Nach Wirbel um Ungereimtheiten

Kantonsrat löchert den kritisierten Direktor des Innern

Der Zuger Kantonsrat geizte nicht mit Kritik an Andreas Hostettler. (Bild: zvg/zvg)

Vor rund einer Woche wurden Ungereimtheiten in der Zuger Direktion des Innern publik. An der Kantonsratssitzung gingen die Wogen nun entsprechend hoch. Dabei gab es auch Eingeständnisse.

Er wäre froh, wenn die Medien auch etwas über den Geschäftsbericht 2023 schreiben würden. Die Hoffnung, die der Zuger Finanzdirektor Heinz Tännler (SVP) mit einem Seitenblick an die Medienvertreter äusserte, waren aus seiner Warte verständlich. Immerhin ging es bei der Kantonsratsdebatte vom Mittwoch um die Besprechung ebendieses 434 Seiten starken Berichts als Gesamtes. Und ja, die 461 Millionen Franken Überschuss, die der Kanton Zug im vergangenen Jahr erwirtschaftet hat, sind – das finden zumindest die meisten Fraktionen – erfreulich.

Doch die positiven Aspekte des Geschäftsberichts 2023 – auch abgesehen vom Geldsegen – hatten einen schweren Stand. Der grosse Diskussionspunkt bei diesem Geschäft ist und bleibt die Direktion des Innern respektive sind die Ungereimtheiten, welche die Staatswirtschaftskommission (Stawiko) in der Direktion feststellte und die vor einer Woche publik wurden (zentralplus berichtete). So hat Regierungsrat Andreas Hostettler gemäss dem Bericht der Stawiko den Jagdvorsteher berufen, statt die Kaderstelle ordentlich auszuschreiben. Ausserdem gab es in seiner Direktion ein Liebesverhältnis zweier Vorgesetzter. Und Hostettler wurde vorgeworfen, das Kommissionsgeheimnis verletzt zu haben.

«Es bleibt ein Nachgeschmack der Vetternwirtschaft. Das alles hinterlässt ein ungutes Gefühl.»

Luzian Franzini, ALG-Kantonsrat

ALG hinterfragt Verfahren bei der Anstellung des neuen Jagdvorstehers

«Es muss festgehalten werden: Ein Grossteil der Staatsaufgaben werden erfüllt. Doch liegt es in der Natur der Sache, dass wir uns über die Missstände unterhalten müssen», sagte ALG-Mann Luzian Franzini im Namen seiner Fraktion. Er ist Stawiko-Mitglied und nahm kurzfristig, nach dem plötzlichen Tod Pirmin Andermatts, gemeinsam mit Gregor Bruhin (SVP) die Visitation der Direktion des Innern vor.

Im Speziellen sprach er die Anstellung von Personen auf Berufung an. «Es kann nicht sein, dass man politisch exponierte Personen ohne Ausschreibung in Kaderpositionen der Verwaltung setzt. Im Fall des neu angestellten Jagdvorstehers fragt sich, ob die Person, welche über kein entsprechendes Studium verfügt, dafür geeignet ist.» Franzini weiter: «Es bleibt ein Nachgeschmack der Vetternwirtschaft. Das alles hinterlässt ein ungutes Gefühl.»

«Ich brauche dafür keinen ETH-Absolventen, der in Südafrika spezielle Käfer untersucht hat.»

Andreas Hostettler, Zuger Regierungsrat

Rückendeckung erhielt der kritisierte FDP-Regierungsrat Andreas Hostettler in diesem Punkt von FDP-Fraktionschef Michael Arnold: «Das Studium sagt nichts über die Fähigkeit der Leitung einer Abteilung aus.» Überdies, so betonte der zuständige Regierungsrat später, habe der Betreffende eine grössere Einheit in einem Bauunternehmen geführt. Der neue Jagdinspektor sei zudem Waldbesitzer und bestens vernetzt. «Ich brauche dafür keinen ETH-Absolventen, der in Südafrika spezielle Käfer untersucht hat», so der Direktor des Innern.

Generalverdacht oder gerechtfertigte Kritik?

Kritik gegen die Führung der Direktion des Innern kam mitnichten nur von links. Alle Parteien empfinden klarere Governance-Regeln in der Verwaltung als sinnvoll. SVP-Kantonsrat Gregor Bruhin: «Was bei einem Familienunternehmung Usus ist, ist beim Staat unzulässig. Der Staat ist kein Family Business.» Die SVP wolle keine weiteren Berufungen von Gemeinderäten in die kantonale Verwaltung. Auch sollten Führungspositionen in einer Liebesbeziehung beruflich getrennt werden.

Finanzdirektor Tännler wiederum hielt zu seinem Regierungskollegen und bezeichnete die besprochene Causa als übertrieben. Insbesondere, da die Direktion dadurch unter Generalverdacht gerate. «Ich glaube, meine Kollegen machen einen guten Job. Aber man macht Fehler. Nicht immer gelingt alles. Doch ist es der Regierung ein grosses Anliegen, für alle Bevölkerungsteile einen guten Job zu machen.»

Ob der Problematik genügend Rechnung getragen werde, fragte sich hingegen Mitte-Kantonsrat Kurt Balmer. «Ich bin mir nicht sicher, ob Andreas Hostettler durch die Verletzung des Kommissionsgeheimnisses nicht auch eine strafrechtliche Verletzung begangen hat.» Politiker hätten einen Eid geschworen. «Und wenn wir Regeln willkürlich missachten, dann beginnt das Chaos.»

Hostettler sieht Fehler ein

«Wir wissen alle, wie schwer sich Politiker mit der Wahrheit tun.» Der Satz, den Mitte-Kantonsrat Fabio Iten mit erfrischender Unbedarftheit von sich gab, wurde zwar vom Plenum mit lautem Lachen quittiert. Doch die Erkenntnis, dass es zuweilen sehr schwierig sein kann, einen Fehler zuzugeben und Verantwortung zu übernehmen, kennen wohl alle, die sich an diesem Mittwoch zur Kantonsratssitzung eingefunden haben.

Lobend sprach sich Iten demnach darüber aus, dass Regierungsrat Andreas Hostettler bezüglich der begangenen Kommissionsgeheimnisverletzung «von Anfang an einsichtig» gewesen sei. Dafür sei dem Direktor des Innern die Fahne hochzuhalten.

«Da ist mein unternehmerisches Blut mit mir durchgebrannt.»

Andreas Hostettler, Zuger Direktor des Innern

Einsichtig zeigte sich Hostettler am Mittwoch übrigens auch bezüglich anderer Punkte. «Aus meiner Sicht habe ich agil, situationsgerecht und unternehmerisch gehandelt. Der Stawiko-Bericht, den ich als sehr hilfreich empfinde, setzt jedoch dort an. Er hat mir gezeigt, wie das in der Aussensicht wirken kann. Und ich finde, der Bericht hat recht.» Dieser problematischen Aussensicht habe er zu wenig Rechnung getragen. «Da ist mein unternehmerisches Blut mit mir durchgebrannt», sagte Hostettler.

Und er macht Zugeständnisse. Die Situation der beiden Liierten, die gemeinsam ein Amt geleitet haben, habe man nun verändert. Eine Umplatzierung werde derzeit geprüft. «Des Weiteren werden Stellen zudem ab sofort ordentlich ausgeschrieben», so der Direktor des Innern.

Die Debatte fand nach rund drei Stunden ein Ende. Übrigens: Der Geschäftsbericht 2023 wurde genehmigt.

Verwendete Quellen
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