Luzern will Antworten vom Bund

Ist der Durchgangsbahnhof eine Mogelpackung?

Vier neue Gleise sollen im neuen Durchgangsbahnhof gebaut werden. (Bild: SBB)

Nur eine sprachliche Ungenauigkeit oder steckt der Teufel im Detail? Die aktuellen Pläne des Bundes zum Schienenverkehr setzen ein grosses Fragezeichen hinter die Ausgestaltung des geplanten Durchgangsbahnhofs. Dieser ist vielleicht gar nicht so durchgehend wie angenommen.

Der geplante Durchgangsbahnhof in Luzern soll dereinst die grösste und wichtigste Verkehrsdrehscheibe der Zentralschweiz werden. Bereits heute ist praktisch die gesamte Verkehrsplanung der Stadt und des Kantons auf eine Zukunft mit dem Durchgangsbahnhof ausgelegt.

Nun stellt sich jedoch die Frage, wann genau diese Zukunft beginnt. Anlass dafür gibt eine Formulierung aus dem aktuellen «Sachplan Verkehr» des Bundes. Dieser wurde unlängst in die Vernehmlassung geschickt. Die Kantone konnten sich zum Arbeitspapier äussern, welches den Stand der Planung im Schienenverkehr wiedergibt.

Kommt der Durchgang erst in einer späteren Etappe?

Stein des Anstosses ist eine Passage im Sachplan, in der Folgendes zu lesen ist: «Nach der aktuellen Planung wird in einer ersten Etappe ein Tiefbahnhof Luzern als Kopfbahnhof unter dem heutigen Bahnhof Luzern erstellt. Die Zufahrt erfolgt ab Ebikon mit einem neuen 3,5 km langen Doppelspurtunnel unter dem Seebecken hindurch. Dies ermöglicht in einer zweiten Etappe die Fertigstellung des Durchgangsbahnhofs mit dem Bau der Zufahrt via Neustadttunnel zum Portal Heimbach.»

Also ein Kopfbahnhof, der erst später zu einem Durchgangsbahnhof erweitert werden kann? Diese Vision des 2,4-Milliarden-Projekts stösst der Luzerner Politik ziemlich sauer auf. Eine Etappierung über mehrere Phasen lehne man klar ab, schreibt Luzerns Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdirektor Fabian Peter in seiner Stellungnahme zu den Bundesplänen. Womit man hingegen leben könnte, sei eine «gegebenenfalls baulich bedingte etappierte Inbetriebnahme des Durchgangsbahnhofs». Dieser müsse aber zwingend in einem Ausbauschritt realisiert werden.

Vorstösse im National- und Ständerat

Welchen Stellenwert der Durchgangsbahnhof für Luzern hat, zeigt sich in der Tatsache, dass umgehend auch Luzerns Bundespolitiker aktiv wurden. Im Nationalrat reichte Michael Töngi (Grüne) eine Interpellation ein, die vom Bundesrat wissen will, was nun unter einer Etappierung zu verstehen ist. «Ist damit eine baulich bedingte Realisierungsabfolge gemeint oder eine eigentliche auch finanziell begründete Etappierung?», heisst es im Vorstoss. Im Ständerat reichte Damian Müller (FDP) denselben Vorstoss ein.

«Ich hoffe schon, dass es sich hier lediglich um ein semantisches Problem handelt», sagt Michael Töngi auf Anfrage. «Dass ein dermassen grosses Projekt in verschiedenen Bauetappen umgesetzt wird, ist leicht nachvollziehbar. Das Wording im Sachplan lässt jedoch zumindest die Interpretation zu, dass es hier um zwei Ausbauetappen geht, die zeitlich und finanziell voneinander getrennt wären.»

«Eine Verbesserung der Situation bringt diese Art von Bahnhof nicht.»

Michael Töngi, Nationalrat (Grüne)

Für Luzern und die gesamte Region wäre eine solche Etappierung ein gewaltiger Rückschlag, ist Töngi überzeugt: «Ein zweiter Kopfbahnhof würde lediglich die Möglichkeit bringen, die Kapazitäten ein Stück weit zu erhöhen. Eine Verbesserung der Situation bringt diese Art von Bahnhof jedoch nicht.» Konkret würde ein solcher Bahnhof dazu führen, dass auf gewissen Strecken zusätzliche Umstiege innerhalb eines mehrstöckigen Bahnhofs Luzern notwendig würden. Auch das Nadelöhrproblem vor dem Luzerner Bahnhof würde mit einem solchen Bahnhof nicht gelöst.

«Es braucht nun schnelle Klärung in dieser Angelegenheit», betont Töngi. «Die eingereichten Interpellationen sollen für die notwendigen Informationen sorgen.»

Parlament muss überzeugt werden

Die Inbetriebnahme des Durchgangsbahnhofs ist, nach einer Bauzeit von 10 Jahren, für 2040 vorgesehen. In den zwanzig Jahren bis dahin muss aber noch viel passieren. So muss etwa, als «flankierende Massnahme», eine neue Abstellanlage in Dierikon erstellt werden (zentralplus berichtete).

Vor allem aber muss in Bern der Druck hochgehalten werden. Der Durchgangsbahnhof steht schliesslich in Konkurrenz mit dutzenden anderen Projekten. Der Finanzierungsentscheid zur Realisierung obliegt letztlich dem eidgenössischen Parlament und wird voraussichtlich im Jahr 2026 gefällt.

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