Um Zehntausende Franken erleichtert

Romance Scam: Online-Liebhaber zocken Zugerinnen ab

Die Zuger Polizei warnt vor Internetbekanntschaften, die plötzlich Geld verlangen. (Bild: Symbolbild: Adobe Stock)

Die Dokumentation über den Tinder-Schwindler, der Frauen weltweit um 10 Millionen Dollar abgezockt hat, schlägt derzeit hohe Wellen. Auch im Kanton Zug fallen regelmässig Menschen auf eine Online-Liebesbekanntschaft herein.

Es ist die Netflix-Dokumentation, über die derzeit alle reden: Wie so viele Romanzen beginnt auch diese mit einem Swipe nach rechts, also mit einem Match auf Tinder. Auf der Datingplattform Tinder lernt die Norwegerin Cecile Simon Leviev kennen, Sohn eines Diamantenmilliardärs.

Beim ersten Treffen fährt Simon im Rolls-Royce bei Cecile vor und kutschiert sie ins 5-Sterne-Hotel. Anschliessend lädt Simon Cecile ein, ihn bei einem Businessmeeting zu begleiten. Gemeinsam fliegen sie mit seinem Privatjet nach Bulgarien. Mit teurem Champagner, Kaviar und Bodyguard – das ganze Programm.

Das böse Erwachen

Hunderte Textnachrichten später gesteht er ihr seine Liebe, aus den beiden wird ein Paar. Bis ihr Simon erzählt, dass er in Gefahr sei. Feinde würden ihn bedrohen. Er schickt ein Bild seines Bodyguards, dessen Kopf blutüberströmt ist. Da seine Sicherheit gefährdet sei, brauche er ihre Kreditkarten. «Er sagte mir, dass ich ihm dabei half, sicher zu bleiben», sagt Cecile. Und er versprach, dass er natürlich das Geld zurückzahlen werde.

Cecile nimmt einen Kredit nach dem anderen auf. Sie wähnt ihren Freund in Gefahr. Doch diesem gings blendend – er feierte wilde Partys in Mykonos mit anderen Frauen. Mit dem Geld von Cecile leistete er sich all den Luxus.

Am Schluss hat Cecilie für Simon rund 250'000 Dollar Schulden bei verschiedenen Banken angehäuft. Das Geld sah Cecile nie wieder. Noch heute stottert sie ihre Schulden ab. Simon – der eigentlich Shimon Hayut heisst – ist nach fünf Monaten Gefängnis wieder auf freiem Fuss. Zwar wurde er auf Tinder und Instagram gesperrt. Medienberichten zufolge soll der Trickbetrüger in Hollywood nun gar eine eigene Datingshow und ein Podcast, in dem er Datingtipps geben will, erhalten.

Romance Scam: Zugerin um mehrere Zehntausend Franken betrogen

Was auf Netflix passiert, scheint weit weg zu sein. Nur gibts auch in unserer Region Menschen, die auf Trickbetrügerinnen und Hochstapler hereinfallen.

Romance Scam, wie diese Art von Betrug genannt wird, ist keine Seltenheit. Dabei gehen Betrügerinnen mit gefälschten Profilen im Internet vor. Sie kontaktieren ihre Opfer, schreiben immer häufiger und intensiver, gaukeln Gefühle vor – und fordern dann Geld (zentralplus berichtete).

Judith Aklin, Pressesprecherin der Zuger Polizei, erklärt dies anhand eines realen Fallbeispiels. Eine Zugerin lernt über Facebook einen Mann kennen und chattet mit ihm. Der Mann gewinnt ihr Vertrauen. Er erzählt ihr, dass er in die Schweiz übersiedeln wolle. Da er einen grösseren Geldbetrag in bar in die Schweiz transferieren wolle, benötige er eine Domiziladresse.

«Viele Opfer schämen sich, dass sie Opfer dieser Betrugsmasche geworden sind und erstatten deshalb keine Anzeige.»

Judith Aklin, Zuger Polizei

Die Frau willigte schliesslich ein, dass er das Bargeldpaket an ihre Adresse schicken darf. Der Mann bat sie schliesslich, die Leistungen der Transportfirma und Zollgebühren vorauszuzahlen, weil er aktuell nicht auf seine Konten zugreifen könne. Die Frau überwies dem Unbekannten im Frühjahr 2021 die gewünschten Beträge – insgesamt mehrere Zehntausend Franken. Nachdem der Täter jedoch weiterhin Geld forderte, wurde sie misstrauisch – und erstattete schliesslich Anzeige bei der Polizei.

Im kleinen Kanton Zug stehen solche Romance Scammer zwar nicht gerade auf der Tagesordnung. Die Tendenz ist jedoch steigend: 2020 kam es insgesamt zu neun Fällen. Zum Vergleich: 2016 war es noch nur ein einziger Fall. Die Deliktsumme belief sich 2020 auf rund 300'000 Franken. 2017 waren es gar 750'000 Franken, die sich auf vier Fälle verteilten.

Allerdings geht die Zuger Polizei von einer hohen Dunkelziffer aus. «Viele Opfer schämen sich, dass sie Opfer dieser Betrugsmasche geworden sind und erstatten deshalb keine Anzeige», so Judith Aklin.

Bank und Polizei sollten schnell informiert werden

Zudem ist es nicht immer einfach, dass die Polizei nach einer Anzeige die Täterin eruieren kann. Nicht selten stecken hinter den Internetbekanntschaften Menschen aus dem Ausland, die sich als erfolgreiche Geschäftsleute, Ärzte oder Armeeangehörige tarnen. 2017 überwies ein Zuger Senior beispielsweise fast eine halbe Million Franken nach Ghana. Dort gaukelte ihm eine Liebesbetrügerin vor, dass jemand in ihrer Familie krank sei und sie deshalb dringend Geld benötige (zentralplus berichtete).

«In einem Betrugsfall beziehungsweise bei missbräuchlichen Zahlungen ist es wichtig, sehr rasch das Bankinstitut und die Polizei zu informieren», erklärt Aklin. So besteht die Möglichkeit, Transaktionen unter Umständen stoppen zu können. «Dies ist in der Vergangenheit schon mehrfach gelungen», so die Sprecherin der Zuger Polizei.

Verwendete Quellen
0 Kommentare
Apple Store IconGoogle Play Store Icon