So steht es um die hiesigen Klöster

«Wir sehnen uns nach mehr, als uns die heutige Gesellschaft geben kann»

Kirchenhistoriker Urban Fink-Wagner ortet auch Potenzial für die Zentralschweizer Klöster. (Bild: Pixabay/Vera Rüttimann)

An der Universität Luzern wurde am Freitag über die Zukunft der Klöster diskutiert. Mit dabei war auch Urban Fink-Wagner, Kirchenhistoriker und Geschäftsführer des katholischen Hilfswerks, der im Interview über die schwierige Situation der Institutionen in Luzern und Zug spricht.

zentralplus: Urban Fink-Wagner, die Klöster befinden sich im Umbruch, auch in der Zentralschweiz. Wie würden Sie die aktuelle Situation der Klöster in dieser Gegend beschreiben?

Urban Fink-Wagner: Die Klöster sind in der Tat in einem grossen Umbruch. In den vergangenen Jahrzehnten ist die Anzahl der Klöster und auch die Anzahl Ordensleute stark gesunken, was nicht zuletzt damit zusammenhängt, dass viele Aufgaben im Schulwesen und in der Diakonie, die früher vor allem von Frauenkongregationen getragen wurden, heute staatlich abgedeckt sind. Trotz dieser schwierigen Situation erlebe ich in Klöstern und Ordensgemeinschaften erstaunlich viel Optimismus und Freude. Sie haben die Hoffnung und das Ziel, den christlichen Glauben auch unter stark veränderten Bedingungen leben und weitergeben zu können.

zentralplus: Gibt es in der Zentralschweiz noch Klöster, die Zulauf haben?

Fink-Wagner: Zulauf ist zu viel gesagt, aber es gibt Klöster, die durch neue Gemeinschaften gestärkt und weitergetragen werden. So ist die Übernahme der Verantwortung für das Gästehaus im Kloster Bethanien in St. Niklausen (OW) durch die Gemeinschaft Chemin Neuf ein grosses Hoffnungszeichen und eine wichtige Zukunftssicherung. Auch viele andere Klöster, wie etwa Baldegg, wagen den Aufbruch.

zentralplus: Wenn Klöster mangels Nachwuchses aufgegeben werden müssen, ist das auch ein Einschnitt für einen Ort. Gibt es Klosteraufhebungen, die Sie besonders berühren?

Fink-Wagner: Die Aufhebung von Kapuzinerklöstern bei uns im Solothurnischen und in der Innerschweiz berührt mich besonders und tut mir leid, da die Kapuziner in vielen Pfarreien als Aushilfspriester, Beichtväter und Volksmissionare sehr wertvolle und menschennahe Arbeit geleistet haben.

zentralplus: In Sarnen kam es vor zwei Jahren zu einer Zusammenlegung mehrerer Klöster. Wie kam es dazu?

Fink-Wagner: Einzelne Frauenklöster merkten, dass sie auf sich allein gestellt die Zukunft längerfristig wohl kaum bestehen können. So kam es zu diesem meiner Meinung nach sehr guten und sinnvollen Zusammenschluss der Klöster Melchtal, Sarnen und Wikon zum «Benediktinischen Zentrum» in Sarnen.

zentralplus: Könnte das auch ein Zukunftsmodell sein für andere Klostergemeinschaften in der Zentralschweiz, die immer leerer werden?

Fink-Wagner: Zweifellos. Aber es gibt kein Generalrezept, wie man mit der Herausforderung von kleiner werdenden Ordensgemeinschaften und Klosteraufhebungen umgehen soll.

zentralplus: Stichwort klosternahes Wohnen: Das Kloster Wesemlin in Luzern gibt schon seit 2015 Leuten die Möglichkeit, in ihrem Kloster zu wohnen. Jetzt ist mit dem Projekt Francesco ein innovativer Holzneubau im Klostergarten entstanden. Was halten Sie davon?

Fink-Wagner: Ich finde solche innovativen Schritte sehr sinnvoll. So steht Wohnraum in einem Umfeld zur Verfügung, wo gute Voraussetzungen für Gemeinschaft und Spiritualität gegeben sind.

zentralplus: Neulich erschien im «Tages-Anzeiger» ein Bericht über das Kloster Mariazell Wurmsbach in Jona, das junge Leute zu Tage der Stille einlädt. Es hat Zulauf. Was fasziniert die «Generation iPhone» heute an Klöstern?

Fink-Wagner: Ob wir es wahrhaben wollen oder nicht: Trotz aller Säkularisierung sind wir irgendwie «unheilbar religiös» und sehnen uns nach mehr, als uns die heutige Gesellschaft geben kann. Wir suchen Lebenssinn, Bindung und Erfüllung, gerade auch die Jugendlichen. Klöster stehen für diese Sehnsucht, auch wenn lebenslange Bindung gesamtgesellschaftlich nicht hoch im Kurs steht.

zentralplus: Die Inländische Mission unterstützt Klöster immer wieder materiell. In welchem Kloster konnte sie kürzlich helfen?

Fink-Wagner: Die Inländische Mission unterstützte kürzlich das Kloster Maria Opferung in Zug bei seiner Aussenrenovation und finanzierte die Beleuchtung und Akustik in der Klosterkirche Bethanien (OW). Unsere gegenwärtige Sommersammlung kommt dem innovativen Multivisionsprojekt Niklaus & Dorothee Alive im Kloster Bethanien zugute.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Urban Fink-Wagner, Kirchenhistoriker und Geschäftsführer des katholischen Hilfswerks
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