Lockerungen für Hofläden & Co.

Luzerner Kantonsrat sperrt sich gegen 24/7-Läden

Luzerner Hofläden sollen künftig – offiziell – länger offen haben dürfen. (Bild: Symbolbild: zvg)

Der Luzerner Kantonsrat will die Öffnungszeiten für Hof- und Selbstbedienungsläden etwas lockern. Im Gegensatz zum Kanton Zug soll Einkaufen rund um die Uhr aber weiterhin nicht möglich sein.

Eigentlich haben viele Luzerner Hofläden derzeit illegal geöffnet. Denn wie die Luzerner Regierung vor geraumer Zeit klarstellte, unterliegen auch sie dem kantonalen Ladenschlussgesetz, sobald sie in einem geschlossenen Raum sind. Das heisst: Eigentlich müssten sie sonntags und abends ab 19 Uhr geschlossen haben. «Das ist doch absurd, dass man frische Milch oder Erdbeeren in einem Hofautomaten tagein tagaus kaufen kann, aber sobald eine Tür dazwischen steht, gehts nicht», beschrieb GLP-Politiker Mario Cozzio die Situation am Montag in der Session des Luzerner Kantonsrats.

Seine Parteikollegin Ursula Berset hatte in einer Motion Lockerungen der Öffnungszeiten für Hofläden und unbediente Selbstbedienungsläden gefordert (zentralplus berichtete). Letztere sollen, wenn es nach ihr geht, gar rund um die Uhr geöffnet haben dürfen. SVP-Kantonsrat Rolf Bossart schlug in einem Postulat ebenfalls längere Öffnungszeiten für Hofläden vor – jedoch ohne Lockerungen für Shopcontainer, wie beispielsweise denjenigen am Pilatusplatz in Luzern.

Dass Hofläden länger geöffnet sein sollen, war im Kantonsrat unbestritten. Mehr zu diskutieren gaben die unbedienten Selbstbedienungsläden. Insbesondere wegen des Arbeiterschutzes – obwohl die Regierung in ihrer Antwort betonte, dass dieser abschliessend durch den Bund und nicht durch das Ladenschlussgesetz geregelt sei (zentralplus berichtete).

Versteckte Nachtarbeit?

SVP-Sprecher Rolf Bossart, der auch Geschäftsführer des Luzerner Detaillistenverbands ist, sagte etwa: «Wir unterstützen keinesfalls eine weitere Erweiterung der Öffnungszeiten. Dies geht zulasten des Personals, vor allem auch dessen, das man nicht sieht.» Rückendeckung erhielt er von SP-Kantonsrätin Anja Meier. Sie argumentierte, dass vermeintlich unbediente Selbstbedienungsläden nicht ohne Nacht- und Wochenendarbeit von etwa Sicherheitsfachleuten oder Putzkräften funktionierten.

Die Frage spaltete die Grünen-Fraktion: Die Mehrheit stellte sich ebenfalls wegen des Arbeiterschutzes gegen 24-Stunden-Läden. Eine Minderheit hielt eine Lockerung jedoch für unbedenklich. Auffüll- und Wartungsarbeiten fänden zu normalen Arbeitszeiten unter der Woche statt, beschwichtigte Kantonsrätin Laura Spring. Stattdessen erhielten Bauern auch Direktvermarktungsoptionen abseits ihrer Höfe. «Nicht jede Person hat im Alltag die Möglichkeit, zum Einkaufen so weit aufs Land zu fahren», gab Spring zu bedenken.

Luzerner sind skeptisch gegenüber Lockerungen

Nebst der Sorge um «versteckte Arbeiter» sorgten sich mehrere Kantonsräte auch um die übrigen Detaillisten. Heute würden die Container zwar vor allem Essen anbieten, doch künftig könnten diese auch Taschen oder Schuhe anbieten – und mit ihren grosszügigen Öffnungszeiten vor allem kleinere Läden unter Druck setzen, mahnte Mitte-Sprecherin Inge Lichtsteiner-Achermann.

