90 Millionen Franken stehen auf dem Spiel

Mögliche Steuersenkung: Drohen in Luzern erneute Schulschliessungen?

Geht es nach den Bürgerlichen, zahlt die Luzerner Bevölkerung ab 2025 weniger Steuern. (Bild: Adobe Stock)

Die bürgerlichen Parteien des Luzerner Kantonsrats wollen ab 2025 die Steuern senken. Das würde dem Kanton jährlich 90 Millionen Franken weniger einbringen. Die Linke befürchtet neue Sparmassnahmen.

Eine Woche lang waren die Schulen im Kanton Luzern vor sieben Jahren geschlossen. Grund dafür war der desolate Zustand des kantonalen Finanzhaushaltes. Sparen war angesagt. Man tat dies auf dem Buckel der Bildung und der Schüler (zentralplus berichtete). Dies wiederum führte zu Unmut in Teilen der Bevölkerung, so demonstrierten etwa betroffene Jugendliche gegen die Sparmassnahme.

Nun könnte es wieder so weit kommen. Das zumindest befürchten linke Vertreter im Luzerner Kantonsrat. Am Mittwoch gab die Planungs- und Finanzkommission (PFK) bekannt, dass sie die Steuern ab dem Jahr 2025 senken möchte. Sie will einen Steuerfuss von 1,5 Einheiten, heute steht er bei 1,6. Dies beantragt die PFK mittels einer Bemerkung im neuen Aufgaben- und Finanzplan, den die Regierung Ende August vorstellte und die Kommission daraufhin behandelte. Hinter der Idee stehen die SVP, FDP und die Mitte, wie eine Anfrage von zentralplus zeigt.

GLP: «Das ist opportunistischer Wahlkampf»

Mit der Steuersenkung würden rund 90 Millionen Franken jährlich weniger in den kantonalen Finanztopf fliessen. Die linken Parteien inklusive Grünliberale stellen sich nun auf die Hinterbeine. GLP-Fraktionspräsidentin und PFK-Mitglied Claudia Huser kritisiert gegenüber zentralplus die Pläne stark: «Das ist eine reine Provokation und opportunistischer Wahlkampf.»

«Bevor die durch die Tiefsteuerstrategie angerichteten Schäden überhaupt vollständig aufgeräumt werden können, wird der Weg für einen weiteren Leistungsabbau geebnet.»

SP Kanton Luzern

Sie sagt, die Grünliberalen würden die Steuergesetzrevision unterstützen. Diese Revision ist schon länger geplant und separat von der nun vorgeschlagenen Steuerfusssenkung. Sie soll wegen des Inkrafttretens der OECD-Mindeststeuer juristische und natürliche Personen im Kanton um rund 200 Millionen Franken jährlich entlasten. Huser: «Der Kanton Luzern braucht Massnahmen, um attraktiv zu bleiben. Mit der Revision kann das sichergestellt werden. Aber die vorgeschlagene Steuerfusssenkung hilft den Familien kaum.»

Wem nützt die Steuersenkung tatsächlich?

Die SP schreibt: «Es drohen erneut Zwangsferien bei kantonalen Schulen oder die Schliessung von Polizeiposten (zentralplus berichtete). Bevor die durch die Tiefsteuerstrategie angerichteten Schäden überhaupt vollständig aufgeräumt werden können, wird der Weg für einen weiteren Leistungsabbau geebnet.»

Fabrizio Misticoni, Grünen-Kantonsrat und Mitglied der Finanzkommission, sagt: «Von Steuersenkungen profitieren vor allem einkommensstarke Menschen und grosse Unternehmen überproportional auf Kosten der Gesamtbevölkerung.» Die Frage müsse erlaubt sein, wem die Steuersenkung wirklich wie viel bringe.

«Unsichere Einnahmen werden mit sicheren Ausgaben verplant»

Die bürgerlichen Parteien sehen das diametral anders. Mitte-Fraktionspräsident Adrian Nussbaum weist darauf hin, dass der Kantonsrat die Regierung vor einem Jahr aufgefordert hätte, das Ausgabenwachstum zu drosseln. Doch die Regierung habe mit den erwarteten zusätzlichen Einnahmen in den kommenden Jahren auch die Ausgaben entsprechend angepasst. «Damit werden unsichere Einnahmen mit sicheren Ausgaben verplant. Die Mitte betrachtet dieses Vorgehen als kritisch, weil wir dadurch das Risiko eines künftigen Sparpakets im Falle, dass die budgetierten Einnahmen nicht wie erwartet kommen, stark erhöhen.»

