Politiker fordern Stadt zum Handeln auf

Drogen an Baselstrasse: «Kinder müssen das mitansehen»

Grünen-Grossstadträtin Selina Frey (im Bild) möchte gemeinsam mit Parteikollege Marco Müller die Baselstrasse in Luzern für Kinder zu einem sichereren Ort machen. (Bild: ida/zvg)

Der zunehmende Drogenkonsum ist in Luzern sichtbar, manchmal gar auf Spielplätzen. Die Grünen wollen nun Kinder und Jugendliche besser vor den negativen Einflüssen der Drogenszene schützen – insbesondere im Babel-Quartier.

Sie sind beim Perron 2, bei den Bänkli an der Reuss beim Kasernenplatz (zentralplus berichtete) oder kramen in einem Hauseingang in der Neustadt ihre metallene Pfeife hervor, um Crack zu rauchen: Drogensüchtige in Luzern. Der Konsum von Drogen ist in Luzern eine Realität, die sichtbar ist. Primär der zunehmende Crackkonsum hält die Stadt auf Trab. Sie hat deswegen Massnahmen ergriffen (zentralplus berichtete). Viele Luzernerinnen fühlen sich dennoch unsicher, das Drogenproblem lässt wohl keinen kalt (zentralplus berichtete).

Zwei Mitglieder des Grossen Stadtrates in Luzern sorgen sich nun um eine ganz spezielle Gruppe: Kinder und Jugendliche. So reichten Selina Frey und Marco Müller kürzlich namens der Grüne/Junge Grüne-Fraktion ein Postulat ein, um Junge besser vor Drogen zu schützen.

«Gerade für die Kinder und Jugendlichen, die im Babel-Quartier aufwachsen, ist die ständige Präsenz von Drogen eine Realität», schreiben sie darin. Ob auf dem Weg zur Schule, beim Spielen auf dem Spielplatz oder beim Bummeln – «ständig sehen sie Menschen, die Drogen konsumieren, Menschen, denen es schlecht geht».

Kinder sehen den Zerfall der Süchtigen

Auf Anfrage erläutert Frey, dass sie mit ihren Parteikollegen kürzlich durchs Babel-Quartier spaziert sei. Dabei hätten sie etwa beim Spielplatz Dammgärtli Szenen gesehen, die man von Spielplätzen so nicht kenne: Einige Personen hätten gedealt, andere Drogen konsumiert. In den Gebüschen seien Kondome gelegen.

Frey selbst wohnt in der Neustadt. Auch da sei der Drogenkonsum in letzter Zeit sichtbarer geworden – aber nicht in dem Ausmass, wie er im Babel-Quartier sichtbar sei.

«Es gibt viele Kinder und Jugendliche, die das mitansehen und miterleben müssen. Sie sind schutzlos.»

Selina Frey, Grünen-Grossstadträtin

Für Familien sei es nicht immer einfach. So kenne die Grünen-Grossstadträtin Familien, deren Kinder von der St.-Karli-Strasse Freunde in der Baselstrasse nicht mehr besuchen wollen. «Die Kinder sagen, dass es dort so viele Menschen gibt, die so aussehen, als würden sie bald sterben», so Frey.

Zwar sehe sie die Chance, dass Familien den sichtbaren Drogenkonsum und die Folgen davon nutzen könnten, Kinder altersgerecht darüber aufzuklären. Und auch Süchtige dürften ihren Platz haben, so Frey. Sie sagt aber auch: «Es gibt viele Kinder und Jugendliche, die das mitansehen und miterleben müssen. Sie sind schutzlos. Zudem besteht die Gefahr, dass Jugendliche so selbst mit Drogen in Kontakt kommen.»

Junge müssen vermehrt in den Blickwinkel geraten

Eine Befürchtung, die Arjen Faber teilt. Er ist Leiter der SIP, die eine Art Brückenfunktion zwischen sozialer Arbeit und Ordnungsdiensten wahrnimmt. «Bei der SIP begegnen wir vielen Jugendlichen, die sich der Drogenszene annähern», sagte er im Mai gegenüber zentralplus. Ihm und seinem Team seien rund 30 Jugendliche bekannt, die sich regelmässig auf dem Bahnhofsgelände aufhalten würden. Viele von ihnen seien neugierig und offen, Drogen auszuprobieren. Und nicht selten würden sie diese auch verharmlosen. Ein Sprecher der Luzerner Polizei hielt ebenfalls fest, dass insbesondere Kokain zu einem jüngeren Publikum finde (zentralplus berichtete).

Die Grossstadträte Frey und Müller sind überzeugt: «Durch die ständige Präsenz des Konsums, das Miterleben von Kriminalität oder auch das Miterleben von Gewaltszenen entsteht bei den Kindern und Jugendlichen der Eindruck, dass dies zur Normalität gehört.»

Das, aber auch fehlende Vorbilder und Zukunftsperspektiven, mangelnde Aufklärung sowie die leichte Verfügbarkeit von Drogen könnten gemäss Frey und Müller dazu führen, dass Jugendliche an Drogen gelangen.

Grossstadträte fordern Konzept

Deswegen fordern sie die Stadtluzerner Regierung auf, mithilfe von Fachorganisationen ein umfassendes Konzept zu erarbeiten. Dieses soll festhalten, wie die Stadt Kinder und Jugendliche besser davor schützen kann. Im Konzept sollten Massnahmen sein, um Jugendliche direkt anzusprechen – beispielsweise über Influencer oder die Social-Media-Plattform Tiktok. So sollen Junge über Drogen sowie die Folgen und Risiken aufgeklärt werden.

«Wäre im Wesemlin-Quartier der Drogendeal und -konsum so sichtbar, hätte man vermutlich schon längst reagiert.»

Selina Frey

Auch fordern Frey und Müller Massnahmen, um suchtgefährdete Kinder und Jugendliche besser und früher auffangen zu können. Allenfalls sei eine Meldestelle, wie sie die Stadt Zürich bereits hat, zu prüfen. Dort können seit 2011 Amtsstellen und Fachleute aus verschiedenen Bereichen wie Erziehung, Sozialwesen und Polizei gefährdete Kinder und Jugendliche beim Drogeninformationszentrum Zürich melden. Dieses wiederum lädt die Kinder zu einem Abklärungsgespräch ein. Kann das Drogeninformationszentrum eine Gefährdung feststellen, wird das Kind weiter beraten.

Spezifisch aufs Babel-Quartier bezogen, fordern Frey und Müller, dass die Stadt attraktive Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche schaffe, beispielsweise durch einen Jugendraum im Quartier. Auch könnte der Kindernachmittag des Sentitreffs im Dammgärtli ausgebaut werden, um Familien zu unterstützen.

Für Frey ist klar: Gerade junge Menschen müssten besser vor Drogen geschützt werden, insbesondere in belasteten Quartieren. «Wäre im Wesemlin-Quartier der Drogendeal und -konsum so sichtbar, hätte man vermutlich schon längst reagiert. Jetzt ist Zeit, zu handeln.»

Verwendete Quellen
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