Gleich 12 Politiker wollen Zuger Baueinsprachen eindämmen
Bis Baupläne im Kanton Zug umgesetzt werden können, dauert es oft lange. Viel zu lange, finden zwölf bürgerliche Politiker. Gleich drei Vorstösse haben sie lanciert. Sie möchten damit Know-how schaffen und Verhinderern Einhalt gebieten.
Wer bauen möchte, braucht Nerven. Bei rund einem Drittel der Bauvorhaben in der Stadt Zug wurde in den letzten Jahren Einsprache erhoben. Einsprachen, die humorvoll als «fünfte Landessprache» oder «Volkssport» bezeichnet werden, können für Bauherrschaften ärgerlich werden. Zudem verschärft sich durch die Verzögerungen die Wohnungsnot. Das geht so nicht weiter, finden zwölf bürgerliche Zuger Kantonsräte.
Sie sind deshalb seit Mai mit gleich drei Vorstössen an den Regierungsrat gelangt, die alle an unterschiedlichen Orten ansetzen, doch denselben gemeinsamen Nenner haben. «Letztlich geht es uns darum, die Effizienz bei Bauprojekten zu steigern», sagt SVP-Kantonsrat Adrian Risi. Risi ist Geschäftsführer eines Immobiliengeschäfts und zudem im Vorstand der Zuger Wirtschaftskammer für den Bereich Infrastruktur zuständig. Er war es, der die drei Vorstösse ins Rollen gebracht hat.
Ein Mittel gegen «Einsprachitis»
Im Mai forderten besagte Motionäre den Regierungsrat auf, die Einführung des «Zürcher Modells» zu prüfen. Statt der üblichen Baueinsprachen während der Bewilligungsverfahren soll die Bevölkerung erst nach der Baubewilligung die Möglichkeit auf einen Rekurs bei der nächsthöheren Instanz haben. Mitmotionär und Rechtsanwalt Adrian Moos erläutert: «Die Gemeinde muss demnach ohne vorgängige Rüge der Einsprecher sicherstellen, ob ein Baugesuch gesetzeskonform ist.»
Ein grosser Unterschied zur bisherigen Praxis: Anders als eine Einsprache dürfte ein Rekurs die Beschwerdepartei etwas kosten. Dazu sagt Adrian Risi: «Das stimmt. Doch dürfte sich dieser finanzielle Aufwand auf einer vernünftigen Flughöhe von wenigen tausend Franken bewegen.»
Und weiter: «Dadurch ergibt sich der grosse Vorteil, dass alle die Leute wegfallen, die nur deshalb eine Baueinsprache machen,da sie hoffen, dem Nachbarn etwas Geld abknöpfen zu können.» Dies, indem beispielsweise zwischen Bauherr und Einsprecher eine Einigung stattfindet, bei der Entschädigungszahlungen geltend gemacht werden, falls tatsächlich gegen geltendes Recht verstossen wird.
Den Motionären sei es jedoch ein Anliegen, dass die Möglichkeit des Beschwerderechts bestehen bleibe. «Wir leben schliesslich in einem Rechtsstaat», so Risi. «Vielmehr möchten wir dieses ‹Verhinderische› abmildern, das häufig mit Bauprojekten einhergeht.»
Ein neues Gericht, das sich mit Baubeschwerden herumplagt
In einer weiteren, aktuellen Motion fordern die bürgerlichen Politiker den Regierungsrat auf, ein Baurekursgericht, also eine selbstständige Rekursinstanz, zu prüfen. Dazu erläutert Moos: «Heute ist die Situation folgendermassen geregelt: Ist eine Baubewilligung erteilt, ist der nächste Schritt eine Verwaltungsbeschwerde an den Regierungsrat. Aktuell werden diese Beschwerden von der Baudirektion behandelt.» Doch haben diese bekanntlich diverse andere Aufgaben. «Unserer Ansicht nach lohnt es sich zu prüfen, ob eine unabhängige Rechtmittelinstanz geschaffen werden könnte, die das übernehmen würde.»
Die Politiker sind sich darüber bewusst, dass diese entsprechend personell bestückt werden müsste, was wiederum kostet. Die Motionäre glauben, dass sich das langfristig lohnen würde. Risi dazu: «Mit einem Fachgremium, das nur solche Anliegen abtraktandiert, würden Rekurse nicht nur schneller behandelt. Auch die Qualität würde sich verbessern.»