«Der Übermut von heute ist das Sparpaket von morgen.»

Adrian Nussbaum, Fraktionspräsident Mitte

Die geforderte Steuerfusssenkung sei ein mögliches Mittel, um dieses Risiko zu senken. Es gehe dabei nicht primär darum, die Steuern zu senken, sondern vielmehr um das relativ hohe Ausgabenwachstum zu drosseln. «Der Staat darf bei steigenden Einnahmen nicht übermütig werden. Der Übermut von heute ist das Sparpaket von morgen.»

SVP verlangt «Priorisierung» der Aufgaben

Die Bürgerlichen argumentieren, die Ausgaben würden zu stark wachsen. Das habe der Kanton in den Griff zu kriegen. FDP-Kantonsrat und Mitglied der Finanzkommission Andreas Bärtschi sagt, dem Kanton stünden mit dem neuen Finanzplan im Jahr 2025 immer noch über 100 Millionen Franken mehr zur Verfügung als mit dem Finanzplan des vergangenen Jahres. «Damit kann der Kanton Luzern auch in Zukunft seine Finanzen im Griff haben.»

«Sollten sich die Finanzen des Kantons verschlechtern, kann die Steuersenkung ohne Volksabstimmung rückgängig gemacht werden.»

Andreas Bärtschi, FDP-Kantonsrat

Die SVP weist darauf hin, dass der Kanton für das nächste Jahr ein Wachstum von 260 Vollzeitstellen plane. Kantonsrat und PFK-Mitglied Reto Frank findet: «Aufgaben müssen wo immer möglich priorisiert werden. Dies erfordert am Ende nicht mehr Personal.» Er sagt, der Kanton habe die Finanzen sehr gut im Griff. Seit dem Jahr 2000 habe der Kanton Luzern einen Schuldenberg in der Höhe von gut zweieinhalb Milliarden Franken ab- und ein Nettovermögen von 471 Millionen aufgebaut.

Bürgerliche schliessen Schulschliessungen aus

Doch was sagen die Bürgerlichen zur Befürchtung der linken Parteien, dass es zu Sparmassnahmen wie 2016 kommen wird – beispielsweise die geschlossenen Schulen? Damals habe der Kanton vorübergehend in allen Hauptaufgabenbereichen Sparmassnahmen getätigt. «Das ist mit der heutigen finanziell guten Lage kaum mehr denkbar», sagt Reto Frank.

FDP-Kantonsrat Andreas Bärtschi sieht das ähnlich. Der Kanton sei heute finanziell viel besser aufgestellt als damals. Er sagt zudem: «Sollten sich die Finanzen des Kantons verschlechtern, kann die Steuersenkung ohne Volksabstimmung rückgängig gemacht werden.» Zu beachten gilt jedoch, dass es bei einem solchen Szenario die Möglichkeit für ein Referendum gäbe.

Mitte-Kantonsrat Adrian Nussbaum schreibt, es gehe nicht darum, Leistungen abzubauen, sondern das Wachstum der Ausgaben zu drosseln. «Der Vorwurf, dass es zu Schulschliessungen oder Kürzungen bei der Prämienverbilligung kommen würde, ist somit absolut unbegründet.»

Regierungsrat hat Spielraum

Als Nächstes ist der Kantonsrat an der Reihe. Er behandelt den Aufgaben- und Finanzplan an der Oktobersession. Doch selbst wenn es im Parlament eine Mehrheit gibt und die Steuerfusssenkung als Bemerkung im AFP festgehalten werden sollte, heisst das nicht, dass sie auch tatsächlich umgesetzt wird. Die Regierung hätte nach wie vor Spielraum. Denn eine solche Bemerkung ist «lediglich» eine Anregung, das Anliegen zu prüfen.

Verwendete Quellen
  • Aufgaben- und Finanzplan des Kantons Luzern 2024 bis 2027
  • Telefongespräch mit Claudia Huser, GLP-Fraktionspräsidentin
  • Schriftliche Stellungnahme der Grünen
  • Schriftliche Stellungnahme der SP
  • Schriftlicher Austausch mit Adrian Nussbaum, Mitte-Fraktionspräsident
  • Schriftlicher Austausch mit Andreas Bärtschi, FDP-Kantonsrat
  • Schriftlicher Austausch mit Reto Frank, SVP-Kantonsrat
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