Auch dass Einkaufen rund um die Uhr ein Bedürfnis der Luzerner Bevölkerung sein soll, wurde hinterfragt. So erinnerte SP-Sprecher Marcel Budmiger: «Gemäss Vorstoss ist das 24-Stunden-Einkaufen ein Bedürfnis der Bevölkerung. Warum hat die Luzerner Bevölkerung eine Liberalisierung der Öffnungszeiten dann in jeder Abstimmung abgelehnt?» Denn sowohl 2006, 2012 und 2013 versenkten die Luzerner geplante Lockerungen an der Urne. Erst der Kompromiss von 2020 überzeugte die Bevölkerung (zentralplus berichtete).

Und auch SVP-Kantonsrat Rolf Bossart meinte etwas überspitzt: «Leute, die 24/7-Einkaufen fordern, sind nichts weiter als verwöhnt.» Heutige Entwicklungen im Arbeitsmarkt wie Homeoffice oder flexible Arbeitszeiten würden Einkaufen mit etwas Organisation auch während der Öffnungszeiten möglich machen.

GLP und FDP konnten sich nicht durchsetzen

Die Pleiten an der Urne hatte wohl auch die Regierung bei der Ausarbeitung ihrer Antworten im Hinterkopf. Sie setzt sich für eine leichte Lockerung ein. Jedoch dürfen die betroffenen Läden maximal 30 Quadratmeter gross sein. Und: Rund-um-die-Uhr-Einkaufen ist weiterhin tabu. Gemäss Sicherheitsdirektorin Ylfete Fanaj (SP) schweben der Regierung Öffnungszeiten bis 22 Uhr vor, also analog Tankstellenshops. Das sei ein Kompromiss zwischen den Bedürfnissen von Shopcontainer-Betreibern und Bäuerinnen und der restriktiven Haltung der Luzerner Bevölkerung.

Die Mehrheit des Kantonsrats sperrte sich jedoch gegen umfassende Lockerungen für Selbstbedienungsläden. Die Motion Berset erklärten die Kantonsräte mit 77 gegen 28 Stimmen für «teilweise erheblich». Das Postulat Bossart, das lediglich unbediente Hofläden legalisieren will, erklärte der Kantonsrat hingegen mit 84 zu 23 Stimmen für «vollerheblich».

Während der Kanton Zug also den Weg für 24-Stunden-Shops geebnet hat (zentralplus berichtete), müssen sich die Luzerner weiterhin an Öffnungszeiten halten. Ob nun mit Personal oder ohne, mit Tür oder ohne.

Regierung muss zusätzliche Einnahmequellen für Strassenbau suchen

Nebst den Ladenöffnungszeiten diskutierte der Luzerner Kantonsrat am Montag über die fehlenden Gelder für den Strassenbau. Zur Erinnerung: Der Kanton Luzern plant langfristige Strassenbauprojekte im Wert von 1,7 Milliarden Franken. Der heutige zweckgebundene Topf reicht für die anstehenden Arbeiten bei Weitem nicht aus. Mehrere Projekte werden deshalb verschoben (zentralplus berichtete).

Die Verkehrskommission forderte mittels Postulat, dass die Regierung neue Möglichkeiten zur Finanzierung prüfe. Gleichzeitig behandelte der Kantonsrat ein Postulat von Markus Bucher (Mitte), der vorschlug, dass auch Velofahrer einen Beitrag an die Infrastrukturkosten leisten sollten. Wie, solle die Regierung prüfen.

In der Debatte war weitgehend unbestritten, dass der Kanton mehr Gelder für Strassenbauprojekte braucht. So sagte etwa Mitte-Kantonsrat Guido Roos: «Für unsere Steuerzahler ist die Situation nicht verständlich: Auf 2025 soll der Steuerfuss gesenkt werden, gleichzeitig hat der Kanton zu wenig Geld für Infrastrukturprojekte?»

Auseinander gingen die Meinung jedoch, ob auch Velofahrerinnen zur Kasse gebeten werden sollen. SP und Grüne befürchteten, dass Velofahren damit unattraktiver werde, was der kantonalen Mobilitätsstrategie entgegenwirke. Die GLP fügte zudem an, dass Prüfungen zu einer Velosteuer des Bundes ergeben hätten, dass eine solche Abgabe zwar viel Aufwand für die Verwaltung wäre, aber letztlich nur wenig Einnahmen bringen würde.

Letztlich lehnte der Kantonsrat das Postulat zur Beteiligung von Velofahrern ab und überwies den Prüfauftrag für weitere Finanzierungsquellen.

Verwendete Quellen
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