Ein Kompetenzzentrum für Bebauungspläne
Eine weitere Idee, die den Kantonsräten vorschwebt, ist die Schaffung einer Fachstelle, die sich explizit auf das Thema Bebauungspläne spezialisiert. «Insbesondere im Zuger Talkessel ist bei Bauprojekten aus rechtlicher und organisatorischer Sicht oft ein Bebauungsplanverfahren nötig», sagt Moos. Gerade kleinere Gemeinden hätten jedoch nicht die Ressourcen, um solche Verfahren zu begleiten. Risi etwas unverblümter: «Zum Teil sind die Gemeinden völlig überfordert mit dem Thema. Es gibt Bebauungspläne im Kanton Zug, die sind seit 12 Jahren hängig.»
Moos ergänzt: «Bebauungspläne gestalten sich oft komplex. Die Gemeinden verlangen eine Qualitätssicherung bei der Erarbeitung solcher Pläne. Entsprechend müssten sie die personelle und fachliche Kompetenz haben, um solche Verfahren schnell zu behandeln.»
Einen Lösungsansatz sehen die Postulanten in einem «Kompetenzzentrum Bebauungsplan», welches Planungsprozesse professionell begleiten und koordinieren würde. «So wäre sichergestellt, dass das Know-how, wie im Kanton Zug die Sondernutzungsplanung abläuft, nicht immer wieder neu aufgebaut werden müsste», so die Postulanten. «Zudem würde durch eine staatlich anerkannte Institution die Neutralität der Erarbeitung und die ausgewogene Gewichtung aller Interessen gewährleistet.»
Dazu erläutert Moos: «Bei grösseren Bebauungsplänen kommt es häufig vor, dass diverse Eigentümer involviert sind.» Habe in einem solchen Fall ein privater Investor einen Planer beauftragt, stelle sich die Frage der Neutralität des Verfassers. Durch eine staatlich anerkannte Institution könnte die Neutralität der Erarbeitung und die ausgewogene Gewichtung aller Interessen gewährleistet werden, sind die zwölf Unterzeichnenden überzeugt.
Weniger Einfluss auf Gemeindeebene?
Die drei Vorstösse stammen ausschliesslich von bürgerlichen Politikern. Doch wie kommen sie bei der Linken an? SP-Fraktionschef Beat Iten äussert auf Anfrage seine persönliche Haltung dazu: «Die drei Vorlagen sind zweifellos prüfenswert und verdienen eine ausführliche und umfassende Auslegeordnung bezüglich ihrer Auswirkungen und Folgen auf die Bautätigkeit im Kanton.»
Er gibt zu bedenken: «Allein die schnellere und effizientere Umsetzung kann für das Baubewilligungsverfahren nicht ausschlaggebend sein.»
Insbesondere stellt sich für Iten die Frage, inwiefern durch die Umsetzung der vorgeschlagenen Massnahmen die Einflussnahme der Gemeinden gerade bei Bau- und Planungsverfahren geschmälert würde. «Die Baubewilligungsverfahren werden dadurch möglicherweise von Fachleuten ausserhalb einer Gemeinde und weitgehend ohne den örtlichen und gemeindlichen Einfluss bearbeitet und beurteilt.»
Der SP-Fraktionschef weiter: «Es kommt möglicherweise also zu einer klaren Einschränkung der Gemeindeautonomie hin zu einer zentralen Anlaufstelle im Kanton.» Er ist skeptisch, ob dies im Sinne der Gemeinden und der Bevölkerung wäre.
Keine fixfertigen Lösungen
Wie die Motionäre, respektive Postulanten betonen, ist bei der letztlichen Umsetzung der Vorstösse noch nichts in Stein gemeisselt. Wie Moos betont, handelt es sich bei allen drei genannten Vorstössen jeweils nicht um fixfertige Lösungen, sondern vielmehr um Vorschläge. «Ob die Umstellung der Verwaltungsabläufe wirklich genau so umgesetzt werden sollen, soll sich bei der Beratung der Geschäfte zeigen.» Risi ergänzt: «Viel wichtiger ist uns, dass das Thema auf der politischen Agenda landet.»
Journalistin und langjährige Autorin bei zentralplus. Schreibt über politische Querelen, aufregende Bauprojekte und gesellschaftlich Bewegendes. Am liebsten jedoch schreibt sie über Menschen. Und natürlich Hunde.