Millionenanstieg: Kosten im Zuger Asylbereich steigen stark
Die Zahl der Asylbewerber im Kanton Zug ist – nicht zuletzt aufgrund des Ukraine-Kriegs – angestiegen. Aktuelle Zahlen zeigen nun, wie sich das auf die Kosten und die Polizei niederschlägt.
Die Zuger SVP ist beunruhigt. Zwei Jahre in Folge seien mehr als 50’000 illegale Einwanderer an der Schweizer Grenze aufgegriffen worden, das Asylbudget des Bundes sei von 1,5 auf 4 Milliarden Franken pro Jahr gestiegen. Dazu komme, dass es schwierig sei, illegale Migranten in ihre Herkunftsländer zurückzuschaffen. Dies, da «fast alle Asylmigranten» durch eine Reihe sicherer Drittstaaten in die Schweiz gelangen würden. Die SVP-Fraktion des Kantonsrats spricht von einem «Asylchaos», welches zum Nachteil aller Einwohner, Steuerzahlerinnen, Kantone und «gerade auch der echten Flüchtlinge» geworden sei.
Mit einer Interpellation wandte sich die Fraktion darum im vergangenen Februar an den Zuger Regierungsrat. Dies etwa mit Fragen nach den aktuellen Asylzahlen, nach der Anzahl Beschäftigter im Kanton Zug im Asylbereich sowie nach den Kosten. Auch wollte die SVP wissen, wie viele Asylbewerberinnen seit 2020 jährlich aus dem Kanton Zug ausgeschafft wurden. Ausserdem wollte die Fraktion mehr erfahren über von Asylbewerbern begangene Straftaten.
Angespannte Situation stellt Regierung vor Schwierigkeiten
Nun liegen die Antworten der Regierung vor.
Diese bestätigt, dass die Lage im Asyl- und Flüchtlingsbereich angespannt sei. Zwar sei die Anzahl der Personen aus der Ukraine (Status S) konstant. Zugenommen habe indes die Anzahl der Personen anderer Länder. Erst kürzlich teilte der Kanton mit, die bisherigen Unterkünfte zu verdichten sowie auch unterirdische Asylunterkünfte in Erwägung zu ziehen (zentralplus berichtete). Dies, da beim Zuger Kantonsspital ab 2026 400 Unterbringungsplätze wegfallen.
Ende Juni 2024 hielten sich im Kanton Zug rund 2480 Personen aus dem Asyl- und Flüchtlingsbereich auf. 1660 waren reguläre Asylbewerber, davon 353 vorläufig aufgenommene Ausländerinnen. 821 weitere hatten den Schutzstatus S. 45 Personen waren Ausreisepflichtige ohne Ausweis, welche nur Nothilfe beziehen durften.
Die Zahlen der Angestellten im Asylbereich haben sich in den vergangenen viereinhalb Jahren stark verändert. Im Jahr 2020 waren rund 57 Vollzeitstellen besetzt. Hilfskräfte gab es keine. Im Jahr 2022 waren rund 58 Vollzeitstellen besetzt, dazu kamen 47 Vollzeitäquivalente von Hilfskräften. Im zweiten Quartal 2024 waren es 67 unbefristete Vollzeitstellen sowie knapp 82 Vollzeitäquivalente von Hilfskräften.
Der Personalaufwand ist heute mehr als doppelt so hoch wie 2020
Was die Sorge der SVP-Fraktion über die Kosten im Asylbereich angeht, so dürften die aktuellen Zahlen nicht gerade ermutigend wirken. Im Bereich Soziale Dienste Asyl (SDA) sind die Kosten heute fast 2,5-mal so hoch wie 2020. Verzeichnete man damals einen Aufwand von 6,8 Millionen Franken, sind für dieses Jahr knapp 16 Millionen budgetiert.
Der Personalaufwand bei den Asyldiensten schlägt heuer voraussichtlich mit knapp 13,8 Millionen Franken zu Buche. 2020 lag er bei rund 6,5 Millionen.
Auch im Bereich Bildung ist die Zahl massiv gestiegen. So wurden 2020 rund 1,8 Millionen Franken im Bereich Schule ausgegeben, heuer budgetiert sind dafür 4,4 Millionen.
Dazu schreibt die Regierung in ihrer Antwort, dass für das Jahr 2024 bei den Aufwänden der Sozialen Dienste Asyl im Vergleich zu den Vorjahren mehr budgetiert worden sei, da von einem Rückgang der zu betreuenden Personen aus der Ukraine (Ausweis S) und einem damit verbundenen Rückgang der Bundesbeiträge in der Höhe von etwa 4 Millionen Franken bei kurzfristig nur leicht geringeren Aufwänden ausgegangen worden sei. Und weiter: «Die Anzahl der Personen aus der Ukraine ist allerdings bisher konstant geblieben, wodurch sich auch die effektiven Aufwände auf dem Niveau des Vorjahres bewegen dürften.»
Weiter weist der Regierungsrat darauf hin, dass die Kosten der Direktion für Bildung und Kultur insbesondere seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs stark angestiegen seien.
33 Ausschaffungen im vergangenen Jahr
Auch im Kanton Zug ist die Rückführung von Asylbewerbern in ihren Heimat- oder gemäss Dublin-Abkommen in den zuständigen Herkunftsstaat ein Thema. 2020 wurden 33 Asylbewerber ausgeschafft, ein Jahr später 30, im Jahr 2022 waren es 53 und im vergangenen Jahr wiederum 33.
