufwand bei den Gemeinden in den Stimmbüros spürbar grösser sei, da bei einem einzigen (ganzen, nicht trennbaren) Stimmzettel für die zweite Vorlage die Erfassung der einzelnen Fragen manuell erfolgen müsste», schreibt der Regierungsrat in seiner Antwort. Dementsprechend hätte ohne Perforierungen der Stimmzettel die Auszählung in den gemeindlichen Stimmbüros voraussichtlich auch mehr Zeit in Anspruch genommen.

Regierung beharrt darauf, dass nur alle drei Zettel eine Einheit bilden

Die Regierung sei dem Anliegen nachgekommen. Dies, obwohl sich der Zuger Regierungsrat der Tatsache bewusst gewesen sei, dass durch die Perforierung die Möglichkeit bestehe, dass einige Stimmbürger ungültig abstimmen würden. «Diesem Szenario kam er entgegen, indem der Hinweis ‹Bitte nicht trennen› auf den Stimmzetteln angebracht wurde sowie ein entsprechender schriftlicher Hinweis den Abstimmungsunterlagen beigelegt wurde.»

Im Zuge der Erarbeitung der Vorlage habe die Direktion des Innern eine rechtliche Prüfung vorgenommen. «Dabei kam man zum Schluss, dass der neue Stimmzettel zur Vorlage 2 in rechtlicher Hinsicht eine Einheit bildet, auch wenn er perforiert ist, und die entsprechenden Fragen an die Stimmbevölkerung auf drei Teilstimmzetteln gestellt werden.»

Die Gemeinden wurden vorgängig informiert

Diesen Umstand habe man auch den Gemeinden im Vorfeld zur Abstimmung klargemacht. «Der Kanton hat die Einwohnergemeinden darauf hingewiesen, dass die
Teilstimmzettel zur Vorlage betreffend Transparenz-Initiative und Gegenvorschlag zusammen in rechtlicher Hinsicht aufgrund von Vorgaben des kantonalen Wahl- und Abstimmungsgesetzes einen Stimmzettel bilden.»

Er habe ebenfalls darauf hingewiesen, dass ein Fehlen eines Teilstimmzettels oder zweier Teilstimmzettel zur Ungültigkeit des ganzen Stimmzettels führen würde und diese Stimmabgaben somit nicht berücksichtigt würden. «Keine der elf Einwohnergemeinden hat im Nachgang an den Erhalt dieser Informationen ein Veto in Bezug auf diese Vorgehensweise erhoben», schreibt die Regierung weiter.

Erneuter Abstimmungskampf strapaziert die Parteikasse

Ein Thema, das insbesondere für eine Jungpartei von grosser Bedeutung ist, ist jenes der Kostenübernahme. So stellte die ALG-Fraktion der Regierung auch die Frage, ob der Regierungsrat bereit ist, für den Schaden aufzukommen, der dem Initiativkomitee bei der Durchführung einer zweiten Abstimmung entsteht.

«Wir waren ja nie davon ausgegangen, dass wir die Kampagne zweimal fahren müssten.»

Delia Meier

Delia Meier dazu: «Nun hat der Abstimmungskampf für die Wiederholung der Transparenz-Abstimmung begonnen. Für die Junge Alternative erfordert die Kampagne, egal in welcher Form sie geführt wird, grosse finanzielle Ressourcen.» Und weiter: «Wir waren ja nie davon ausgegangen, dass wir die Kampagne zweimal fahren müssten.» Die Kosten seien für die Jungpartei daher beträchtlich. Dies selbst, wenn man nur das Minimum mache respektive ein paar Flyer verteile und Plakate aufstelle.

Bürgerliche Parteien rotten sich zusammen

Nur das Minimum zu machen, scheint sich die Junge Alternative nicht «leisten» zu können. Meier gibt zu bedenken: «Die FDP und die SVP haben bereits ein überparteiliches Gegenkomitee gegründet. Dieses existierte bei der ersten Abstimmung noch nicht.» Die Jungpolitikerin sagt weiter: «Ich gehe davon aus, dass die beiden Parteien nach der Abstimmung im Juni gemerkt haben, dass eine Mehrheit für Initiative und insbesondere den Gegenvorschlag durchaus realistisch ist. Deshalb legen sie sich nun ins Zeug.»

«Es besteht keine separate gesetzliche Grundlage, welche eine kantonale Entschädigung in einem solchen Fall vorsieht.»

Regierungsrat in seiner Antwort

Von einer Übernahme der Kampagnenkosten will die Regierung jedoch nichts wissen. «Es besteht keine separate gesetzliche Grundlage, welche eine kantonale Entschädigung in einem solchen Fall vorsieht. Für die Frage einer Entschädigung gilt es somit zu prüfen, ob den Kanton vorliegend eine Haftung trifft.» Ein allfälliges Staatshaftungsbegehren sei in diesem Fall bei der Sicherheitsdirektion einzureichen, welche daraufhin den geltend gemachten Anspruch prüfe und eine Stellungnahme abgebe, ob die Voraussetzungen für eine Haftung gegeben seien.

Partei überlegt sich den Rechtsweg

Die Junge Alternative ist noch unschlüssig, ob ein Staatshaftungsbegehren für sie einen gangbaren Weg darstellt. «Wir prüfen das aktuell. Soweit wir informiert sind, gibt es dafür eine jährige Frist. Kommt dazu, dass der Rechtsweg mit grossen finanziellen Risiken einhergeht», sagt Meier.

Zunächst will sich die Jungpartei nun jedoch auf das Dringliche konzentrieren, nämlich auf die Abstimmungskampagne. Diese geht am 22. September in die zweite Runde. «Wir haben zu diesem Zweck ein Crowdfunding lanciert mit dem Ziel, damit 3000 Franken zu generieren. Zusammen mit Rückstellungen sowie Zusprüchen aus Komiteeparteien sollte das voraussichtlich reichen», so Meier.

Verwendete Quellen
  • Antwort der Zuger Regierung auf die Kleine Anfrage der ALG-Fraktion
  • Kleine Anfrage der ALG-Fraktion
  • Telefongespräch mit Delia Meier
  • Medienmitteilung des Abstimmungskomitees
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