Der Schweiz geht das Blut aus

Lage im Blutspendezentrum Baar ist kritisch

Die leeren Liegen im Hintergrund sind leider ziemlich sinnbildlich. Tina Weingand, Chefärztin der Blutspende SRK Zentralschweiz, ist froh um jeden Spender. (Bild: PLU)

Anscheinend enden momentan besonders viel Ausflüge im Spital. Einige Notfallstationen sind überlastet. Das führt zum nächsten Problem. Die Blutreserven des Schweizerischen Roten Kreuz (SRK) sind dramatisch tief – aus Baar kommt ein Hilferuf.

Hand aufs Herz – wann hast du das letzte Mal Blut gespendet? Die meisten werden diese Frage wohl mit «noch nie» beantworten. Jetzt wäre eigentlich der perfekte Zeitpunkt, um sich zu überwinden. Denn die Blut-Bestände sind auf einem kritischen Niveau angelangt. Schon im April haben die Blutspendezentren vor tiefen Beständen gewarnt (zentralplus berichtete). Seither hat sich die Lage nochmal verschärft.

Besonders dramatisch ist die Lage im Blutspendezentrum in Baar. Alle Blutgruppen sind dort auf einem kritischen Level. Tina Weingand, Chefärztin des Blutspendediensts Zentralschweiz, liefert uns einen Einblick in die Lager. Tatsächlich blieben in den letzten Wochen die Liegen im Blutspendezentrum Baar vielfach leer.

Besonders in Baar fehlt das Blut

«Wir wissen im Moment nicht, warum sich die Zuger Spenderinnen nicht motivieren lassen.» Weingand vermutet, dass das schöne Wetter seinen Teil zur «Spende-Faulheit» beigetragen habe. Normalerweise «streiken» die Zugerinnen nicht. «In Zug haben wir eigentlich sehr motivierte, treue Spenderinnen.» Damit leisten die Zugerinnen einen wichtigen Beitrag, um Leben zu retten.

«Früher gehörte es zum guten Ton, dass man Blut spendete.»

Tina Weingand, Chefärztin des Blutspendediensts Zentralschweiz

Aber nicht nur im Kanton Zug, sondern in der gesamten Zentralschweiz ist der Lagerbestand bei den meisten Blutgruppen im dunkelroten Bereich. Wichtig ist dabei zu erwähnen, dass momentan nur die Blutspendezentren betroffen sind. «Die Spitäler haben eigene Blutbanken. Im Moment haben diese noch genügend Reserven», sagt Weingand.

Pro Jahr werden in der gesamten Zentralschweiz rund 12'500 Blutspenden abgegeben. «Viele von ihnen kommen mehr als einmal im Jahr.» Zwischen 8'000 und 9'000 Personen spenden in der Zentralschweiz aktiv. Während der Pandemie gingen die Zahlen deutlich zurück (zentralplus berichtete).

«Kritisch!» oder «Bedrohlich tief!»: Der Stand der Zentralschweizer Blutreserven lässt aufhorchen. (Bild: SRK)

«Wenn keiner kommt, endet das in einem Drama»

Tina Weingand sagt klar: «Es gibt kein künstliches Blut. Wir brauchen Menschen, die Blut spenden.» Nur: Letztes Jahr spendeten schweizweit 10'000 Personen weniger als noch vor vier Jahren. «Wenn keiner kommt, endet das in einem Drama», so Weingand.

Ab dem Alter von 75 Jahren ist es vorbei mit dem Blut geben, danach darfst du nicht mehr spenden. Und es fehlt an jungen Spenderinnen, die nachkommen. Weingand erklärt: «Früher gehörte es zum guten Ton, dass man Blut spendet.» Wenn beispielsweise in den Gemeinden in der Turnhalle der Blutspendetag war, kam das Dorf zusammen.

Fortschritt in der Medizin spart Blut

«Da haben sich die Leute zweimal im Jahr getroffen und gingen eventuell danach zusammen noch ins Restaurant etwas essen.» Das ist bei der jüngeren Generation nicht mehr so. Diese zu motivieren, wird nun zu einer wichtigen Aufgabe.

Was die Lage ein wenig entschärft, ist die Tatsache, dass die Medizin durch den Fortschritt weniger Blut braucht. «Heute passiert vieles endoskopisch. Das heisst, viele Operationen werden durch eine kleine Öffnung durchgeführt. Somit braucht es automatisch weniger Blut als in der Zeit, als für die gleiche Operation der halbe Bauch aufgeschnitten werden musste», erklärt Weingand.

Stand der Blutreserven schweizweit tief

Nicht nur in Baar, sondern in der ganzen Schweiz sind Spender gefragt. Ein Blick auf das Blutbarometer bei der Blutspende SRK Schweiz zeigt bei den Blutgruppen 0+, 0- und auch bei den Blutgruppen A+ und A- tiefe oder gar bedrohlich tiefe Stände.

Auch der schweizweite Vorrat ist nicht in allen Bereichen genügend vorhanden. Bild: Screenshot SRK
Verwendete Quellen
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