Trotz Möglichkeit, höher zu bauen auf Hünenberger Areal

«Enteignung» – Betroffene zu angepassten Plänen im Bösch

Nun ist bereits konkreter, wie das Gebiet Bösch dereinst aussehen soll. (Bild: Andreas Busslinger)

Der Gemeinderat informierte am Dienstag Interessierte über die überarbeitete Fassung der Ortsplanung im Arbeitsgebiet Bösch. Obwohl die Diskussion nicht geplant war, wurde sie durchaus gesucht. Die Stimmung der Betroffenen: mittelprächtig.

Das Arbeitsgebiet Bösch in der Gemeinde Hünenberg soll sich entwickeln. Heute arbeiten im Bösch 3300 Menschen, künftig sollen es 6000 sein. Doch das Gebiet soll nicht nur verdichtet, sondern gleichzeitig auch grüner, übersichtlicher und sicherer werden.

«Heute gibt es im Bösch unfertige Strassenabschnitte, es fehlen Trottoirs und der Bus blockiert durch die Situierung der Bushaltestellen die Strasse. Autos parkieren wild auf dem Areal und Lastwagen haben es schwer, im Bösch zu rangieren», schreibt die Gemeinde etwa auf der Website zur Entwicklung des Areals. Auch die Sicherheit der Menschen, insbesondere die der Kinder, sei im Strassenverkehr nicht gewährleistet.

Die Gemeinde möchte deshalb mehrere Punkte anpassen: So will sie die Verkehrserschliessung durch eine Ringstrasse sowie eine Mittelachse verbessern. Weiter wollen die Behörden zentrale Parkierungsmöglichkeiten im Sinne eines Mobilityhubs realisieren. Weiter sollen die ÖV-Haltestellen optimiert und sicherer werden. Zudem sollen Erholungs- und Freiräume geschaffen werden.

Was bisher geschah …

Von Februar bis September 2023 führte das Planungsteam ein qualifiziertes städtebauliches Variantenstudium zur Entwicklung des Gebiets Bösch durch. In Begleitung eines fachlichen und politischen Gremiums wurde in diesem Rahmen geprüft, wie das Bösch städtebaulich und verkehrstechnisch weiterentwickelt werden kann.

Nach diesem Variantenstudium wurden Lösungen zur Integration der Ergebnisse in die laufende Ortsplanungsrevision gesucht. Diese wurden im Anschluss zur kantonalen Vorprüfung eingereicht. Zudem wurden im Rahmen der Mitwirkung vom Sommer 2023 zur Ortsplanungsrevision von der Bevölkerung Eingaben zum Bösch gemacht.

In Sachen Bösch gab es seitens der Gemeinde Hünenberg in den vergangenen Jahren einige Hürden zu bewältigen. Die von der Gemeinde geplanten Hochhäuser mit insgesamt 300 Wohnungen wurden von Regierungs- und Kantonsrat abgelehnt (zentralplus berichtete). Das Bösch bleibt also primär ein Arbeitsgebiet.

Weiter wurde eine Abstimmung abgelehnt, die den Verkauf des gemeindeeigenen Grundstücks Bösch-Rothus an die Bike-Firma Specialized vorsah (zentralplus berichtete). Später regte sich Widerstand gegen die Revision des geplanten Bebauungsplans Bösch-Rothus. Ein Beschwerdeverfahren ist derzeit hängig (zentralplus berichtete).

Im Bösch darf und muss künftig höher gebaut werden

Am 27. August luden die Behörden zur Informationsveranstaltung über den aktuellen Stand zum Arbeitsgebiet Bösch respektive zu den Anpassungen an der Ortsplanungsrevision. (Was bisher geschah, siehe Box.)

Wie Philipp Lenzi, der Moderator des Abends, betonte, sollte der Abend insbesondere der Klärung von Verständnisfragen dienen. Eine Diskussion war per se nicht geplant. Sie entspann sich trotzdem, aber dazu später.

Eine der grossen Veränderungen, die im Bösch anstehen: Die Zonen werden angepasst. Statt der bisherigen drei unterschiedlichen Zonen wird es künftig nur noch zwei geben. Diese werden unterteilt in «mässig störendes Gewerbe, in Dienstleistungen und Bildung» sowie in «stark störende Industrie, Gewerbe und Dienstleistung».

Der zuständige Raumplaner Thomas Spörri dazu: «Künftig können in beiden Zonen neu fünf Geschosse und nicht wie heute nur drei gebaut werden.» Die Baumassenziffer betrage neuerdings 8,0, heute liege sie bei rund 4,4. Ebenfalls solle für Neubauten eine Mindesthöhe von 14 Metern gelten. «Dies, da man keine eingeschossigen Bauten möchte, sondern eine haushälterische Nutzung im Gebiet erzielen will.»