Der Regierungsrat ergänzt: «Per 31. Dezember 2023 hielten sich 35 Personen nach einem rechtskräftig abgelehnten Asylgesuch in den kantonalen Nothilfestrukturen auf, da eine Ausschaffung noch nicht vollzogen werden konnte. Zudem waren zum selben Zeitpunkt vier ausreisepflichtige Personen inhaftiert.» Bei all diesen Personen seien die Identitätsabklärungen sowie die Papierbeschaffungen eingeleitet.
Als unbefriedigend bezeichnet der Kanton die Zusammenarbeit mit Eritrea bezüglich Wegweisungsvollzug. «Während eine freiwillige Rückkehr nach Eritrea jederzeit möglich ist, sind die eritreischen Behörden weiterhin nicht bereit, zwangsweise Rückführungen – weder aus der Schweiz noch aus anderen Staaten – zu akzeptieren und die dafür erforderlichen Vollzugspapiere auszustellen.» Das Problem ist in der Schweiz seit Jahren bekannt.
189 kriminelle Asylbewerber innert zwei Jahre
Was die SVP vermutlich am meisten interessieren dürfte, ist die Antwort auf die Frage, wie viele dem Kanton zugeteilte Personen aus dem Asylbereich in den Jahren 2022 und 2023 straffällig wurden. Als Referenzwert: Ende Dezember 2023 hielten sich 2440 Asylsuchende im Kanton Zug auf.
Gemäss Behörden wurden im Jahr 2022 109 Personen aus dem Asylbereich straffällig. 2023 waren es 118. In den beiden Jahren gab es insgesamt 189 straffällige Asylbewerber. 44 Prozent davon, also 84 Personen, begingen mehrere Straftaten, dies unter anderem in den beiden genannten Jahren. 105 Personen, also 56 Prozent, begingen eine einzige Straftat.
Im Jahr 2021 wurden gemäss der Zuger Polizeistatistik 38 Asylbewerber aufgrund krimineller Handlungen beschuldigt. Die Zahl ist jedoch nur bedingt zum Vergleich geeignet. Zum einen, weil die Zahl der Asylsuchenden noch deutlich tiefer lag. Zum anderen, weil es sich um ein Coronajahr handelte, in dem sich die Bevölkerung deutlich seltener im öffentlichen Raum bewegte.
337-mal rückte die Polizei im vergangenen Jahr ins Asylzentrum aus
Zu guter Letzt äussert sich der Kanton auch über die polizeilichen Interventionen in den kantonalen Unterkünften. In den gesamten Unterkünften, also Gross- und Kleinunterkünfte zusammengezählt, kam es 2023 zu 337 Polizeieinsätzen. Also knapp einmal pro Tag. Die Zahl ist vergleichbar mit jener aus dem Vorjahr (327).
Am meisten rückte die Zuger Polizei im Rahmen von «Zuführungsaufträgen» (49) und «Hilfeleistungen» (47) aus. Bei Zuführungsaufträgen handelt es sich gemäss der Zuger Polizei um Einsätze, bei denen die Polizei Personen bei Ämtern, etwa dem Amt für Migration, vorbeibringt.
Bei den Hilfeleistungen «handelt es sich meist um Unstimmigkeiten oder kleinere Streitigkeiten, respektive Zwischenfälle, die keine strafrechtliche Relevanz haben», erklärt Frank Kleiner, Kommunikationsbeauftragter der Zuger Polizei. 27-mal kam es im vergangenen Jahr zudem zu Ausweisdiebstählen und -verlusten.
SVP sieht sich bestätigt
Die SVP sieht sich in Anbetracht der Antworten bestätigt. «Es ist offensichtlich, dass wir ein massives Problem haben. Die Kosten im Asylbereich sind regelrecht explodiert seit dem Jahr 2020», äussert sich Michael Riboni, Vizefraktionspräsident der Partei, auf Anfrage. Auch werde bei den aufgeführten Zahlen deutlich, dass sich die polizeilichen Interventionen mehr als verdoppelt hätten. «Die Antworten der Regierung zeigen auf, dass es ein Problem gibt, das wir angehen müssen. Auch wenn es schwierig ist, dieses im Kanton selbst zu lösen», so Riboni.
Er ergänzt: «Gerade kürzlich äusserte sich der Regierungsrat Andreas Hostettler (FDP) gegenüber den Medien mit der Aussage, dass der Kanton dafür sorgen müsse, weniger attraktiv zu erscheinen. Wir nehmen ihn beim Wort.» Der SVP-Politiker ist überzeugt, dass die Direktion des Innern Möglichkeiten hätte, solche Reduktionen zu veranlassen. Etwa im Bereich der Asylsozialhilfe.
«Ein Dorn im Auge sind uns insbesondere die aktuell 353 vorläufig aufgenommenen Ausländer, die eigentlich einen negativen Entscheid hätten, aber nicht ausgeschafft werden können», sagt Riboni. «Die Zahl der Ausschaffungen müsste deutlich höher sein.»
Der SVP-Kantonsrat fordert, dass der Zuger Regierungsrat die dringlichen Probleme, die der Kanton Zug im Asylbereich habe, auch in Bern deponiere. «Es ist wichtig, dem Bund klarzumachen, dass es so nicht weitergeht. Gerade auch bezogen auf die illegale Einwanderung von Wirtschaftsmigranten.»
Journalistin und langjährige Autorin bei zentralplus. Schreibt über politische Querelen, aufregende Bauprojekte und gesellschaftlich Bewegendes. Am liebsten jedoch schreibt sie über Menschen. Und natürlich Hunde.