Hochhäuser sollen punktuell möglich bleiben

«Die höhere Baumassenziffer entspricht etwa einer Verdoppelung des theoretisch nutzbaren baulichen Potenzials gegenüber heute», so Spörri. Dies gelte für das gesamte Arbeitsgebiet bis auf zwei Ausnahmen. Der Mobilitätshub solle mit knapp 30 Metern höher werden als geplant. Ebenfalls bestehe auf dem Gebiet eine Fläche, auf denen auch Hochhäuser möglich seien. Dafür bedürfe es jedoch eines separaten, ordentlichen Bebauungsplans.

Kurz zusammengefasst: Liegenschaftsbesitzer im Bösch, die neu bauen wollen, können künftig deutlich höher planen. Klingt zunächst gut. Es folgt ein Aber.

Geplante Umzonung der Strassen sorgt für Missmut

Denn sowohl die Ringstrasse als auch die Mittelachse sollen von Bauzonen in Verkehrsflächen umgezont werden. Hat man also etwa, wie bei der Mittelachse geplant, eine 6 Meter breite Fahrbahn, die links und rechts von einem 2,5 Meter breiten Trottoir gesäumt wird, werden insgesamt 11 Meter zu Verkehrsfläche. Dadurch verringert sich die anrechenbare Geschossfläche für die anliegenden Grundeigentümer.

Diese Rechnung ging für einige der Besucher im Saal ganz und gar nicht auf. Jemand sprach von einer «faktischen Enteignung». Moderator Philipp Lenzi betonte daraufhin, dass dem nicht so sei. «Diese gesetzliche Anpassung entspricht dem neuen Planungsrecht und ist in allen Gemeinden gleich, egal in welcher Zone.» Er fuhr weiter: «Im Bösch erhalten die Grundeigentümer tatsächlich bedeutend mehr anrechenbare Nutzungsfläche.»

Die Argumentation vermochte nicht alle zu besänftigen. «Heisst das, dass meine Parkplätze am Strassenrand künftig nicht mehr zonenkonform sind?», fragte ein weiterer Herr. Die Frage sorgte bei den anwesenden Gemeindevertretern zunächst für Ratlosigkeit.

Gemeindepräsidentin Renate Huwyler beantwortete sie wie folgt: «Wir sind auf Ihren Goodwill angewiesen, dass Sie willig sind, Ihren Parkplatz zu verschieben. Doch ist es so, dass Ihre Parkplätze Bestandesgarantie haben. Sobald Sie jedoch einen Neu- oder Umbau planen, müssen Sie diese verschieben.» Auch diese Aussage schien viele der Anwesenden kaum zu besänftigen.

Fusswege sollen Nord-Süd-Verbindung verbessern

Apropos Parkplätze: Künftig gilt im Bösch-Areal eine maximale Parkplatzzahl von 5000. Heute sind es 2500 Parkplätze für 3300 Beschäftigte. Fürs Kleingewerbe dürften künftig nur rund halb so viele Plätze zur Verfügung stehen wie heute.

Um das Bösch etwas freundlicher zu machen, sind entlang den Strassen und ums Gebiet herum Grünbänder geplant. Ebenfalls sollen, insbesondere auf der Nord-Süd-Achse, mehrere Fussgängerwege umgesetzt werden. Die bei der Präsentation gezeigte Planung dazu behagte jedoch nicht allen Anwesenden.

Eine Liegenschaftsbesitzerin äusserte sich wie folgt: «Ich sehe hier, dass direkt bei unserem Land ein Fussweg eingeplant ist. Wie kommt es, dass ich noch nichts davon gehört habe?» Darauf folgten beschwichtigende Worte. Die Realisierung der Wege entspreche keinem Zwang. Ausserdem könnten Grundstückbesitzerinnen von einer erhöhten Baumassenziffer von maximal 0,3 profitieren, sollte auf ihrem Land ein solcher Weg realisiert werden, erklärten die Verantwortlichen.

Der Mitwirkungsbericht zum Bösch wird ab Donnerstag auf der Website «Mitwirken Hünenberg» publiziert. Danach findet im Herbst 2024 die erste öffentliche Auflage der Ortsplanungsrevision statt. Dabei kann die Bevölkerung die gesamte überarbeitete Fassung der Ortsplanungsrevision einsehen und schriftlich begründete Einwendungen einreichen. Während dieser Frist bietet die Gemeinde auf Voranmeldung auch Sprechstunden an.

Die Urnenabstimmung zum Zonenplan und zur Bauordnung ist für Mai 2025 geplant.

Verwendete Quellen
  • Website Bösch Hünenberg
  • Besuch der Informationsveranstaltung
  • Gespräche vor Ort
  • Website «Mitwirken-Hünenberg»
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